Die Bildungspolitik muss hin und wieder neue Wege beschreiten. Das ist unbestritten. Ob es mit dem Lehrplan 21 in die richtige Richtung geht, wissen wir allerdings noch nicht. Zweifel sind erlaubt – frei von ideologischen Scheuklappen.
Am Anfang stand die Frage: «Wie wird eigentlich heute Geschichte unterrichtet?» Die Recherche führte unseren Redaktor Jeremias Schulthess in die Basler Sandgruben-Schule. Dort werden die Fächer Geschichte und Geografie nach Vorgabe des Lehrplans 21 gemeinsam unter dem Namen «Räume, Zeiten, Gesellschaften» (RZG) unterrichtet.
Es ist unbestritten, dass Lehrpläne mit den Anforderungen der Zeit Schritt halten müssen. Ob der Lehrplan 21 in die richtige Richtung geht, ist allerdings umstritten.
Die lautesten Kritiker von Lehrplan 21 und HarmoS-Konkordat kommen aus der konservativen Ecke. «Früher war alles besser», so das Leitmotiv: ein strenger Lehrer, eine Wandtafel, jede Menge Stoff statt wie heute «Kompetenzen» – und notfalls eins mit dem Lineal auf den Schulkörper, wenn der nicht tut, wie der Lehrkörper will.
Weniger Demokratie, mehr Bürokratie
Georg Geiger gehört nicht zu dieser Gruppe. Und als Gymnasiallehrer betrifft ihn der Lehrplan 21 nur indirekt. Trotzdem steht er den Neuerungen kritisch gegenüber: «Wenn du den Lehrplan anschaust, kriegst du eine halbe Depression», sagt er im Interview. Das Resultat der Reformen sei eine Zunahme von Verordnungen von oben nach unten, weniger demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten und mehr Bürokratie-Aufwand.
Geiger sagt auch: «Innerhalb der Linken gibt es fast keine Diskussion über den Lehrplan 21 – dabei ist die Basis der linken Parteien in dieser Frage erstaunlich heterogen.» Eine Aussage, die uns aufrütteln sollte: Fragen zur Qualität des neuen Unterrichts müssen von allen Seiten gestellt werden – frei von politischem Ballast und ideologischen Scheuklappen.
Sonst könnte es geschehen, dass künftige Generationen den Kopf schütteln über Konstrukte wie «Räume, Zeiten, Gesellschaften» und die dort vermittelten «Kompetenzen».