«Diskret, verschwiegen, diszipliniert, intensiv» – Pascal Naef über seine Arbeit für Gigi Oeri und den FCB

Er ist gewissermassen ein Relikt aus der Amtszeit von Gigi Oeri beim FC Basel: Pascal Naef, der persönliche Assistent der Ex-Präsidentin, betreut die Profis des FCB und versucht deren Alltagsprobleme zu lösen. Ein Gespräch mit einem ebenso dienstbaren wie unauffälligen Menschen hinter den rotblauen Kulissen.

Pascal Naef, FC Basel, Spielerbetreuer, Februar 2016

(Bild: Hans-Joerg Walter)

Er ist gewissermassen ein Relikt aus der Amtszeit von Gigi Oeri beim FC Basel: Pascal Naef, der persönliche Assistent der Ex-Präsidentin, betreut die Profis des FCB und versucht deren Alltagsprobleme zu lösen. Ein Gespräch mit einem ebenso dienstbaren wie unauffälligen Menschen hinter den rotblauen Kulissen.

Pascal Naef, was genau machen Sie eigentlich beim FC Basel?

Ich bin das Mädchen für alles. Auf der einen Seite bin ich Spielerbetreuer, wenn nötig, helfe ich bei der Arbeit mit den Medien, und falls es sonst etwas zu erledigen gibt, mache ich das auch. Wohnungen übergeben zum Beispiel.

Wir haben nicht nach einer Stellenbeschreibung gefragt, weil wir gar nicht wissen, ob Sie angestellt sind beim FCB.

Bin ich nicht.

Sie machen das aus karitativen Motiven heraus?

Nein, auch nicht. Es ist eine Vereinbarung zwischen der ehemaligen Präsidentin und dem jetzigen Präsidenten, dass ich die Aufgaben, die ich schon während der Amtszeit von Gigi Oeri als ihr persönlicher Assistent übernommen habe, auch weiterhin mache.

Wo sind Sie Gigi Oeri über den Weg gelaufen, und wie wurden Sie ihr persönlicher Assistent?

Kennengelernt habe ich sie im John Valentine Fitness Club. Zu Beginn war ich so etwas wie ihr Chauffeur, etwa zu den Spielen des FCB. Zu Auswärtsspielen bin ich schon vorher gefahren, aber von da an war ich eben mit Frau Oeri unterwegs und sass im VIP-Sektor statt in der Fankurve. So bin ich in die Tätigkeit als Gigi Oeris Assistent hineingewachsen, und daraus hat sich der Job beim FCB entwickelt.

Pascal Naef, FC Basel, Spielerbetreuer, Februar 2016

Wahrgenommen hat man Sie erstmals, als Jacques Zoua als junges Talent aus Kamerun beim FCB getestet wurde. Damals noch unter Christian Gross.

Zuvor habe ich zum Beispiel schon Papa Malick Ba wegen der Aufenthaltsbewilligung nach Bern begleitet. Aber richtig angefangen hat es 2008 mit Jacques Zoua. Das hat sicher damit zu tun, dass auch meine Frau aus Kamerun stammt.

Wie sieht Ihr klassischer Arbeitstag aus?

Bevor die Mannschaft unterwegs ist, bin ich in meinem Büro in der Nähe des Spielzeug Welten Museums. Um 8 Uhr, wenn die Mannschaft ins Stadion kommt, bin ich bereits dort. Der Ablauf ist bekannt: Frühstücken, Training, dann Freizeit oder nochmals Training.

Und in dieser ganzen Zeit sind Sie als hilfreicher Geist vor Ort, insbesondere für die ausländischen Spieler?

Ich versuche, Probleme mit Teammanager Gusti Nussbaumer und der Mediensprecherin Andrea Roth zu lösen, auch während des Trainings. Wenn beispielsweise die Parkkarte eines Spielers nicht funktioniert, schaue ich, dass er sie nach dem Training wieder hat.

Pascal Naef, FC Basel U16–FC Lausanne-Sport, hinten Cheftrainer Urs Fischer (links) und Co-Trainer Marco Walker

Es gibt sicherlich auch Fussballer, die versuchen, ohne Sie auszukommen.

Zum Glück.

Wer ist das?

Das spielt keine Rolle (lacht). Aber Sie können davon ausgehen, dass die Schweizer mich nicht brauchen respektive selten. Das hat mit der Sprache zu tun, aber auch mit dem Wissen um die Strukturen. Aber für einen Isländer ist es bereits etwas anderes, wenn er in die Schweiz kommt. Wir sind teilweise ein kompliziertes Land, und je nach dem, woher man kommt, sind wir sogar ein sehr kompliziertes Land.

Sie werden einem neuen Spieler als eine der ersten Ansprechpersonen beim FCB vorgestellt?

Ich hole die Spieler oft am Flughafen ab. Dann bin ich die erste Kontaktperson, da gibt es gleich den ersten Austausch. Ich versuche jeweils, keine Zeit zu verlieren, warte nicht ab, bis der Spieler mit seinen Fragen kommt. Sondern ich sage ihm gleich, wie es zu und her geht. Da beginnen die Zahnräder bereits ineinanderzugreifen.

Sie erklären den Neuen, wie sie eine Wohnung finden, wo es Kindertagesstätten gibt, wie sie ein Konto eröffnen. Sie sind ein Lebensberater.

Also leben müssen die Spieler schon selber.

Ein Alltagslebensberater.

Auch den Alltag müssen sie irgendwann selber bewältigen. Mein Job ist personenbezogen. Die einen brauchen mehr Betreuung, die anderen weniger. Es ist alles eine Frage der Nationalität und des Charakters. Woher ein Spieler kommt, wo er gespielt hat, aus welchem Kulturkreis er stammt, das weiss ich jeweils im Voraus. Alles andere lasse ich auf mich zukommen. Ich bin in Aesch in einem Quartier mit vielen Ausländern aufgewachsen, und mir fällt es leicht, mich in eine Situation oder Person hineinzuversetzen.

Spielt es für diese Arbeit eine Rolle, dass Ihre Ehefrau aus Kamerun stammt?

Eine enorme Rolle. Ich hatte ein gewisses Grundgerüst, was Kommunikation über Kontinente hinweg betrifft, und das Zusammenleben mit meiner Frau ist meine Masterarbeit. Da durfte und musste ich schon einige Dinge lernen, die mir vorher nicht bewusst waren über das Leben als Ausländer in der Schweiz.

Über negative Erfahrungen?

Negative wie positive – einfach Beispiele aus dem täglichen Leben.

Pascal Naef und Mohamed Salah, FCB Weihnachtsanlass, im Europa-Park in Rust, am 03.12.2012

Mohamed Salah sagte einst: «Ohne Pascal Naef wäre ich verloren gewesen.» Was meint er damit?

Verloren wäre er nicht gewesen. Er hätte seine Informationen einfach woanders geholt. Es fiel ihm so einfach leichter. Mit gewissen Spielern hat man eine engere Bindung. Nicht auf kollegialer Basis, aber zwischenmenschlich merkt man, dass man auf die einen mehr schaut als auf die anderen. Aber auch Mohamed Salah hätte natürlich sagen können, es interessiert mich nicht, was der Naef sagt. Bei ihm habe ich gemerkt, dass man sich etwas mehr um ihn kümmern musste. Das beinhaltet auch mal ein Nachtessen oder eine Ausfahrt am Wochenende.

Was war Ihre Rolle bei Jacques Zoua?

Ich war so etwas wie der grosse Bruder.

Also eine sehr enge Verbindung.

Fast zu eng.

Wie sieht es fast vier Jahre später aus, da Zoua inzwischen über Hamburg und Kayseri Erciyesspor in der Türkei bei Ajaccio in der französischen Ligue 1 gelandet ist?

Mit Jacques war die Bindung speziell eng. In der Tendenz gab es diese Beziehungen mit mehreren Spielern. Irgendwann wird es auch persönlich. Dann besteht die Gefahr, dass es einen traurig stimmt, wenn einer woanders einen Vertrag unterschreibt. Bis zu einem gewissen Punkt kann man sich neutral dem Spieler gegenüber verhalten. Und dann gibt es den Punkt, an dem es in die persönliche Sphäre geht. Ab diesem Punkt riskiert man, dass man keinen guten Job mehr machen kann.

Gibt es einen Spieler, der es Ihnen besonders leicht gemacht hat?

Da gibt es ein paar. Die Ägypter beispielsweise sind nicht schlecht herausgekommen. Der eine oder andere Afrikaner auch nicht.

Pascal Naef, FC Basel, Spielerbetreuer, Februar 2016

Herr Naef, wie darf man sich parallel zum FC Basel die Arbeit des persönlichen Assistenten einer einflussreichen, wohlhabenden Frau vorstellen?

Diskret. Verschwiegen. Diszipliniert. Intensiv.

Sowohl Ihre Rolle in der Mannschaft als auch Ihre Zusammenarbeit mit Gigi Oeri: Sie sind so etwas wie ein modernen Butler.

Klingt nicht schlecht.

Ein Edelbutler.

Ein Butler schaut allerdings zum täglichen Leben seines Arbeitgebers. Bei Frau Oeri muss ich nicht auf das tägliche Leben schauen. Da geht es um ihre Geschäftsfelder, die ich betreue. Da bin ich alles andere als ein Butler. Der würde sich nicht darum kümmern, wie es um das Spielzeug Welten Museum steht. Frau Oeri hat an jedem Ort eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer. Ich bin die Verbindungsperson zwischen ihnen und der Besitzerin. Wie Sie wissen, macht Frau Oeri ihre aktuellen Projekte mit Leib und Seele, alles andere läuft nebenher. Und darum kümmere ich mich in ihrem Auftrag.

Was beinhaltet das momentan?

Den John Valentine Fitness Club, die Museen in Basel und in Lyon. Ihre Filme. Der Nachwuchs Campus des FC Basel. Die Hundeheime, die Sie betreibt. Des Weiteren die Scort Stiftung und dann alles Private. Sie können sich zudem vorstellen, was es sonst noch alles gibt. Wobei: Nein, Sie können es sich eben nicht vorstellen (lacht).

Wir können es uns tatsächlich nicht vorstellen.

Ich kann dazu auch nicht viel sagen. Ich erledige beispielsweise auch Frau Oeris Post.

Pedro Barbosa, left, Director Professional Football of Portugal club Sporting Lisbon, shakes hands with Pascal Naef, right, of Swiss soccer club FC Basel, in front of the UEFA Cup trophy after the drawing of the games for the UEFA Cup 2007/08 for round of 32, at the UEFA Headquarters in Nyon, Switzerland, Friday, December 21, 2007. (KEYSTONE/Salvatore Di Nolfi)

Als FCB-Präsidentin stand Gigi Oeri lange im öffentlichen Fokus. Gab es mehr Fanpost oder Schmähbriefe?

Es gibt alles. Immer noch.

2011, als klar war, dass Frau Oeri das Präsidentenamt in neue Hände gibt, war die Rede davon, dass sie vor einem Burn-out stand.

Das stand so im «Blick».

Wie geht es ihr im Februar 2016?

Gut. Beschäftigt.

Hat sie ihren Lebensmittelpunkt nach wie vor auf Ibiza?

In Basel. Sie hat sowohl am Zürichsee wie auf Ibiza ein Hundeheim und reist zwischen den verschiedenen Orten hin und her.

Freut sich die Ehrenpräsidentin darüber, wie der FCB gedeiht?

Das muss sie selber beantworten. Sie ist sicherlich nicht unglücklich darüber.

Wird Gigi Oeri noch mal was machen im Fussballgeschäft?

Das werden wir sehen.

Oder nochmals einen Kinofilm machen?

Das werden wir sehen.

«Das Parfüm» hat sie massgeblich finanziert, und …

… «Cloud Atlas». Zumindest als Co-Produzentin.

Ist «Das Parfüm» Ihr Literatur-Stil?

Nein. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass Frau Oeri den Film macht, hätte ich das Buch nicht gelesen.

Sie lesen Fussballbücher?

Nein. Ich habe genug Fussball in meinem Leben. Welche Fussballbücher soll ich schon lesen?

«111 Gründe, den FC Basel zu lieben». Oder das «Kicker»-Jahresheft.

Nein! (lacht)

Sie sind einer, der ständig auf das Interesse anderer eingeht. Wo bleibt da Pascal Naef?

Der ist tagtäglich dabei.

Pascal Naef mit Philipp Degen und Shkelzen Gashi, Meisterfeier im Oldtimertram

Im Alter zwischen 23 und 28 Jahren haben Sie sich als gelernter Maschinenkonstrukteur unter anderem in Russland mit dem Thema Wasseraufbereitung beschäftigt. Mit etwas Lebensnotwendigem also, einer der grossen Frage der Welt. Und jetzt sind Sie in der Unterhaltungsbranche tätig. Wie ist das für Sie?

Ich sehe das anders. Dem Einzelnen stellen sich die wichtigen Fragen nach wie vor. Für mich gibt es keinen grossen Unterschied zwischen dem Wasser und dem Lebensbereich der Spieler. Ich bin nicht in der Unterhaltungsbranche tätig, sondern im Leben der Spieler, beschäftige mich mit essenziellen Fragen des Lebens. Es geht nicht um Lohn oder um Positionen auf dem Rasen, das ist nicht meine Aufgabe. Für mich stehen die Fragen im Vordergrund, ob sich ein Spieler wohlfühlt, ob er alles hat, was er braucht, wie es seiner Familie geht. Weit weg vom Wasser, das das Leben bedeutet, ist das meiner Meinung nach nicht.

Eines der grössten Integrationsprojekte, Renato Steffen, braucht viel Betreuung.

Wieso?

Aus naheliegenden Gründen: die Akzeptanz bei den Fans im Joggeli.

Diesen Weg muss er selber finden.

«Meine Aufgabe war, dass Renato Steffen möglichst bald einen VW-Golf fährt und seinen Hugo-Boss-Clubanzug bekommt.»

Können Sie ihm da Ratschläge geben?

Nein.

Haben Sie mit ihm über die unterschiedliche Wirkung von Torjubel schon gesprochen?

Das ist nicht meine Aufgabe (lacht). Meine Aufgabe war, dass er möglichst bald einen VW-Golf fährt und seinen Hugo-Boss-Clubanzug bekommt.

Sie besorgen den Spielern auch die Autos?

Klar.

Die Spieler machen ja wirklich nicht viel selber.

Also in die Garage ging Renato Steffen schon selber. Aber ich musste ihm sagen, wer unsere Partnergarage ist.

Gibt es Vorgaben vom Verein? Hubraum? Pferdestärken?

Das weiss ich nicht. Ich weiss aber, dass gewissen Spielern zu viele PS schaden. Wie man weiss.

Wie läuft die Eingliederung von Andraz Sporar und Alexander Fransson?

Sie ist im Gang. Wohnungen haben sie bereits. Das erste Ziel ist immer eine Wohnung und ein Auto zur Verkehrsteilnahme. Damit ist man relativ schnell integriert: Es gibt dir die mobile Freiheit und Intimsphäre, wenn du zu Hause und nicht im Hotel wohnst. Das sind wichtige Indikatoren für das Wohlbefinden eines Spielers.

Wo haben Sie die Wohnungen, die Sie den Spielern anbieten?

In der ganzen Nordwestschweiz, im Umkreis von ungefähr 20 Kilometern. Ballungsräume mit vielen FCB-Spielern gibt es nicht. Und in der Stadt wohnen nur wenige. Ich kann Ihnen aber nicht sagen wer.

Dachten wir uns schon. Stört es Sie eigentlich nicht, dass Sie sich im Fussball in einem Umfeld voller geheimer oder zurückgehaltener Informationen bewegen?

Nein, ich bin mir das gewohnt.

Weil Sie als persönlicher Assistent von Frau Oeri seit zwölf Jahren in einer Geheimniswelt leben?

Es ist keine Geheimniswelt. Man weiss ja relativ viel. Was die Fussballer betrifft, so empfinde ich es als selbstverständlich, dass die Wohnorte nicht überall bekannt sind. Für mich interessiert sich zwar kaum jemand, aber ich möchte auch nicht, dass man alles über mich weiss.

Zur Person

Pascal Naef stammt aus Aesch, hat eine Lehre als Maschinenkonstrukteur bei der Habasit AG in Reinach gemacht, war drei Jahre beim Schweizer Militär und anschliessend für die nicht mehr selbstständig existierende, im Bereich der Wasseraufbereitung tätige Firma Christ in Aesch weltweit geschäftlich unterwegs. Vor zwölf Jahren begann seine Arbeit als persönlicher Assistent von Gigi Oeri, die damals Vizepräsidentin des FC Basel war. Heute ist der 40-jährige Naef Delegierter der Steineck-Stiftung (Spielzeug Welten Museum) sowie der John Valentine Fitness Club AG, für die Stiftung Gossos tätig (zum Wohl von Hunden) sowie für die Wohnhaus Campus AG, die zum Ausbildungskonzept des FC Basel gehört.

Pascal Naef, FC Basel, Spielerbetreuer, Februar 2016

Pascal Naef, FC Basel, Spielerbetreuer, Februar 2016. (Bild: Hans-Joerg Walter)

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