Die hässliche Seite der Spassgesellschaft

Die Art Basel spielte lässig mit dem Feuer, rief die Feuerwehr, obwohl es gar nicht ­brannte – und entfachte so einen Brand.

Die Art Basel spielte lässig mit dem Feuer, rief die Feuerwehr, obwohl es gar nicht ­brannte – und entfachte so einen Brand.

Die Favela ist weg. Die 44. Art Basel ist Geschichte. Auf dem Messeplatz gähnt wieder die übliche Leere.

Jetzt, da sich der Rauch ver­zogen hat, ist die Sicht frei für eine nüchterne Betrachtung der denkwürdigen Ereignisse, die sich vor Wochenfrist vor den Toren der wichtigsten Kunstmesse der Welt abspielten und tagelang für hitzige Diskussionen sorgten.

Was ist eigentlich passiert?

Wir sind Zeugen einer skurrilen sozialen Plastik geworden, deren Beteiligte aus verschiedensten Milieus stammen: die Art, die sich vom japanischen Künstler Tadashi Kawamata eine ­Favela-Cüpli-Bar einrichten liess; jun­ge Leute, die tanzend dagegen prote­stierten; Polizisten, die die Feier auf­lösten; die TagesWoche, die das Ganze filmte und deren Video sich hunderttausendfach verbreitete; Polizeichef Baschi Dürr, der bei der Recht­fertigung des Reizgas- und Gummi­schroteinsatzes gegen (zuerst) friedlich Feiernde in Erklärungsnot geriet.

Im Messepalast flanierte die Kunstnoblesse am regimekritischen Werk von Ai Weiwei vorbei, vor der Tür wurden Demonstranten aufgerieben.

Die Wirren um Kawamatas Kunst-Favela warfen ein Licht auf die hässliche Seite der Spass­­gesellschaft: Im Messepalast flanierte die Kunstnoblesse am regimekritischen Werk von Ai Weiwei vorbei, vor der Tür wurden Demonstranten aufgerieben.

Ist es Abgehobenheit oder Hilflosigkeit? Tagelang hielten es die Messe­verantwortlichen nicht für nötig, die Ereignisse zu kommen­tieren. Tadashi Kawamata ist bekannt für provoka­tive Kunstaktionen im öffentlichen Raum. Statt ein Szenario für den Fall der Fälle zu ent­wickeln, spielte die Art-Leitung lässig mit dem ­Feuer, rief die Feuerwehr, obwohl es gar nicht ­brannte – und entfachte so erst den Brand.

Gerne hätte man am letzten Wochenende auch ein Zeichen anderer städtischer Entscheidungsträger vernommen. Etwa ein paar klärende Worte von Regierungspräsident Guy Morin, der sonst selten eine Chance verpasst, seine Sympathie für die ­Jugend- und Alter­nativ­kultur zu bekunden.

Was bleibt? Die Erinnerung an ein schräges Happening, das verschiedene Beteiligte unvorteilhaft aussehen liess.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 21.06.13

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