Ideologien sind dem Auto ziemlich egal

Basel will den privaten Verkehr reduzieren. Das verlangt die Bevölkerung an der Urne. Doch gleichzeitig steigt die Zahl der Autos und der Verkehr wächst stetig.

Basel will den privaten Verkehr reduzieren. Das verlangt die Bevölkerung an der Urne. Doch gleichzeitig steigt die Zahl der Autos und der Verkehr wächst stetig.

Wir haben ein gestörtes Verhältnis zum Auto. Seit etwa dreissig Jahren. Damals, als die Benzin- und Dieselmotoren im Vergleich zu heute ein Mehrfaches an Schadstoffen ausstiessen, realisierte man plötzlich, wie stark der motorisierte Individualverkehr die Umwelt und die Gesundheit des Menschen beeinträchtigt. Wissenschaftler stellten fest, wie der durch Autoabgase verursachte saure Regen Wälder schädigte, wie Schadstoffe die Atemorgane belasteten. Die einen hätten am liebsten alle Autos verboten, die anderen wünschten alle Autokritiker in die Hölle. Die Grünen wurden zu einer politisch relevanten Instanz, ihre härtesten Gegner gründeten die Auto-Partei, deren zeitweiliger Präsident Michael Dreher die ökologisch Bewegten mit dem Flammenwerfer beseitigen wollte.

Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Polen sind gesitteter geworden. Man weiss unterdessen, dass auch Industrie, Haushalte und Heizungen die Umwelt schädigen – nicht nur Motorfahrzeuge. Technologische Entwicklungen haben das Auto «sauberer» werden lassen. Doch es bleibt ein Reizthema. Autofahren oder Nicht-Autofahren ist eine Lebenshaltung. Auto-Verzicht oder Auto-Besitz ist nicht nur eine Frage, ob man sich eine Karosse leisten kann – es ist sehr oft ein ideologisches Bekenntnis.

Ideologien sind ein unzuverlässiger Kompass. Jedenfalls für das Auto. Es setzt sich über Ideologien hinweg. Ob man nun den öffentlichen Verkehr fördert wie in den 90er-Jahren oder – in den Städten jedenfalls – den Privatverkehr zurückbinden will wie in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts: Es fahren immer mehr Autos auf unseren Strassen herum. Sie verändern die Städte, verändern die Landschaft. Offenbar lässt sich das Auto nicht aus den Köpfen der Menschen wegplanen, wie unsere Titelgeschichte zeigt. Da investiert eine Stadt wie Basel Millionen, um den Verkehr zu verringern. Doch er wächst und wächst.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 01.03.13

Nächster Artikel