«Der Trainer sieht immer noch Verbesserungspotenzial, und das ist ja schön so»

Schwer beeindruckt ist Marco Streller von den Fortschritten beim FC Basel unter Trainer Paulo Sousa. Taktisch sieht der Captain die Mannschaft auf der Höhe der Zeit – schwer zu stoppen in der heimischen Liga und zu einem weiteren Exploit fähig in der Champions League.

Extrem happy: Marco Streller, Captain des FC Basel. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Schwer beeindruckt ist Marco Streller von den Fortschritten beim FC Basel unter Trainer Paulo Sousa. Taktisch sieht der Captain die Mannschaft auf der Höhe der Zeit – schwer zu stoppen in der heimischen Liga und zu einem weiteren Exploit fähig in der Champions League. Und «Bock auf Fussball» spürt der 33-Jährige schon nach ein paar Tagen Ferien wieder.

Marco Streller, wie war es nach der Winterpause, in die Garderobe zu kommen?
Ausser Serey Die, der beim Afrika-Cup ist, habe ich jeden in der Kabine gesehen. Und alle waren pünktlich – das ist ja nicht immer selbstverständlich. Alle sehen fit und gesund aus – ich würde sagen, wir sind parat für die Vorbereitung.

Haben Sie genug Pause gehabt?
Bei mir ist es ein spezieller Fall, weil ich mit der Diskushernie fast zwei Monate ausgefallen bin. Da ist das Verlangen nach Fussball grösser als für einen, der mit der WM das ganze Jahr durchgespielt hat. Aber in dreieinhalb Wochen Pause kann sich jeder erholen. Und ich habe spätestens nach zehn Tagen wieder Bock auf Fussball.

Wie umfangreich war das Ferienprogramm des Trainers für die Spieler?
Sehr detailliert, vielleicht auch ein bisschen strenger als in der Vergangenheit. Jeder weiss, dass Paulo Sousa ein sehr ambitionierter Trainer ist, und es gefällt mir, wenn man sich mutig äussert. Dafür muss man aber auch viel machen. Und ich muss mit meinem Rücken sowieso noch mehr machen.

Wie sieht es mit Ihrem Gewicht aus?
Das kenne ich auch von anderen Trainern: Ein, eineinhalb Kilo sind Spatzung, aber zuviel Gewicht kostet einfach. Es geht auch nicht, als Spitzensportler dreieinhalb Wochen auf der faulen Haut zu liegen.

«Unser Trainer hat ein grosse Autorität und eine ganz klare Linie» – Marco Streller im Zwiegespräch mit Paulo Sousa (rechts) beim Trainingsstart am Dreikönigstag.

Sind Sie das auch für die Champions League und die Spiele gegen Porto?
Das ist natürlich ein sehr unangenehmer Gegner, aber wir reden vom Achtelfinal, und da gibt es keinen, von dem man sagen könnte: den müssten wir eigentlich schlagen. Ich schätze Porto stärker ein als Liverpool, aber mit Monaco und Dortmund – wobei die in der Champions League sehr gut auftreten – sind die Portugiesen ein Gegner, gegen den am ehesten ein Exploit möglich scheint. Aber dafür braucht es extrem viel, zwei Toptage von uns und zwei nicht so ideale Tage beim Gegner. Wir gehen jedenfalls in diese Spiele, um weiterzukommen.

Der FCB nimmt die zweite Hälfte der Super League mit acht Punkten Vorsprung auf. Beginnt die nationale Meisterschaft nach der Winterpause noch mal neu?
Wenn es so wäre, dann ist das in der Vergangenheit immer eine sehr gute Meisterschaft für uns gewesen. Halten wir das Niveau, werden wir am Ende auch zuoberst stehen. Ich weiss zwar, dass acht Punkte und auch mehr schon verspielt worden sind, aber es sind jetzt andere Zeiten. Und ich glaube, wir sind parat.

Wie sehen Sie Ihre Rolle? Führen Sie das Team oder der Trainer?
Unser Trainer hat eine grosse Autorität und eine ganz klare Linie. Und wenn man als Spieler erkennt, dass der Trainer ehrlich ist, dass er dich weiterbringen will, dann ziehst du automatisch mit. Meine Aufgabe ist es, dem Trainer den Rücken zu stärken und gleichzeitig soll es der Mannschaft gut gehen. Das ist manchmal nicht so einfach, funktioniert im Erfolg aber immer sehr gut. Es hat eine Zeit lang gebraucht, bis wir alles verstanden haben, aber ich bin sehr, sehr zufrieden mit dem Trainer. Er ist der Chef, er führt die Mannschaft, und ich helfe ihm dabei.

Sehen Sie die Mannschaft wieder dort, wo sie auch im Winter 2011/12 nach dem Weiterkommen gegen Manchester United stand?
In den letzten Spielen vor der Winterpause hat schon sehr viel gestimmt bei uns. Und das macht mich extrem happy. Wir haben immer sehr viele Wechsel, haben den vierten Trainer seit Christian Gross, und das ist für eine Mannschaft nicht nur einfach. Handkehrum gibt es immer neue Reizpunkte, jeder muss sich immer wieder neu beweisen. So ist es auch auf dem Spielfeld: Wenn man Qualität verliert, menschlich, an Leadern und auch fussballerisch, diese Wechsel halten dich auch frisch. Jetzt greift schon sehr viel, und wir haben uns im Herbst nicht aus der Ruhe bringen lassen. Das zeichnet uns vielleicht auch im Vergleich mit anderen Vereinen aus: Dass wir eine Führung haben, die ruhig bleibt.

«Die Flexibilität ist entscheidend, statische Systeme gibt es einfach nicht mehr» – Marco Streller über die Taktik des FC Basel.

Erfahren Sie den Fussball noch mal neu?
Es ist das Ziel von jedem Trainer, den Fussball neu zu erfinden. Und wenn es funktioniert, kann ich mich dafür begeistern. Wir haben ja oft über einen Zwei-Mann-Angriff geredet. Aber das ist nicht mehr wichtig. Wenn man unser System anschaut, dann ist es ist nominell ein Stürmer – oder es sind drei. Wenn Philipp Degen rechts offensiv geht, dann kommt Derlis Gonzalez zu mir nach vorne oder zu Breel Embolo. Dann ist es wieder ein Zwei-Mann-Sturm. Es ist extrem flexibel, was wir spielen, und es erstaunt mich schon. Diese Flexibilität neu erfunden zu nennen, ist vielleicht übertrieben, aber es ist spannend und es macht Spass.

So wie Sie es schildern, ist die Bewegung im Offensivspiel ja auch planbar.
Paulo Sousa hat einen ganz klaren Plan und den wollte er uns von Anfang an einimpfen. Das braucht, auch wenn es für Aussenstehende langweilig klingt, seine Zeit, aber wenn es mal greift, und da wiederhole ich mich noch einmal, dann sind wir schwer aufzuhalten. Aber der Trainer sieht immer noch Verbesserungspotenzial, und das ist ja schön so.

Flexibel und taktische variabel zu sein, weg von einer starren Grundordnung – das war eine Entwicklung, die schon unter Murat Yakin eingeleitet wurde. Insofern ist Paulo Sousa in Basel nicht auf eine völlig unvorbereitete Mannschaft getroffen.
Das stimmt. Die Dreierkette, die unter Murat Yakin ein paar mal probiert wurde, funktioniert jetzt sehr gut. Daran hat Muri seinen Anteil. Auch er ist ein Trainer, der versucht, modern zu denken, so wie Pep Guardiola, wie das auch Thorsten Fink und Heiko Vogel gemacht haben und wie es jetzt Paulo Sousa macht. Das sind Trainer, die versuchen, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Die Flexibilität ist entscheidend, das statische 4-4-2 gibt es einfach nicht mehr.

«Taktisch sind wir mit der Zeit gegangen, und wir können auf höchstem Niveau bestehen.»

Ist das Erreichen der Achtelfinals in der Champions League auch Ausdruck dessen, dass der FCB fussballerisch auf der Höhe der Zeit ist?
Auf jeden Fall. Ein statisches System ist nicht so schwer zu verteidigen, wie ein System, in dem die Spieler ständig die Positionen wechseln. So wie die Chilenen zum Beispiel. Da muss man ständig schauen, wo der Gegner ist, um die Linien zu halten. Das ist sehr schwierig zu verteidigen, und man muss sich auf so viele Situationen konzentrieren. Deshalb legt unser Trainer auch so grossen Wert auf die kognitiven Fähigkeiten, und in diesem Bereich gibt es noch Potenzial. Daher sind wir mit der Zeit gegangen und können auch auf höchstem Niveau bestehen.

So gesehen haben Sie mit der Vertragsverlängerung bis 2016 ja alles richtig gemacht.
Ich habe das nicht von den Resultaten abhängig gemacht, aber die Entwicklung der Mannschaft hat mich bestätigt und auch das Gefühl in den Ferien, als ich den Fussball nach zehn Tagen schon wieder vermisst habe. Wenn man erfolgreich ist, gibt das immer eine Bestätigung, wenn man spürt, dass etwas funktioniert, man ein wichtiger Teil ist. Auch die Vertragsverlängerung von Breel Embolo ist wesentlich für mich, weil ich keine 50 Spiele die Saison machen kann. Ich kann Embolo helfen, wir können eine Symbiose eingehen, und wie dann meine Rolle in der nächsten Saison aussehen wird, werden wir dann sehen.

Nächster Artikel