«Die Art Basel verjüngt sich ständig»

Die beiden Co-Direktoren der Art Basel, Annette Schönholzer und Marc Spiegler, über die Veränderungen in der Kunstwelt und die Bedeutung der Art für Basel.

Die beiden Art-Direktoren Annette Schönholzer und Marc Spiegler (Bild: zVg)

Die beiden Co-Direktoren der Art Basel, Annette Schönholzer und Marc Spiegler, über die Veränderungen in der Kunstwelt und die Bedeutung der Art für Basel.

Der Kunstmarkt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Galerien arbeiten immer professioneller, sind stärker vernetzt, und es ist eine neue Sammlerschicht herangewachsen. Die Ansprüche an eine Messe sind heute anders als noch vor 15 Jahren. Was bedeutet das für den Art-Hauptsitz Basel?

Annette Schönholzer: Der Kunstmarkt ist in den letzten Jahren noch viel internationaler geworden. Wir ­sehen das zum einen an den Galerien, die sich bewerben. Gleichzeitig kommen immer mehr Sammler aus der ganzen Welt nach Basel. Sie besuchen die Art Basel, die Nebenmessen, Mu­seen, Galerien und Offspaces und v­erbringen Zeit in der Stadt. Dies ist eine sehr positive Entwicklung für die Stadt Basel, die ihre jahrhundertealte Tradition als kulturelles Zentrum weiterführt.

Man spricht oft von den für die Art Basel wichtigen «Top Ten»-­Galerien – setzen diese sich ab, könnte es brenzlig werden. Bald steht ein Generationen­wechsel in vielen dieser Galerien an. Macht Ihnen das Sorgen?

Marc Spiegler: Für die Art Basel gibt es keine «Top Ten»-Galerien, wir bringen für alle unsere Galerien den vollen Einsatz. Welche momentan die wichtigsten Galerien sind, hängt davon ab, wen Sie fragen. Die Art Basel verjüngt sich ständig, und auch die Kunstwelt allgemein ist sehr dynamisch, denn Galerien sind unglaublich aktiv und entwickeln ­konstant ihre Programme weiter.

Ihr Vorgänger Sam Keller und sein Team waren stark vernetzt in Basel, was zu fruchtbaren Rückkoppelungseffekten mit der hiesigen Kulturszene und zu spontanen Happenings führte. Das heutige Team ist nicht mehr so sicht- und spürbar. Eine bewusste Distanzierung im Zuge der verstärkt internationalen Ausrichtung der Messe?

Spiegler: Der «Art Parcours» findet nun zum dritten Mal statt und ist einzigartig. Er bringt die Kunst vom Messeplatz direkt in die Stadt. Auch Stadtpräsident Guy Morin hat in Interviews betont, dass während der Art Basel mit dem «Art Parcours» die Kunst in der Stadt angekommen ist. Es handelt sich hier um logistisch, organisatorisch und finan­ziell sehr aufwendige Projekte. Ohne unsere guten Kontakte zur Stadt, zu Unternehmen und Einzelpersonen in Basel wäre eine Realisierung dieser Projekte gar nicht möglich.

Wie sieht denn diese Zusammenarbeit konkret aus?

Spiegler: Wir haben enge Beziehungen zu Basler Kunst-Institutionen. So gestalten wir etwa mit einigen dieser Institutionen in diesem Jahr Panel­diskussionen im Rahmen unseres «Art Salon»-Programms. Auch der «Schaulager Satellite», der in diesem Jahr während der Art Basel auf dem Messeplatz zu finden ist, ist ein Beispiel dieser Zusammenarbeit. In diesem Jahr findet erstmals am Samstagabend während der Art Basel die «Project Space Night» statt. Es ist ein gemeinsames Projekt mit «A Roland for an Oliver» und lokalen Project Spaces. Was für uns wichtig ist, ist sicherzustellen, dass Basel und seine Bewohner von der Art Basel profitieren. Für uns bedeutet dies, die beste Kunst aus der ganzen Welt nach Basel zu bringen und den Baslern die Möglichkeit zu geben, diese Kunst in ihren unterschiedlichsten Formen und in vollen Zügen erleben, diskutieren und geniessen zu können. Ohne unsere Partner in Basel wäre dies nicht möglich.

Die Basler Gestaltungsagentur aber, die in den letzten Jahren das Gesicht der Art prägte, wird ausgewechselt. Warum?

Spiegler: Wir schätzen die hervorragende Arbeit, die Müller+Hess geleistet haben, sehr. Ihr Design für die Art Basel ist zeitlos, kreativ und distinguiert. Aufgrund der neuen Herausforderungen, die mit der neuen globalen Ausrichtung einhergehen, haben wir uns jedoch entschieden, mit neuen Partnern zusammenzuarbeiten.

Wird «Basel» als Teil des Schriftzugs erhalten bleiben? Oder werden wir bald von einer «Art Miami Beach», einer «Art Hongkong» und einer «Art Basel» sprechen?

Schönholzer: Wir werden den Namen «Art Basel» künftig gestalterisch sogar noch stärker positionieren. Die Art ­Basel findet in diesem Jahr zum 43. Mal statt und ist heute der Veranstalter prestigereicher Kunstmessen in Basel, Miami Beach und Hongkong. Sie steht mit ihrem Namen für Qualität, ­Erfahrung und Leidenschaft. Wir sprechen heute daher von der Art Basel in Miami Beach oder der ersten Ausgabe der Art Basel Hongkong. Gleichzeitig hat jede unserer Messen ihren eigenen Charakter und wird durch die Stadt und Region, in der sie stattfindet, geprägt. Auch diesen Bezug grafisch umzu­setzen ist für uns sehr wichtig. Basel ist nicht Miami Beach oder Hongkong.

Warum setzen Sie für das dritte Standbein gerade auf Hongkong?

Schönholzer: Hongkong gilt als Tor zwischen Ost und West. Dank ihrer Lage im Herzen Asiens geniesst die Stadt unvergleichliche Vorteile gegenüber anderen Standorten in der Region. Es gibt dort eine sehr lebendige Kunstszene, die sich dynamisch weiterentwickelt. Galerien aus Asien und dem Westen eröffnen dort neue Ausstellungsräume, und es gibt eine wachsende Vielfalt an kulturellen Institutionen. Auch wirtschaftliche Gründe sprechen für Hongkong als Messestandort.

In Galeristenkreisen munkelt man, Hongkong sei eine Nummer zu gross für das neue Team, das durch die grosse Fluktuation geschwächt sei. Was sagen Sie dazu?

Spiegler: Eine dritte Messe auf dem Niveau der Art Basel aufzubauen ist eine Herausforderung, die wir gerne annehmen. Wir haben ein erfahrenes Team in Hongkong, und wir haben auch das Basler Team um 20 Prozent vergrössert. Wir sind gut aufgestellt.

Dieses Interview musste schriftlich geführt werden.

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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.06.12

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