Das Rotlicht-Milieu und der Strassenstrich rund ums Klingental liegen im Sterben. Grund ist die soziale Aufwertung. Die Toleranzzone bringt das auf den Punkt.
Buvetten, Szenebeizen, Strassencafés – unter dem positiven Titel «Aufwertung» verlieren ganze Strassenzüge in Basel ihren gewachsenen Charakter und gleichen sich an. Jüngstes Beispiel der Gentrifizierung genannten sozialen Entwicklung ist das Rotlichtviertel im Kleinbasel.
Die Ecke vom Restaurant Klingental bis zur Greifengasse war einst berüchtigt. Die Basler Männer haben sie offiziell aus Scham gemieden und dann heimlich mit einem Kribbeln im Bauch aufgesucht.
Verdrängt
Heute essen wir im «Roten Bären» in der Webergasse Wolfsbarschfilet mit Beluga-Linsen oder gefüllte Peperoncini mit Wassermelonen-Ketchup für 50 Franken. Dabei sitzen wir in der sogenannten Toleranzzone mit freiem Blick auf die Frauen in kürzesten Röckchen. Verrucht ist anders.
Der Strassenstrich und das Rotlicht-Milieu liegen hier im Sterben. Wo vor Kurzem noch rote Lämpchen in den Fenstern die Aufmerksamkeit von Freiern auf sich zogen, sind die Fassaden nun dunkel. Im Eingang lockt dafür eine Bar mit gepflegten Drinks in massentauglicher Qualität und die Prostituierten sind zur Freude des Hotels Ballade verschwunden.
Eingepfercht
Die Prostituierten drängen sich nun entlang der Fassaden der Weber- und Ochsengasse und bedrängen dadurch die dort bereits früher anlehnenden «Kolleginnen». Die dortigen Toleranzzonen erinnern mich an Artenschutz-Reviere, in denen sich zu viele Vertreterinnen der gleichen Art tummeln. Der Überlebenskampf läuft bereits. Die Prostituierten behelligen Alteingesessene, Zuzüger und Konkurrentinnen.
Derweil geht die soziale Aufwertung von Etablissements in Wohnungen oder Szenenbars weiter. Es ist folglich nur eine Frage der Zeit, dass die verordnete Toleranz gegenüber den Schwächeren nicht mehr eingehalten wird und diese sich einen neuen Lebensraum suchen müssen.