Nein, Sie sind nicht schuld daran, dass die Krankenkassenprämien immer weiter steigen, nur weil Sie wegen ein bisschen Kopfweh zum Arzt rennen. Diese Schuldzuweisung haben Sie vielleicht auch schon gehört. Sie kommt meist von Politikern, die von den eigentlichen Problemen ablenken wollen oder einfach nicht wissen, wie sie die Gesundheitskosten in den Griff bekommen.
Ja, es gehen immer mehr Patienten direkt ins Spital oder zum Spezialisten. Und ja, das treibt die Kosten in die Höhe. Aber das eigentliche Problem liegt nicht bei den Patienten, sondern bei den Versorgern. Das Spital ist längst zum Profitcenter geworden, der Patient ist ein Faktor der Gewinnmaximierung.
Der Renditedruck ist so gross, dass Ärzte an Seminare geschickt werden, wo sie lernen, wie man die Fallzahlen und damit den Umsatz steigert.
Seit die regionalen Spitäler verselbstständigt sind und die Fallpauschalen eingeführt wurden, spielt der Wettbewerb verrückt. Mehr lukrative Eingriffe sind das Ziel jedes Spitaldirektors. Wozu das führt, zeigt unsere Recherche: höhere Fallzahlen, unzufriedene Ärzte und eine Ökonomisierung der Medizin, bei der vergessen geht, was eigentlich zählt. Menschen heilen – und nur das.
Ein Blick nach Deutschland, wo Fallpauschalen zehn Jahre länger existieren als in der Schweiz, zeigt, was auf uns zukommt. Dort stieg die Zahl der Spitaleintritte drastisch an. Vor allem die Zahl der gut planbaren Operationen stieg deutlich an. Im Pflegebereich hingegen, wo wenig Geld verdient wird, zeigen sich immer mehr prekäre Zustände. Das heisst: lausige Löhne und kaum ausgebildetes Personal.
Die Diskussion um Chefarztlöhne, die kürzlich entbrannte, lenkt ebenfalls ab vom eigentlichen Problem. Problematisch ist nicht, wenn ein Chefarzt einen hohen Lohn erhält – diesen hat er sich in der Regel verdient. Schwierig wird es erst dann, wenn Ärzte Leistungs-Boni erhalten und deshalb Eingriffe vornehmen, die vielleicht gar nicht nötig wären.
So kann es nämlich sein, dass der Arzt Sie bei ein bisschen Kopfweh ganz schnell in die Röhre schickt. Denn er weiss: Das Spital braucht Geld, seine Abteilung höhere Fallzahlen und das neue Gerät muss auch genutzt werden – sonst lohnt es sich nicht.