Die Schweizer Wirtschaft wächst nur wenig und der Wirtschaftsstandort schwächelt. Die Politik wartet meist zu lange und arbeitet nicht vorausschauend. Wichtige Geschäfte wie die Unternehmenssteuerreform III werden für Einzelinteressen benutzt.
Zuerst die gute Meldung: Der Schweizer Wirtschaft geht es nicht schlecht. Sie ist im letzten Jahr um 0,9 Prozent gewachsen. Dies obwohl sie den «Frankenschock» verdauen musste. Das deutet darauf hin, dass die Schweizer Wirtschaft solide aufgestellt ist.
Und jetzt die weniger gute Nachricht: Der Wirtschaftsstandort steht unter Druck. Das Verhältnis zur EU ist ungeklärt, der starke Franken wird nicht über Nacht schwächer, und das Vertrauen ins Schweizer Staatswesen wird durch extreme Forderungen wie die Durchsetzungsinitiative untergraben.
Unsexy, aber wichtig
Die Sorge um den Standort teilen viele Politiker. In der laufenden Parlaments-Session soll deshalb eine Sonderdebatte dazu stattfinden. Doch die braucht es nun nicht wirklich. Statt reaktiv in Aktionitis zu verfallen, sollten die Volksvertreter lieber vorausschauend und ganzheitlich die Problemstellen des (Wirtschafts-)Standorts Schweiz angehen.
Wohin es führt, wenn wir zu lange warten, zeigt die Unternehmenssteuerreform III. Sie ist staubtrocken, aber enorm wichtig für die Schweiz. Es geht im Grundsatz um Folgendes: Die Organisation für die Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) übt seit Längerem Druck aus, die Steuerprivilegien für Grosskonzerne wie Roche oder Novartis abzuschaffen.
Wichtig für eine attraktive Schweiz
Die Schweiz hat dies wie schon beim Bankgeheimnis so lange ignoriert, bis der Druck zu gross geworden ist. Um den Standort attraktiv zu halten, hat man nun ein neues Privilegiensystem entwickelt, um wichtigen Firmen eine Alternative zu bieten.
Der Nationalrat diskutiert diese aufgezwungene Reform am 16. März. Doch bereits im Vorfeld lobbyiert fast jeder Politiker für seine Auftraggeber und will da und dort noch eine Sondervergünstigung herausholen. Es geht aber nicht um Einzelinteressen oder um Parteipolitik, sondern um die Attraktivität der Schweiz als Wirtschaftsstandort. Hier ist die Sicht aufs Ganze gefragt.