Der Stuntman Nash Edgerton hat bereits in Hollywood-Blockbustern wie «Matrix» oder «Star Wars » mitgewirkt. Dieser Tage ist er Gast und Jurymitglied beim «Gässli Film Festival» in Basel. Die Tageswoche traf den gebürtigen Australier zu einem Gespräch über die Gefährlichkeit des Stuntman-Berufs und seiner Liebe zum Filmemachen.
Nash Edgerton, was war deine schlimmste Verletzung bei einem Stunt?
Einmal wurde mein Gesicht und der linke Arm von einer Explosion verbrannt. Das tat höllisch weh. Ein andermal stand ein Freund von mir in Flammen. Ich hechtete auf ihn drauf, um sie zu löschen, aber das Feuer sprang auf mich über. Doch ich hatte niemals Verletzungen, die mich davon abgehalten hätten, diesen Beruf weiterhin auszuüben.
Hast du eine Lebensversicherung?
Ja. Und die Prämie ist höher als bei normalen Berufen, vergleichbar mit der eines Piloten.
Bei einem Stunt werden doch immer alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
Natürlich. Der Beruf des Stuntman ist zwar sehr gefährlich, trotzdem schätzt du stets alle Risiken ab. Und als guter Stuntman musst du die Stunts repetierbar gestalten. Jeder kann einen Stunt machen, aber ihn immer wieder zu wiederholen ist schwer.
Hast du eine Ausbildung als Stuntman gemacht?
Ich besuchte nie eine Film- oder Stuntschule. Das habe ich mir alles
selbst beigebracht oder von erfahrenen Personen gelernt.
Ab welchem Punkt wird eine Aktion zu einem Stunt?
Das hängt oft vom Schauspieler oder der Art des Stunts ab. Manche wollen die Stunts selber machen. Als Stuntman testet du die Stunts vorab, und berätst dich dann mit dem Schauspieler, ob das Risiko für ihn akzeptabel ist. Doch bei Stunts, in denen das Gesicht des Schauspielers nicht erkennbar ist, lassen sie meistens die Stuntmänner ran, haha.
Klingt so, als wären Stuntmänner die Dummies des Filmbusiness.
Nein, überhaupt nicht. Als Stuntman musst du auch die Bewegungen des zu doublenden Schauspielers imitieren. Schauspielern ist also auch ein Bestandteil des Stuntman-Berufes.
Wird man als Stuntman in Hollywood respektiert?
Von Leuten, die beim Film arbeiten, wird der Beruf sehr respektiert. Natürlich gibt es auch welche, die diese Arbeit nicht achten. Aber das sind solche, die keine Ahnung davon haben, welche Fähigkeiten dafür erforderlich sind.
Du bist Stuntman, Regisseur, Produzent, Drehbuchautor, Darsteller, Filmeditierer und Kameraassistent. Welche dieser Tätigkeiten magst du am liebsten?
Das ändert sich immer wieder, aber ich denke, am häufigsten mag ich das Regie führen. Denn dabei kann ich von allen Tätigkeiten ein bisschen machen.
Baust Du bei deinen Filmen die Geschichte um die Stunts herum?
Nein. Die wichtigste Sache bei Filmen ist die Geschichte. Ich denke, die Action in einem Film funktioniert nur als Teil der Story und nicht in sich allein. Aber es gibt natürlich viele Filme, bei denen die Action im Vordergrund steht, zum Leidwesen der Geschichte.
Viele deiner Kurzfilme beinhalten Autos und Gewalt. Hast du eine Obsession für diese Themen?
Ich muss, haha. Tatsächlich bin ich gar kein Autonarr. Ich fahre einen ganz normalen Wagen, nämlich einen Toyota Prius, und halte mich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Gewaltdarstellungen finde ich sehr interessant, da sie witzig und zugleich tragisch sein können.
In Australien ist das Lenkrad ja auf der anderen Seite. Verwirrt dich das, wenn du in einem amerikanische Auto einen Stunt machst?
Ja, manchmal schon. Vor allem beim Rückwärtsfahren. Ich schaue dann immer zur falschen Seite nach hinten und knalle mit dem Kopf gegen die Fensterscheibe.
Was ist deine Motivation hier beim Basler «Gässli Film Festival» mitzumachen?
Ich denke, es ist gut Wissen zu teilen. Ich bin inzwischen schon lange im Filmgeschäft, lerne aber ständig Neues dazu. Auch von jungen Filmschaffenden. Als ich mit meinen Freunden anfing Filme zu drehen, mussten wir alles alleine machen. Niemand half uns. Das war anfangs ziemlich frustrierend. Doch heute will ich es nicht missen, denn dadurch lernte ich viele Dinge selbst zu tun.
Und ich liebe einfach Filme. Als Teenager sah ich mir immer Filme an und stellte mir vor, wie gewisse Effekte wohl gemacht wurden. Aber genau weisst du es nie. Du musst es schon ausprobieren, um dahinter zu kommen. Und dieses Nichtwissen ist die Schönheit des Films. Es ist wie Magie.
Hier geht’s zum Livestream vom Gässli Film Festival:
Das Basler Gässli Film Festival findet vom 23. bis 26. August 2012 im Gerbergässlein statt. Unter 27 jungen Filmschaffenden werden die besten gekürt. Nebenbei werden Kurzfilme von Nash Edgerton gezeigt, und ein Stunt-Workshop mit ihm als Leiter durchgeführt.