Es gilt, wieder mehr Demokratie zu wagen

Remo Gysin, SP-Urgestein und einst selber Regierungsrat, wünscht sich von der Basler Exekutive mehr Courage beim Regieren.

Der ehemalige SP-Regierungs- und Nationalrat Remo Gysin wünscht sich von der Basler Exekutive mehr Courage beim Regieren.

Über staatliche Fehltritte ärgert sich Remo ­Gy­sin noch immer gerne wortreich, obwohl er sich längst aus dem ­Polit­betrieb verabschiedet hat und seine Pensionierung geniessen könnte. Etwa über den Polizei­ein­satz auf dem Basler Messeplatz während der Art, der «völlig unver­hält­nis­mäs­sig» gewesen sei.

Mit der Aktion gegen Kunst­studenten seien nicht nur Bürgerrechte wie die Meinungs- und Ver­sammlungs­freiheit verletzt worden, sagt der ehemalige ­Basler ­SP-Sanitätsdirektor und -Nationalrat. Die ­Tatsache, dass sich unbescholtene  Leute vor Polizisten nackt aus­zie­hen mussten, sei eine «­De­­mütigung für die Betroffenen».

Für Gysin, der sich heute als Co-Prä­sident der Grauen Panther Nordwestschweiz für ein würdevolles Leben im Alter einsetzt, ist das eine bedenkliche Entwicklung in einem Rechtsstaat: «Eine Entschuldigung von Baschi Dürr würde viel entschärfen.»

«Es gibt in ­einer ­Demokratie wichtigere ­Güter als die Konkordanz. Zum Beispiel die Grundrechte.»

Der heute 69-Jährige sagt es im Interview nicht ­direkt, aber man hört aus seinen Worten auch Enttäuschung über das Schweigen der übrigen Mitglieder der rot-grün dominierten Basler ­Regierung heraus, wenn er sagt, dass es manchmal wichtig sei, mit dem Kollegialitätsprinzip zu brechen und für die eigenen ­Ideale einzu­stehen: «Es gibt in ­einer ­Demokratie wichtigere ­Güter als die Konkordanz. Zum Beispiel die Grundrechte.»

Gysin selber verstiess als ­Regierungsrat des Öfteren gegen das Kollegia­li­tätsprinzip. Etwa 1986, als er gegen den Bau der Nordtangente ­votierte, oder 1988, als er gegen die Räumung der «Alten Stadtgärtnerei» protestierte. Damit machte er sich beim Polit-Establishment zur ­perso­na non grata.

Sympathisanten der dama­ligen Jugendbewegung, die heute zum Teil selber dem ­Establishment angehören, sind Gysin dagegen noch immer dankbar für seinen Mut, im Regierungsrat mehr Demokratie gewagt zu haben.

Nächster Artikel