Moral im Raubtierkapitalismus

Der Pulverdampf des Finanzcrashs ist verflogen – jetzt startet die ethische Debatte.

Der Pulverdampf des Finanzcrashs ist verflogen – jetzt startet die ethische Debatte.

«Bank, Banker, Bankrott», «Raubtier­kapitalismus», «Wie das Kapital die Wirtschaft ruiniert». Was an Slogans auf Transparenten einer «Occupy»-Demo erinnert, sind Titel von Wirtschaftsbüchern – allesamt nach dem Finanzscrash von 2007/2008 publiziert und in der Bestseller-­Rubrik des Wirtschafts­magazins «Bilanz» gelistet. Glaubt man den Autoren, dann steht der Untergang des Abendlands unmittelbar bevor. Es könnte einem Angst und Bange werden.

Doch auch diese Suppe wird nicht nicht so heiss gelöffelt, wie sie gekocht wird. Wie die wirtschaftlichen Prozesse sind auch die Erklärer derselbigen konjunkturellen Zyklen unterworfen.

Erinnern Sie sich zum Beispiel noch an die «New Economy», die in den 1990er-Jahren einer ganzen Managergeneration den Schlaf raubte?

Die digitale Revolution würde die Grundregeln des Kapitalismus aushebeln, freuten sich die «neuen Ökonomen»: Nicht mehr Umsatz und Gewinn würden den Wert einer Firma bestimmen, sondern die Hoffnung der Anleger auf künftigen Gewinn. Wirtschafts­publizisten prophezeiten einen nie endenden Börsenboom. Und selbst kritische Zeitschriften wie der «Beobachter» rieten ihrer mittelständischen Klientel, ihr Geld doch bequem am Finanzmarkt zu vermehren – bis die Blase platzte und der Dotcom-Crash als grösste Wertvernichtung in die Wirtschafts­geschichte einging.

Auf die vernichtenden Abrechnungen mit den Schuldigen der Krise folgen endlich Bücher, die sich mit neu­en Wirtschaftsmodellen auseinandersetzen.

Und heute? Sechs Jahre nach dem jüngsten Finanzabsturz scheint der Kater allmählich ausgeschlafen zu sein. Auf die vernichtenden Abrechnungen mit den Schuldigen folgen vermehrt Bücher, die sich mit neu­en Wirtschaftsmodellen auseinandersetzen, die die Risiken solcher Krisen verringern sollen.
Zu den Vordenkern dieser Bewegung zählt etwa der tschechische Ökonom Tomáš Sed­láček. Er ist kein Gegner der Marktwirtschaft, aber er fordert mehr Moral und Augenmass von den Managern. Ein vernünftiges Konzept.

Doch wie steht es eigentlich hierzulande? Was lernen angehende Chefinnen und Chefs, und wie denken sie über die Wirtschaft von morgen?

Wir haben eine kleine Feldforschung an der Uni Basel gemacht. Unser Fazit: Die Verwirrung ist gross, aber es besteht Grund zur Hoffnung.

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