Vor dem Start in die neue Saison verspricht Trainer Dany Gelinas einen komplett anderen EHC Basel. Mehr Spektakel, mehr Offensive, mehr Leidenschaft sollen die Sharks in die Halbfinals der NLB-Playoffs bringen. Die Qualifikation der National League B beginnt für die Basler am Freitag mit einem Heimspiel gegen Lausanne (20 Uhr, St.-Jakob-Arena).
Es sind nicht viele Steine aufeinander geblieben bei den EHC Basel Sharks seit dem Ende der letzten Saison. Gleich 14 Spieler haben den Club verlassen, zuletzt am Donnerstag der nicht mehr genehme Stefan Schnyder per Vertragsauflösung. Gekommen sind im Gegenzug 16 Neue, die für mehr Basler Spektakel in der National League B sorgen sollen.
Die NLB-Saison 2012/13
Elf Teams steigen in die neue Spielzeit der National League B. Nach 50 Spielen pro Club sind die ersten acht für die Playoffs qualifiziert. Die Playoff-Paarungen werden auf Basis der Qualifikationsrangliste erstellt. Playouts werden keine gespielt.
Hier geht es zum Spielplan der EHC Basel Sharks.
Die letzte Spielzeit endete mit einem 0:4 im Playoff-Viertelfinal gegen Langenthal. Besonders problematisch war der schlechte Saisonstart, der die Zuschauer vor dem Besuch der St.-Jakob-Arena abschreckte. Ein Schnitt von 1261 Fans pro Spiel in der Qualifikation hinterliess ein finanzielles Loch.
Doch vor dem Saisonstart gegen den HC Lausanne vom Freitag verspricht Dany Gelinas mehr Spektakel. Es ist nach dem erzwungenen Abgang von Beat Kaufmann die erste Saison, die der Kanadier nicht bloss als Trainer in Angriff nimmt, sondern auch als General Manager. Er trainiert nun also ein Team, das er weitgehend selbst zusammengestellt hat.
Während des Interviews am Tag vor dem ersten von 50 Qualifikationspartien zeigt sich, wieviel der General Manager und Trainer ohne Assistent um die Ohren hat.
Dany Gelinas, in die letzte Saison ist der EHC Basel mit vier Niederlagen in Serie gestartet, nach acht Spielen hatte Ihr Team nur einen Sieg auf dem Konto. Denken Sie manchmal: In dieser Saison muss es einfach besser werden?
Der Start ist wichtig. Aber ich denke nicht darüber nach, was letzte Saison war. Es ist eine total andere Situation, es ist ein völlig anderes Team. Wir haben eine neue Philosophie. In der Vorbereitung hatten wir ein paar Spiele, in denen wir fünf oder sechs Tore geschossen haben. Ich glaube, in der letzten Saison haben wir nicht einmal mehr als drei Treffer erzielt. Wichtig ist, dass das Team und die Trainer … Okay, es gibt kein «die» – es gibt nur mich. Also: Wichtig ist, dass das Team und der Trainer in dieselbe Richtung gehen wollen. Und das ist bei uns der Fall.
Im Gegensatz zur letzten Saison sind Sie nicht nur Trainer, sondern auch Sportchef des EHC. Das heisst, Sie konnten Ihr Team selbst zusammenstellen. Macht das Ihre Aufgabe einfacher?
Sehr sogar. Die Spieler wissen, dass Sie nicht von einem Manager geholt wurden, der sich erst mit einem Trainer absprechen muss. Ich bin ganz ehrlich (er sucht etwas) … Ich zeige es Ihnen ein anderes Mal, wenn Sie Zeit haben. Aber ich habe im Februar bereits meine Linien für diese Saison auf Papier gebracht. Da konnte ich in den Gesprächen den Spielern schon sagen, mit wem sie spielen sollen.
Und die Linien haben Sie danach nicht mehr geändert?
Nein – ausser bei Krankheit oder Verletzungen. Ich sage nicht, dass ich perfekt bin …
Es klopft an der Tür, Stürmer Jamie Wright holt sich eine Taktiktafel und verschwindet.
Sie haben mich gefragt, ob es einfacher wird. Nun, immerhin habe ich einen Plan, ich weiss, wo ich hin will. Ich schaue viele Matches, ich verfolge viele Spieler. Ich notiere mir, wer wann wie lange verletzt war. Wenn einer nach Basel kommen will und er war drei Saisons lang jeweils während drei Monaten am Knie und an der Schulter verletzt, dann … Ich hatte letzte Saison genug Spieler, die verletzt waren. Ich brauche Spieler auf dem Eis.
Ist Ihr Team denn besser als letzte Saison?
Das glaube ich. Ich sage nicht, dass es besser ist, weil ich es zusammengestellt habe. Das ist nicht der Punkt, überhaupt nicht. Ich sage, wir haben ein besseres Team, weil es total anders ist. Wir haben die Philosophie komplett geändert. Wir waren in der letzten Saison grösser aber dafür auch langsamer und weniger talentiert. Jetzt spielen wir mehr mit dem Puck. Vielleicht haben wir mehr Ausschuss im Angriff, weil wir mehr mit dem Puck versuchen werden. Also ist nicht das Team besser, aber wir werden besser spielen.
Das klingt nach einer radikalen Umstellung. Wie ist es dazu gekommen?
Ich hatte das Gefühl, dass es Zeit war, etwas in diese Richtung zu ändern. Und vielleicht auch Zeit für mich, meine Geisteshaltung etwas anzupassen. Ich will bei einem Aspekt des Spiels stehen bleiben. Auch wenn ich noch immer glaube, dass eine gute Defensive Erfolge bringt. Aber jetzt haben wir das geändert. Und ich glaube, dass wir ein wirklich talentiertes Team haben. Plus: Wir haben mit Urban Leimbacher einen sehr guten Goalie.
Haben Sie auch ein Saisonziel?
Ich stehe nicht hin und sage: «Jungs, gebt euer Bestes! Schauen wir mal, was dabei rauskommt.» Nein, nein, nein! Wir haben unser Ziel. Auch wenn es viele Eishockey-Interessierte ausserhalb von Basel überrascht: Wir haben ein Ziel. Ein auswärtiger Journalist hat mich angerufen und mich wirklich gefragt, warum wir die Playoff-Halbfinals als Ziel ausgerufen haben. Die denken alle, wir seien Clowns, wir seien lustig. Basel hat ein Ziel! Wow, das ist witzig!
Ist das Ziel denn realistisch gesetzt?
Wenn ausserhalb von Basel niemand daran glaubt, ist mir das egal. Wichtig ist, dass wir, dass unsere Fans daran glauben. Natürlich ist es nicht einfach. Wenn es einfach wäre, dann könnte ja jeder einen Playoff-Halbfinal erreichen.
Es klopft erneut. Ein Spieler huscht in die Garderobe, gibt Gélinas ein paar zusammengeheftete A4-Seiten ab und verschwindet wieder. Gelinas spricht weiter:
Ich muss die Spieler doch fordern. Darum habe ich auch mit jedem eine Zielvereinbarung ausgehandelt, auf dem Vorsätze für die kommende Saison festgelegt werden (er wedelt mit den abgegebene Papieren, legt sie danach auf einen Stapel). Sie mussten mir sagen, welche Ziele sie sich stecken: Wieviele Tore erzielen sie, wieviele Assists, wieviele Schüsse, wieviele Checks pro Spiel, wieviele Siege werden wir haben, wieviele Niederlagen, wo stehen wir am Ende in der Tabelle? Und danach mussten sie niederschreiben, wie sie sich als Spieler sehen. Denn ich habe dieselben Punkte aus meiner Sicht beurteilt. Wenn einer denkt, er sei ein Skorer – und ich denke, er sei das nicht, dann müssen wir ernsthaft miteinander reden. Das letzte Mal, als ich das gemacht habe …
Es klopft wieder. Stefan Voegele und drei Kollegen stehen vor der Tür. Für sie wäre eigentlich eine Video-Lektion geplant gewesen – Unterzahlsituationen vier gegen fünf. Gélinas vertröstet sie auf später («Sorry guys!») und führt das Interview weiter.
Es ist hart, die ganze Zeit überall zu sein. Ich habe keinen Assistenten für die Video-Analyse oder für das Kraft- und Ausdauertraining. Aber es ist okay. Das ist meine Arbeit. Ach, jetzt habe ich den Faden verloren.
Als Sie das letzte Mal solche Zielvereinbarungen mit Spielern abgeschlossen haben, waren Sie …
… Richtig, da war ich Juniorentrainer in Genf. Ich habe gesagt: Okay, ich muss die Spieler fordern. Denn ich habe mich selbst mit dem Wechsel in der Spielphilosophie ja auch herausgefordert. Das ist nicht einfach. Also habe ich gesagt: Wir brauchen Ziele.
Ist diese offensivere Spielweise auch ein Versuch, mehr Fans anzulocken?
Wenn wir mehr gewinnen, werden wir auch mehr Fans haben. Wenn du offensiver spielst, bedeutet das mehr Kreativität, mehr Tricks, auch wenn ich selbst das nicht so sehr mag, aber manchmal ist es halt nötig. Ich weiss nicht, ob die Halle voll wird. Aber wir müssen attraktiver werden.
Ist das etwas, das Ihnen Präsident Matthias Preiswerk gesagt hat: «Wir müssen attraktiver werden»?
Ich bin ganz ehrlich: Das ist eines seiner persönlichen Ziele, ja. Ich meine, ich brauche diese Vorgabe nicht, weil das ja eigentlich immer das Ziel sein muss. Aber nach verschiedenen Gesprächen mit ihm haben wir uns gemeinsam entschieden, diesen Weg zu gehen. Darum arbeiten wir so hart. Immerhin: Wenn du als EHC Urban Leimbacher verpflichtest, dann ist es einfach, allen zu zeigen, dass du ernst genommen werden willst. Das beweist, dass wir hier in Basel etwas aufbauen wollen. Das macht auch die Gespräche mit Spieleragenten einfacher.
Das heisst, nicht nur die Journalisten ausserhalb von Basel haben den EHC nicht richtig ernst genommen, sondern auch die Agenten?
Die Agenten glauben jetzt, dass ihre Spieler hier gute Leistungen zeigen können. Und dann ist die Mannschaft der beste Agent der Spieler. Denn wenn du gut spielst und in einem Team bist, das gewinnt, machst du einen Schritt vorwärts in der Karriere. Wenn wir gut spielen, wird es schwierig für mich, diese jungen Spieler zusammen zu halten.
Die Transfers der EHC Basel Sharks
Zugänge. Eric Arnold (Stürmer/Moose Jaw/WHL), Fabian Boss (S/Thun/1.L), Sandro Gartmann (Verteidiger/HC Sierre), Florin Gerber (S/EHC Biel), Florian Jöhl (S/Lyss/1.L), Urban Leimbacher (Goalie/SCL Tigers), Kaj Leuenberger (S/EHC Biel), Michaël Loichat (S/EHC Visp), Dominic Nyffeler (G/Wetzikon/1.L), Nicola Schaer (S/Nachwuchs), Cyrille Scherwey (S/HC Sierre), Joshua Schnellmann (S/Nachwuchs), Raoul Seiler (S/Nachwuchs), Joshua Theodoridis (S/GCK Jun.), Nando Wüthrich (V/HC Ajoie), Rajan Sataric (S/EHC Biel).
Abgänge. Oliver Baur (S/Unterseen/1.L), Julien Bonnet (V/Ambri), Lorenzo Croce (G/Ambri), Jann Falett (S/Ajoie), Michel Fäh (V/?), Ivan Incir (S/Ajoie), Justin Mapletoft (S/?), Pascal Marolf (S/Thurgau), Arnaud Montandon (S/?), Stefan Mäder (S/Ajoie), Simon Pfister (G/Zuchwil/1.L), Adrien Plavsic (V/Rücktritt), Stefan Schnyder (S/? ), Tassilo Schwarz (S/?).