Ciao Carlo!

In ein paar Wochen räumt der Basler Gesundheitsdirektor Carlo Conti sein Büro. Er geht aber noch längst nicht in Pension.

Sein Abgang ist besiegelt, Sorgen muss sich Carlo Conti aber nicht machen. (Bild: Hans-Jörg Walter)

In ein paar Wochen räumt der Basler Gesundheitsdirektor Carlo Conti sein Büro. Er geht aber noch längst nicht in Pension.

Gut gelaunt und wie immer äusserst freundlich empfängt uns Carlo Conti (CVP) in seinem Büro in der St.-Alban-Vorstadt. Zuvor war sein Nachfolger Lukas Engelberger bei ihm zu Besuch für die Übergabe.

Conti tritt Ende Juli als Regierungsrat zurück, weil er und sein Gesundheitsdepartement 111’000 Franken nicht korrekt abgerechnet hatten. Im Interview spricht der 60-Jährige nochmals über diese turbulente Zeit und sagt, was er ab August machen wird.

Carlo Conti, Sie blicken auf eine Bilderbuch-Karriere zurück. Nun treten Sie als Regierungsrat zurück, weil Sie Zehntausende von Franken
unsauber verbucht hatten. Schmerzt Sie dieser unschöne Abgang?

Nein. Ich habe Fehler gemacht, die nicht hätten passieren dürfen. Mein Rücktritt ist absolut richtig.

Aber Sie haben sich Ihren Abschied schon anders vorgestellt.

Natürlich. Ich hoffe aber, dass ich nicht nur mit dieser Geschichte bei den Leuten in Erinnerung bleiben werde.

Am 7. Januar gaben Sie Ihre Verfehlungen bekannt. War dies der schlimmste Tag in Ihrer Karriere?

Ja. Es war nicht einfach, hinstehen und so etwas gestehen zu müssen. Aber nachdem ich das getan hatte, fühlte ich mich befreit.

Sie sind heute also absolut mit sich im Reinen?

Ich habe das Geld zurückbezahlt und die Verantwortung dafür übernommen. Die Sache ist somit für mich abgeschlossen. Für mich war klar: Ich muss zu meinen Fehlern stehen und die Konsequenzen tragen.

Etwas anderes als ein Rücktritt wäre für Sie nicht in Frage gekommen?

Nein, obwohl andere versuchten, mich zum Weitermachen zu bewegen. Aber für mich stand von Anfang an fest, dass ein solches Versäumnis als Regierungsrat einfach nicht akzeptabel ist. Sie glauben gar nicht, wie sehr ich mich über mich selbst geärgert habe! Der läppische Fehler wäre so einfach zu vermeiden gewesen.

«Ich hoffe, dass ich nicht nur mit dieser Geschichte bei den Leuten in Erinnerung bleiben werde.»

Zumal Sie ja jedes Jahr ein Formular mit Ihren Nebeneinkünften ausfüllen mussten…

Das auch, aber nicht nur. Ich hätte das Ganze einfach besser organisieren müssen. Ich hätte einen Treuhänder beauftragen sollen oder sonst jemanden, der meine Nebeneinkünfte verwaltet.

Und Ihre Mitarbeiter haben komischerweise auch nichts gemerkt?

Ich habe die Sache mit meinen Mitarbeitenden angeschaut. Wir haben festgestellt, dass es zu Missverständnissen gekommen ist. Für diese bin jedoch nur ich alleine verantwortlich. Es ist mir zu billig, den Fehler auf meine Mitarbeitenden abzuschieben. Wenn ich klar gesagt hätte, wie es hätte gemacht werden müssen, dann wäre so etwas nicht passiert.

Wie wichtig war es Ihnen, Ihren Ruf zu retten?

Ich will am Morgen einfach vor dem Spiegel stehen und mich anschauen können. Es war mir wichtig, meinen Fehler in Ordnung bringen zu können.

Fällt Ihnen der Abschied schwer?

Ja und nein. Ich wäre bei den nächsten Wahlen 2016 sowieso nicht mehr angetreten – jetzt gehe ich halt einfach ein bisschen früher. Ich freue mich auf neue Aufgaben.

Sie werden also nichts vermissen?

Doch, viele Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Aber die werde ich sicherlich auch weiterhin wieder sehen können. Es ist schon gut, dass es nach vierzehneinhalb Jahren wieder einen Wechsel gibt. Und mein Nachfolger Lukas Engelberger wird den Job sehr gut machen, davon bin ich überzeugt.

Was wird Ihnen gar nicht fehlen?

Menschen, die ohne Sachkenntnisse wider besseres Wissen einfach mal etwas behaupten. Darüber kann ich mich sehr aufregen.

Wenn Sie auf Ihre Regierungstätigkeit zurückblicken: Was hinterlassen Sie dem Kanton, auf was sind Sie besonders stolz?

Das ist eine schwierige Frage, zumal ja nicht ich alleine für etwas verantwortlich bin. Es entsteht alles im Teamwork. Aber ich habe beispielsweise grosse Freude am gemeinsamen Kinderspital mit Baselland. Wir haben es zudem geschafft, die Spitäler so zu positionieren, dass sie gute Leistungen für die Patienten erbringen können. Darüber hinaus konnten wir das Bewusstsein für die Seniorenpolitik schärfen. Ich bin zufrieden mit dem, was ich mit meinem Team erreicht habe.

Gescheitert sind jedoch Ihre Pläne für ein gemeinsames Geriatriezentrum mit Baselland.

Dabei hätte ich mir das so sehr gewünscht! Es wäre schön gewesen, wenn wir auch ein gemeinsames Spital für die älteren Menschen hätten bauen können – ein Vorzeigeprojekt wie das Kinderspital beider Basel. Politisch war die Idee im Partnerkanton noch nicht reif dafür. Das ist schade und eine verpasste Chance. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Zumal die Zusammenarbeit zwischen Basel-Stadt und Baselland viel besser ist, als sie in der Öffentlichkeit immer dargestellt wird.

«Ich bin zufrieden mit dem, was ich mit meinem Team erreicht habe.»

Sie wurden in einer Zeit Regierungsrat, als das Kollegium noch bürgerlich dominiert war. Hatten Sie in den letzten Jahren mehr Mühe, Ihre Anliegen unter Rot-Grün durchzubringen?

An Regierungsratssitzungen wird ganz selten abgestimmt. Man versucht schon vorher, eine mehrheitsfähige Lösung zu finden. Ich habe die Zusammenarbeit im Kollegium immer als sehr angenehm empfunden – egal ob bürgerlich oder rot-grün. Auch wenn wir zum Teil sehr heftige Diskussionen führten, pflegten wir auf persönlicher Ebene stets ein gutes Verhältnis zueinander.

Trotzdem dürfte es Ihnen besser gefallen haben, als die Bürgerlichen noch die Mehrheit in der Regierung hatten.

Da täuscht man sich in der Öffentlichkeit. Eine Regierung arbeitet viel lösungsorientierter, als man denkt. Parteiinteressen dürfen keine grosse Rolle spielen, sonst kommt es nicht gut.

Inwiefern hat sich die Politik seit Ihrem Amtsantritt verändert?

Es wird immer mehr personalisiert. Die persönlichen Anfeindungen empfinde ich als eine sehr ungute Entwicklung. Dass zum Beispiel mein Kollege Hans-Peter Wessels für jede Baustelle in Basel verantwortlich gemacht wird, ist für mich nicht nachvollziehbar. Er kann doch nicht für jedes Loch in dieser Stadt zur Rechenschaft gezogen werden, das geht gar nicht. Ich bin auch nicht für jede Operation in einem Spital verantwortlich.

Sie werden dafür für die steigenden Krankenkassenprämien in Basel-Stadt verantwortlich gemacht.

Das ist ein Thema, das mir grosse Sorgen bereitet.

Was lief falsch, dass die Prämien so horrend teuer geworden sind?

Ich glaube nicht, dass etwas falsch gelaufen ist. Unser Kernproblem ist einfach, dass wir in einem Stadtkanton wie Basel deutlich mehr ältere Menschen haben, die mehr medizinische Leistungen benötigen. Wir haben auch viel mehr Migranten, mehr sozial Benachteiligte, die mehr Hilfe benötigen. Vergleicht man Basel-Stadt nur mit den Städten Zürich, Luzern und Winterthur, sind wir im Mittelfeld. Wir haben in Basel einfach eine spezielle Situation, die bedingt ist durch die Zusammensetzung unserer Bevölkerung. Der Prämienanstieg war in den letzten Jahren unterdurchschnittlich. Aber wir sind immer noch teuer. Für junge Familien ist die monatliche Prämienbelastung ein wirkliches Problem.

Und was kann man dagegen machen? Was raten Sie Lukas Engelberger?

Ich muss ihm nichts raten. Er weiss sehr gut, was er machen muss, und braucht keine Ratschläge von mir. Aber was die Krankenkassenprämien betrifft: Ich stelle einfach fest, dass die Bevölkerung Leistungen in Anspruch nimmt, sie erwartet diese auch. Wir können nichts anders machen, als versuchen, diese Leistungen kostengünstig anzubieten und Doppelspurigkeiten zu minimieren. Wichtig ist auch eine stärkere Präventionsarbeit.

«Meine Frau hat dafür gesorgt, dass ich mit beiden Füssen auf dem Boden bleibe.»

Man ist also machtlos gegen die steigenden Prämien?

Machtlos ist vielleicht der falsche Ausdruck. Jemand, der gesund ist, ärgert sich über die Krankenkassenprämien. Aber sobald diese Person krank ist, will sie selbstverständlich die allerbesten Leistungen sofort und ohne jede Einschränkung zur Verfügung haben. Und 80 Prozent der Spitalkosten geben wir in den letzten Lebensjahren eines Menschen aus. Es wird alles gemacht, um das Leben eines Menschen in den letzen Jahren zu verlängern – und das ist eine Frage unserer kulturellen Einstellung zum Tod.

Grossratspräsident Christian Egeler bezeichnete Sie an Ihrer letzten Sitzung im Parlament als «berechenbar, verlässlich und entgegenkommend». Nach aussen seien Sie immer freundlich und gelassen, selbst wenn Sie sich ärgern. War es anstrengend für Sie, die Rolle als Regierungsrat zu spielen?

Nicht wirklich. Man hat als Regierungsrat natürlich schon eine Rolle, ich musste mich aber nie verstellen. Trotzdem ist ein Ausgleich zur Präsenz in der Öffentlichkeit und im Amt empfehlenswert. Das war mir immer wichtig – beispielsweise mit sportlichen Aktivitäten.

Wer hat Sie in den vierzehneinhalb Jahren am meisten beeinflusst?

Meine Mitarbeitenden und vor allem meine Frau. Sie hat dafür gesorgt, dass ich mit beiden Füssen auf dem Boden bleibe.

Was werden Sie nun machen?

Ich mache nun mal ein bisschen Ferien im Süden. Im August werde ich als Rechtsanwalt in die Kanzlei «Wenger Plattner» eintreten. Zudem werde ich weiterhin als Dozent an der Uni Basel tätig sein. Ich werde also noch nicht in Pension gehen – ich freue mich sehr auf den neuen Lebensabschnitt.

Und 2015 kommen Sie als Ständeratskandidat der Bürgerlichen zurück?

Das ist alles noch in weiter Ferne. Zunächst gehe ich zurück in meinen angestammten Beruf. Und ich kann Ihnen versichern: Fehler mit den Honoraren werden mir dort nicht mehr passieren. Bei der Kanzlei wird Buchhaltung geführt – die schaut dann auf mich (lacht).

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