Schlafstadt? Nein, danke

Wer will, kann hier noch immer vor­züglich schlafen. Die Schlafstadt Basel möchte ich aber nicht geschenkt zurück.

Bald gibt es ein neues Gesetz über die Nutzung des öffentlichen Raums: Es darf bloss nicht von übereifrigen Verwaltern zur Ent­schär­fung der Kultur angewandt werden.

Junge Leute trauen ihren Ohren nicht, wenn sie Geschichten über das Basler Stadt­leben der 1980er-Jahre hören. Wer damals abends unterwegs war, erinnert sich vor allem an eines: an eine tote Innenstadt. Kaum hatten die Kinos in der Steinenvorstadt geschlossen, wurden die Trottoirs hochgeklappt. Ausgelassene Sommerabende in Freiluftbars? Das gab es bloss in den Ferien im fernen Süden.

Streife ich heute durch die Stadt, beschleicht mich manchmal das Gefühl, dass es des Guten vielleicht etwas zu viel ge­worden ist. Das Rheinbord: eine einzige Buvetten- und Grillmeile. Take-aways, Döner-Buden, Bars mit geschmack­losem Billigstinventar, wohin man blickt. Und die Steinenvorstadt – bis tief in die Nacht ein Brennpunkt des bierseligen Ausnahme­zustands.

Zu störenden Ausschweifungen kommt es selten und höchstens an Wochenenden.

Das nervt hie und da. Auch mich (ich wohne selber an einem Party-Hotspot). Doch seien wir ehrlich: Zu störenden Ausschweifungen kommt es selten und höchstens an Wochenenden. Auch die vielbeklagten Lärm- und Littering-Probleme sind längst nicht so schlimm, wie sie im medialen Sommerloch hochgeschrieben werden. Wer will, kann hier noch immer vor­züglich schlafen. Die Schlafstadt Basel möchte ich aber nicht geschenkt zurück.

Diese Meinung scheint eine Mehrzahl der Bewohnerinnen und Bewohner zu teilen. Obwohl die Allmend immer stärker genutzt wird, nimmt die Zahl der Lärmklagen nicht zu. Schwierigkeiten bereitet jedoch das veraltete ­Allmendgesetz aus dem Jahr 1927, das der intensiven Be­spielung des öffentlichen Raumes nicht mehr gerecht wird und ­manchen Kulturveranstaltern das Leben schwer macht.

Mit dem neuen Gesetz über die Nutzung des öffentlichen Raumes steht bald ein zeitgemässes Instrument zur Entschärfung der Konflikte zwischen Veranstaltern und Anwohnern bereit. Es darf bloss nicht von übereifrigen Verwaltern zur Ent­schär­fung der Kultur angewandt werden.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 09.08.13

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