Verschiedene Grossprojekte haben schlimme Furchen ins Stadtbild gegraben. Jetzt setzt Basel mit «Rheinhattan» zu einem neuen grossen Wurf an – kann das gutgehen?
Es sollte augenzwinkernd-jovial herüberkommen, aber der vorwurfsvolle Unterton war nicht zu überhören. «Rheinhattan», meinte ein leitender Mitarbeiter des Baudepartements kürzlich am Rand einer Debatte zur Stadtentwicklung, «ihr von der TagesWoche habt diesen unmöglichen Begriff in die Welt gesetzt.»
Der Chefbeamte lag falsch. Die NZZ wars vor gut einem Jahr. Seither zählt «Rheinhattan» zum Standardvokabular, wenn es um das geplante trinationale Quartier am Basler Hafen («3Land-Projekt») geht, dessen Mittelpunkt die mit Hochhäusern überbaute Klybeckinsel sein soll. Die Skepsis gegenüber dem Vorhaben ist gross, vor allem in Kleinhüningen und im Klybeckquartier. Von Gigantismus und Grössenwahn ist die Rede. Anwohner befürchten, dass ein neues Schickimicki-Viertel entsteht und Wohnungen bald unbezahlbar werden.
Bislang ist es den Behörden nicht gelungen, diese Ängste zu entkräften, und Aufwertungsprojekte wie Volta West im St. Johann oder die Überbauung Erlenmatt geben dem Unbehagen Nahrung: Es wird wohl Jahre dauern, bis in diesen toten Vierteln neues Leben erwacht.
Doch was sind die Alternativen? Die Bevölkerung wächst, Wohnraum wird knapp, und auf Industrie- und Hafenarealen eröffnen sich neue Nutzungsmöglichkeiten. Wie können diese Gebiete aufgewertet werden, ohne dass kalte Glas- und Betonburgen entstehen?
In unserer Titelgeschichte sind wir solchen Fragen nachgegangen und haben auch einen Blick in die Vergangenheit geworfen. Unser Fazit: Je grösser die Projekte waren, desto grösser war auch die Wahrscheinlichkeit von Fehlentwicklungen und desto kleiner ist die Chance, Bausünden zu korrigieren.
Das gilt auch für das Hafenprojekt. Es handle sich erst um eine «Testplanung», sagen die Behörden, in den Jahrzehnten bis zur Umsetzung werde sich noch vieles verändern. Mag sein. Doch die Weichen sind gestellt – und am kommenden Dienstag wird schon der nächste Meilenstein gesetzt: Dann werden Vertreter von Basel, Weil am Rhein und Huningue den Masterplan zum «3Land-Projekt» unterschreiben. Höchste Zeit, eine Denkpause einzulegen, den Expertenkreis zu öffnen und auch die Einwohner ins Boot zu holen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 21.09.12