Nicht alles, was gratis ist, ist eine freiwilige Gabe. Das unentgeltliche Herunterladen von Musik und Filmen aus dem Internet stellt, die Unterhaltungsindustrie vor grosse Probleme.
Geschenke erhalten die Freundschaft, sagt man, und was einem gratis abgegeben wird, ist ja irgendwie ein Geschenk. Es beginnt mit dem Wurstreedli, das der Metzger den Kleinen noch heute über die Ladentheke hinweg zusteckt, später im Leben kommen die Käsekostproben in der Lebensmittelabteilung dazu, dann die Weindegustationen und was der Köstlichkeiten mehr sind. Das Handy bekam man lange Zeit gratis, wenn man ein Abo löste, und heute ist es zumeist stark verbilligt. Und wenn man durch Werbebeilagen blättert, sich die Spots im Fernsehen anschaut, wird einem schwindlig vor lauter Geschenken, die uns mehr Freundschaften erhalten wollen, als uns lieb ist. Aber wir sind ja nicht blöd und wissen, dass das gar keine Geschenke sind, sondern Köder. Harmlose manchmal, aber so wie der Dealer dem Jugendlichen den ersten Schuss gratis gibt, um ihn abhängig zu machen, so bezwecken all die vielen Schenkenden mit ihren Gratisangeboten, dass man Gefallen findet am Gebotenen und künftig kräftig konsumiert und zahlt.
Eine ganz andere und ziemlich neue «Dimension gratis» hat sich im medialen Bereich entwickelt: Musik, Videos, ganze Filme, Computerprogramme lädt man sich heute einfach so aus dem Netz herunter. Technisch ist das kein Problem, aber Probleme ergeben sich dennoch. Wer bezahlt künftig die Musik- und Filmproduktionen, wer bezahlt die Kulturschaffenden, wovon sollen sie leben?
Natürlich gibt es immer wieder Bemühungen, sogenannte Paywalls einzurichten, die zum Zahlen zwingen, oder die «Diebe» mit irgendwelchen Gesetzen zu bestrafen. Eine vergebliche Müh! Technisch sind solche Paywalls leicht zu umgehen. Gesetzliche Massnahmen hinken erstens immer heillos hinterher und sind zweitens auf Staaten beschränkt, was im grenzenlosen Internetbereich ziemlich sinnlos ist. So wächst eine Generation heran, für die der Gratiskonsum von Musik, Filmen, aber auch von Informationen selbstverständlich wird. Kann das auf die Länge gut gehen? Unsere Titelgeschichte sucht nach Antworten.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 24.08.12