Manchmal verunstalten Worte Orte. In Basel geht das so: «Das Kasernenareal soll sich zum urbanen Experimentierfeld mit Treibhauscharakter entwickeln.» Zum «Cluster». Zur «Brutstätte». Zur «Kommunikationsplattform» der «creative industries».
Diese Leerformeln im Soziologenslang entstammen keiner Seminararbeit über Kulturmanagement. Sie sind das Resultat vieler Mann- und Frau-Stunden Arbeit im Präsidialdepartement und teurer externer Studien. Und sie sind das Ergebnis grosser Rat- und Mutlosigkeit.
Seit Jahren wird über die Nutzung des Kasernenareals gestritten. Es wurden auch spektakuläre Visionen entworfen – etwa die Errichtung eines Musikzentrums oder gar eines Stadthafens.
Von grossen Würfen ist längst nicht mehr die Rede. Wenn sich der Grosse Rat in den nächsten Tagen über das Geschäft beugt, geht es vor allem um die kleinliche Frage: Könnte der Kopfbau der Kaserne, der Rheinpromenade und Platz abtrennt, «grosszügig geöffnet» werden, wie es die Verfechter der Initiative «Öffnung zum Rhein» fordern? Oder solls bloss ein seitlicher Durchgang sein, wie das die Regierung will?
Zig Seiten Papier wurden zu dieser Frage produziert. Um die wichtigste jedoch haben sich alle herumgemogelt: Wofür konkret soll das 12 000 Quadratmeter grosse Areal künftig genutzt werden? Müssen hier wirklich weiterhin Veranstaltungen wie das Tattoo, das «Viva con Agua»-Festival oder die Herbstmesse stattfinden? Welchen Interessen soll der neue «Stadtplatz» dienen? Wird weiterhin toleriert, dass die Künstler in der Klingentalkirche die subventionierten Ateliers als ihr Eigentum betrachten? Was passiert mit der Moschee? Braucht es einen Seniorentreff? Einen Spiel-Estrich?
Kurz: Welche Form von Kultur soll an dieser «Brutstätte» konkret stattfinden?
Basels Stadtentwickler drücken sich in ihrem abgehobenen Nutzungskonzept um klare Antworten. Diese soll nun ein Architekturwettbewerb nachliefern – ganz nach dem Motto: Zuerst umbauen, dann weiterschauen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.03.13