Nie wurde der Basler Regio-Gedanke im Alltag so intensiv gelebt wie vor 1914. Seit dem 1. Weltkrieg ist damit Schluss.
Nach dem 3. August 1914 war in Basel nichts mehr wie zuvor. Während bald der erste Kriegslärm über die Grenze drang, trafen in der Stadt Menschen aus ganz Europa aufeinander. Auf einen Schlag wuchs die Bevölkerung um Tausende temporäre Bewohner. Basel wurde zum Durchgangsort von Touristen, die Hals über Kopf aus den Bergen in ihre Heimat zurückreisten, und zur Drehscheibe für Flüchtlinge, die aus den Kriegsländern vertrieben wurden.
Die «Regio Basiliensis», wie sie heute gerne beschworen wird – sie war damals gelebte Realität.
Für die Bevölkerung der 100’000-Seelen-Stadt veränderte sich das Leben radikal, wie die Recherchen von Michael Rockenbach, Simon Jäggi und Martin Stohler zeigen. Die Grenzen, die zuvor ohne Reisepass und ohne Kontrollen überschritten werden konnten, wurden geschlossen. Basel, die mondäne, kosmopolitische Stadt, deren Ausländeranteil vor dem 1. Weltkrieg knapp 40 Prozent betrug und wo das Flair der Belle Epoque aus allen Ritzen wehte, war plötzlich vom Elsass und vom Badischen abgeschnitten. Das Militär riegelte die Stadt ab, rasch machten sich Versorgungsengpässe bemerkbar.
Bis 1914 war es eine Selbstverständlichkeit, dass Basler Unternehmer jenseits der Grenze Fabriken oder einen Zweitwohnsitz hatten, dass das Tram nach St-Louis und Hüningen fuhr und Händler aus dem Sundgau nach Basel brachte. Die «Regio Basiliensis», wie sie heute gerne beschworen wird – sie war damals gelebte Realität. Bis der Krieg dem grenzüberschreitenden Treiben ein unwiderrufliches Ende bereitete.
Bei ihren Nachforschungen stützten sich unsere Autoren auf Material, das ihnen die Basler Universitätsbibliothek zur Verfügung stellte und das auch Teil einer Ausstellung ist: die Klebealben des Basler Hauptmanns Victor Haller. Es sind Zeitdokumente erster Güte, die den Alltag im damaligen Basel eindrücklich illustrieren – und auch für einige Überraschungen sorgen.