«Ich bin Frau und Mann in einem»

Ein Paradiesvogel wie ihr Onkel Fred Spillmann ist sie nicht. Aber auch Designerin Daniela Spillmann passt in keine Schublade.

Modedesignerin Daniela Spillmann findet, in Basel müsse die Jugend stärker gefördert werden. (Bild: Michael Würtenberg )

Ein Paradiesvogel wie ihr Onkel Fred Spillmann ist sie nicht. Aber auch Designerin Daniela Spillmann passt in keine Schublade.

Es ist Herbst und viele Frauen sind verzweifelt. «Was soll ich anziehen?», fragen sie – und erhalten häufig keine Antwort. Die Basler Modedesignerin Daniela Spillmann (56) hat Antworten – jedoch nicht nur auf Modefragen. Sie ist Vorreiterin einer Frauengenera­tion, die sich nicht mit Kindern und Kochen zufrieden gibt, sondern sich auch im Arbeitsleben behaupten will. Im April wird sie im umgebauten Anfos-Haus in der Aeschenvorstadt die Boutique «Baum» wiedereröffnen, obwohl sie am Rheinsprung im «Spillmann-Huus» bereits einen «Couture-à-porter»-Laden führt. Angst vor der Krise hat sie nicht. Und sie klingt ganz so, als habe sie auch früher nie Angst gehabt. Denn Daniela Spillmann ist ein bisschen verrückt. Sagt sie.

Frau Spillmann, zu einem Termin mit einer Modedesignerin sollten die Interviewer eigentlich gut gekleidet erscheinen. Entschuldigen Sie also die Jeans.

Jeans finde ich wunderbar! Ich hab mich nur so aufgebrezelt, weil ich wusste, dass ich fotografiert werde.

Man sieht also auch Sie in Jeans?

Klar, wenn ich mit dem Hund spazieren gehe beispielsweise. Oder auch bei der Arbeit. Mit einem Kittel kombiniert, sehen Jeans nämlich gut aus.

Heute tragen Sie aber Reiterhosen, Stiefel und – wie nennt man das?

Das ist ein frackartiger Kittel.

Entspricht diese Kleidung der Herbstmode 2012?

Ja, schon, Reiterhosen und Stiefel sind sowieso top. Und auch lange Blazer sind wieder angesagt.

Eine Saison ohne Stiefel kommt für die modebewusste Frau also nicht infrage?

Stiefel gehören auf jeden Fall dazu! Sie geben warm und verlängern bei sogenannten Rüebli-Hosen die Beine.

Wenn man sich auf der Strasse umschaut, sieht man lauter Menschen mit engen Kleidern, die sie eigentlich nicht tragen sollten.

Auch Frauen mit Grösse 44 können enge Hosen tragen. Das Drumherum muss einfach stimmen. Ein langer Pullover etwa kann Wunder bewirken.

Was sollte Ihrer Meinung nach in keinem Kleiderschrank landen?

Im Moment nichts, die Mode ist gerade sauschön. Wobei, bei Leggins braucht es teilweise schon Beratung. Sonst aber sind die Designer wieder frauenverliebter. Sie lassen Frauen nicht mehr in geschnürten Würsten oder Säcken herumlaufen, sondern konzentrieren sich auf Weiblichkeit.

In einem Zeitungsinterview sagten Sie vor einigen Jahren, bei der Mode solle jeder Charakterzug eines Menschen zur Geltung kommen. Was bedeutet das zum Beispiel für eine extrovertierte Person – dass sie schrille Kleider tragen sollte, damit sie um jeden Preis auffällt?

Diese Aussage war rückblickend etwas hochgegriffen (lacht), aber es stimmt schon: Ein extrovertierter Mensch, wie ich es bin, sollte sich in der Kleidung bewegen können, damit er wild gestikulieren und herumrennen kann. Ein schüchterner Mensch hingegen sollte sich eher schützen.

Die Blazer, Mäntel und Röcke in Ihrer Boutique sind nicht gerade günstig – und dennoch werden Sie in diesen wirtschaftlich kritischen Zeiten einen zweiten Laden eröffnen. Ziemlich mutig.

Ich habe auch eine «Billig-Linie» im Angebot, bei der ein Blazer 200 bis 300 Franken kostet. Bei der teuersten Schiene kostet ein Kittel bis zu 1500 Franken. Egal, was jemand kaufen möchte – bei mir wird jede Kundin persönlich beraten. Wenn eine Kundin hier ist, gibt es in diesem Moment nichts Wichtigeres für mich. Ich will wissen, welche Funktion sie hat, welcher Typ sie ist, wozu sie die Kleider braucht. Verkauf hat viel mit Psychologie zu tun. In einem Warenhaus wäre es unmöglich, sich so viel Zeit zu nehmen. Diese Beratung schätzen meine Kundinnen, darum kommen sie.

Eigentlich sind Sie Arztgehilfin, doch bereits als Jugendliche haben Sie gestrickt – und prompt wurden Ihre Pullover von Yvonne Fiechter entdeckt. Wäre die Basler Designerin auch auf Sie zugekommen, wenn Fred Spillmann nicht Ihr Onkel gewesen wäre?

Ich denke schon, denn diese Entdeckung hatte mit Freddy wenig zu tun. Ich war damals ein Teenager und habe am Markt selbst gemachte Marionetten verkauft, um mein Taschengeld zu verdienen. Am Stand neben mir bot ein Händler Garn an, so kam ich zum Stricken. Yvonne kam am Markt vorbei und sah meine Ware. Sie gefiel ihr, also bat sie mich, Pullover nach ihren Vorstellungen zu stricken. Es war ein Geschäft für mich.

Damals lebte Ihr Onkel noch. Wie sehr hat er Sie beim Designen Ihrer Strickware beeinflusst?

Gar nicht. Ich lief als Model an seinen Modeschauen, mit meinem eigenen Geschäft hatte das aber nichts zu tun.

Sie wären also auch als Frau Müller erfolgreich gewesen?

Ob ich Müller oder Spillmann heisse, spielt keine grosse Rolle – glaube ich jedenfalls. Man muss in dieser Branche einfach durchhalten können und sein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Ich begann ganz unten, ging an Messen, an denen mich niemand kannte. Ich war eine Klinkenputzerin.

Als Sie Anfang der Siebzigerjahre mit dem Stricken begannen, liefen Gleichaltrige als Hippies herum. Da war Stricken bestimmt eine fürchterlich biedere Angelegenheit.

(Lacht) Wahnsinnig bieder war das! Aber ich habe ja nicht einfach normale Pullis gestrickt, sondern Materialien wie Leder hereingeflochten oder knallige Farben verwendet. Wichtig war, dass sich meine Kleider von der Ware auf dem restlichen Kleidermarkt abhoben. Und dafür gab es Kundinnen.

Ein Blick in die Läden in Basel erweckt den Eindruck, Strickware sei jetzt wieder topmodern.

Und ob! Strickjacken in allen Variationen sind diesen Winter total in.

Ihre Grossmutter trug nur rote Kleider, Ihr Onkel war mit seinen Perücken und Riesensonnenbrillen ein Gesamtkunstwerk – sind auch Sie ein wenig verrückt?

Ja! Ich bin verrückt! Ich bin eine Frau und ein Mann in einem. Ich will aus­serdem immer das Extreme, will alles wissen – und bekomme darum auch häufig auf den Deckel. Was den Mann in mir angeht, habe ich durch viele Erlebnisse gelernt, die männliche Seite in mir zu wecken. Bis zu einem gewissem Punkt kann ich nachempfinden, was Männer fühlen. Anderseits bin ich eine Frau und weiss die Vorteile, die das Frausein mit sich bringt, richtig zu nutzen. Was ich sagen möchte: Ich lege mich nie auf ein Schema fest, bin Mutter, Sängerin und harte Businessfrau. Das macht wahrscheinlich meine Verrücktheit aus. Und das macht mich interessant.

Wobei Sie früher auch hie und da ausgeflippt daherkamen, oder?

Früher, aber heute bin ich nicht mehr das Enfant terrible, das sich schmücken muss. Das habe ich hinter mir. Seit einigen Jahren finde ich es spannend, zu merken, was in Basel alles bewegt werden kann. Ich bin überzeugt, dass Basel noch viel mehr hergäbe. Doch leider gibt es hier mehr Unterlasser als Unternehmer.

Sie haben eben verschiedene Themen angesprochen, die mit Mode nichts zu tun haben. Bereits im Vorgespräch haben Sie gesagt, Sie wollten dann nicht nur über Mode sprechen. Also, lassen Sie uns über etwas anderes reden.

Da liegen mir natürlich meine vier Kinder am nächsten.

Über diese weiss man wenig, so ist etwa vielen Leuten nicht bekannt, dass der Fussballer Timm Klose vom 1. FC Nürnberg Ihr Sohn ist …

… wir beginnen mal mit dem ältesten Sohn, denn alle reden immer nur über Timm. Manuel ist jetzt 31 Jahre alt und hat Wirtschaft studiert. Vor einem Jahr hat er von null auf ein eigenes Unternehmen gegründet, genauso wie ich es damals mit dem Stricken gemacht habe. Das war wie eine Erleuchtung für mich, ich finde es sehr mutig von ihm. Und: Das Geschäft läuft.

Dann kommt eine Tochter.

Ja, Lea ist 28 Jahre alt und lief früher oft Modeschauen für mich. Dann kam eine Zeit, da sagte sie: «Mit Mode will ich nichts zu tun haben.» Inzwischen ist sie Psychologin und wir unterhalten uns oft über das Verkaufen, das ja wie gesagt viel mit Psychologie zu tun hat. Und: Sie tritt ab und zu wieder als Model an meinen Modeschauen auf, weil sie nicht mehr das Gefühl hat, nur auf das Äussere reduziert zu werden.

Jetzt kommen wir zu den Zwillingen – und somit auch zu Timm.

Timms Schwester Zoé arbeitet im Werbe- und Marketingbereich und hat einmal hier im Laden gearbeitet. Sie ist die Klare, Strukturierte der Familie. Das ist toll für mich und mein Geschäft, da ich selber ein Chaot bin. Ich mag mich nicht mit Lieferscheinen und dergleichen herumschlagen, meine Tochter hingegen hat es in nur einem Jahr hinbekommen, dass hier jeder weiss, was er zu tun hat.

Nun also zu Timm, dem Profifussballer.

Timm spielte zuerst bei den Old Boys, dann beim FC Thun – und jetzt eben beim 1. FC Nürnberg in der Bundesliga. Dort gab es zuerst einen Riesen­hype um ihn, bis er verletzt wurde. Dann wurde es ruhiger.

Mit seinen 24 Jahren ist er auch kein Jüngling mehr für einen Fussballer, sondern gehört schon zum alten Eisen, sozusagen.

Das ist wirklich schon recht alt, ja. Aber durch diese Erfahrung und die Jahre im Sportgeschäft hat er nun seinen Platz gefunden. Teilweise war es schwierig, mit den Medien in Deutschland klarzukommen. Jede Bewegung wird dort sofort in die Zeitung geschrieben – und oft wird ein Star von einen Moment auf den anderen zerrissen. Timm ist ein hochsensibles Rennpferdchen, das ist nicht einfach in diesem Geschäft.

Das klingt ganz danach, als würden Ihr Mann und Sie ein Spiel der Bundesliga im Fernseher einem FCB-Match im Joggeli vorziehen.

Wenn unser Sohn spielt, schauen wir natürlich Bundesliga. Der FCB ist für mich so lange zweitrangig, bis Timm dort spielt. Ich hoffe sehr, dass das eines Tages der Fall sein wird. Und er hofft das natürlich auch. Wir sind beide grosse FCB-Fans.

Das muss man in Basel ja fast sein. Genauso, wie ein echter Basler Fasnacht machen sollte. Sie haben allerdings erst mit 50 Jahren angefangen, Piccolo zu spielen. Können Sie es inzwischen?

Ja, sehr gut sogar. Aber der Weg war hart. Ich musste ständig in der Sauna üben, damit sich meine Familie die schrägen Töne nicht anhören musste.

Als leidenschaftliche Sängerin hätten Sie sich eher ein Instrument aussuchen müssen, zu dem Sie auch singen können.

Wenn ich mit meiner Band Timeless in Lokalen in der Region auftrete, konzentriere ich mich voll und ganz auf das Singen. Es ist für mich die absolute Ausdrucksweise, da kann man mir nicht noch etwas in die Hand drücken.

Sie sagten, in Basel gebe es mehr Unterlasser als Unternehmer. Wie meinen Sie das?

Wir haben sehr viele Leute hier, die Geld in Institutionen stecken. Oft weiss die Öffentlichkeit aber nicht, wer das Geld gespendet oder zur Verfügung gestellt hat. Ich fände es gut, wenn diese Leute hinstehen und zu ihrem Engagement stehen würden. In Basel ist es aber normal, dass man sich versteckt. Wenn jemand schon etwas Gutes tut, sollte er doch auch dafür einstehen können. Verantwortung zu übernehmen ist nicht so üblich in Basel, auch im Schlechten nicht.

Nennen Sie ein Beispiel.

Damals beispielsweise, als das Projekt des Architekten Calatrava für eine neue Wettsteinbrücke abgeschmettert wurde, weil es zu teuer geworden wäre. Dabei wäre sein Modell so schön gewesen! Ich glaube, viele Basler bedauern die Entscheidung heute noch. Schliesslich sind jetzt – über 20 Jahre später – immer noch viele unzufrieden mit der Brücke. Sie ist laut und nicht gerade ein Schmuckstück. Was das Engagement von Mäzenen betrifft, so werden Leute wie Gigi Oeri kritisiert, weil sie öffentlich zu ihrem Engagement stehen. Das ist schade.

Was läuft sonst schief in Basel?

Es gibt hier wenig Grosszügigkeit. Bei jeder kleinen Veranstaltung fühlen sich die Leute sofort durch den Lärm belästigt. Das kann ich nicht nachvollziehen. Der öffentliche Raum muss doch mehr genutzt werden – von allen, die hier leben. Auch finde ich, dass die Stadt für junge Leute nicht genug attraktiv ist. Wir müssen unbedingt mehr Networking-Plattformen für Junge schaffen. In Zürich gibt es jede Woche irgendwelche Veranstaltungen für Junge. Dort scheut man keinen Aufwand. In Basel ist man diesbezüglich ein bisschen faul.

Sie haben eine Plattform im Modebereich für Junge geschaffen.

Ich habe Anfang Jahr das Projekt «Habit» ins Leben gerufen. Ich biete jungen Designern an, Modeschauen zu machen und ihre Kollektionen bei mir im Laden zu verkaufen. Es gibt sehr viele gute Modemacher in Basel, die aber keine Chance haben. Das ist schade. Denn diese Leute gehen meistens ins Ausland oder beenden ihre Karriere und arbeiten für andere Designer, statt selber ein Geschäft oder ein Label aufzuziehen. Man muss diese Menschen mehr fördern in Basel. Deshalb will ich künftig weniger als Designerin wahrgenommen werden, sondern mehr als Mäzenin und Förderin.

Sie können sich das wahrscheinlich auch leisten. Wie viel verdienen Sie eigentlich im Monat?

Der Umsatz meiner Boutique steigt seit der Eröffnung vor elf Jahren jährlich. Ich verdiene so viel, dass ich meine Angestellten anständig entlöhnen kann, mir ein Haus am Bundesplatz und ein Auto leisten kann. Ich führe jedoch kein wahnsinniges Luxusleben.

Ein Blick in die Läden in Basel erweckt den Eindruck, Strickware seien jetzt wieder topmodern.

Und ob! Strickjacken in allen Variationen sind diesen Winter total in.

Ihre Grossmutter trug nur rote Kleider, ihr Onkel war mit seinen Perücken und Riesensonnenbrillen ein Gesamtkunstwerk – sind auch Sie ein wenig verrückt?

Ja! Ich bin verrückt! Ich bin eine Frau und ein Mann in einem. Ich will ausserdem immer das Extreme, will alles wissen – und bekomme darum auch häufig auf den Deckel. Was den Mann in mir angeht, habe ich durch viele Erlebnisse gelernt, die männliche Seite in mir heraufzuholen. Bis zu einem gewissem Punkt kann ich nachempfinden, was Männer fühlen. Anderseits bin ich eine richtige Frau und weiss die Vorteile, die das Frausein mit sich bringt, richtig zu nutzen. Was ich sagen möchte: Ich lege mich nie auf ein Schema fest, bin Mutter, Sängerin und harte Buisnessfrau. Das macht wahrscheinlich meine Verrücktheit aus. Und das macht mich interessant.

Wobei Sie früher auch hie und da ausgeflippt daherkamen, oder?

Früher, aber heute bin ich nicht mehr das enfant terrible, das sich Schmücken muss. Das habe ich hinter mir. Seit einigen Jahren finde ich es spannend, zu merken, was in Basel alles bewegt werden kann. Ich bin überzeugt, dass Basel noch viel mehr hergäbe. Doch leider gibt es hier mehr Unterlasser als Unternehmer.

Sie haben eben verschiedene Themen angesprochen, die mit Mode nichts zu tun haben. Bereits im Vorgespräch haben Sie gesagt, Sie wollten dann nicht nur über Mode sprechen. Also, lassen Sie uns über etwas anderes reden.

Da liegen mir natürlich meine Kinder am nächsten…

…über diese weiss man wenig, so ist etwa vielen Leuten nicht bekannt, dass der Fussballer Timm Klose vom 1. FC Nürnberg Ihr Sohn ist…

…wir beginnen mal mit dem ältesten Sohn, denn alle reden immer nur über Timm. Manuel ist jetzt 31 Jahre alt und hat Wirtschaft studiert. Vor einem Jahr hat er von Null auf ein eigenes Unternehmen gegründet, genauso, wie ich es damals mit dem Strick gemacht habe. Das war wie eine Erleuchtung für mich, ich finde es sehr mutig von ihm. Und: Das Geschäft läuft.

Dann kommt eine Tochter.

Ja, Lea ist 28 Jahre alt und lief früher oft Modeschauen für mich. Dann kam eine Zeit, da sagte sie: «Mit Mode will ich nichts zu tun haben.» Inzwischen ist sie Psychologin und wir unterhalten uns oft über das Verkaufen, das ja wie gesagt viel mit Psychologie zu tun hat. Und: Sie tritt ab und zu wieder als Model an meinen Modeschauen auf, weil sie nicht mehr das Gefühl hat, nur aufs Äussere reduziert zu werden.

Jetzt kommen wir zu den Zwillingen – und somit auch zu Timm.

Timms Schwester Zoé arbeitet im Werbe- und Marketingbereich und hat einmal hier im Laden gearbeitet. Sie ist die Klare, Strukturierte der Familie. Das ist toll für mich und mein Geschäft, da ich selber ein Chaot bin. Ich mag mich nicht mit Lieferscheinen und dergleichen herumschlagen, meine Tochter hingegen hat es in nur einem Jahr hinbekommen, dass hier jeder weiss, was er zu tun hat.

Nun also zu Timm, dem Fussballer.

Timm spielte zuerst bei Old Boys, dann beim FC Thun – und jetzt eben beim 1. FC Nürnberg in der Bundesliga. Dort gabs zuerst einen Riesenhype um ihn, bis er verletzt wurde. Dann wurde es ruhiger.

Mit seinen 24 Jahren ist er auch kein Jüngling mehr für einen Fussballer, sondern gehört schon zum alten Eisen, sozusagen.

Das ist wirklich schon recht alt, ja. Aber durch diese Erfahrung, die Jahre im Geschäft hat er nun seinen Platz gefunden. Teilweise war es schwierig, mit den Medien in Deutschland klarzukommen. Jede Bewegung wird dort sofort in die Zeitung geschrieben – und oft wird ein Star vom einen Moment auf den anderen zerissen. Timm ist ein sensibles Rennpferdchen, das ist nicht einfach in diesem Geschäft.

Das klingt ganz danach, als würden sie ein Spiel der Bundesliga im Fernseher einem FCB-Match im Joggeli vorziehen.

Wenn mein Sohn spielt, schaue ich natürlich Bundesliga. Der FCB ist für mich solange zweitrangig, bis Timm dort spielt. Ich hoffe sehr, dass das eines Tages der Fall sein wird. Und er hofft das natürlich auch. Wir sind beide grosse FCB-Fans.

Das muss man in Basel ja fast sein. Genauso, wie ein echter Basler Fasnacht machen sollte. Sie haben allerdings erst mit 50 Jahren angefangen, Piccolo zu spielen. Können Sie es inzwischen?

Ja, sehr gut sogar. Aber der Weg war hart. Ich musste ständig in der Sauna üben, damit sich meine Familie die schrägen Töne nicht anhören musste.

Als leidenschaftliche Sängerin hätten Sie sich eher ein Instrument aussuchen müssen, zu dem Sie auch singen können.

Wenn ich mit meiner Band «Timeless» in Lokalen in der Region auftrete, konzentriere ich mich voll und ganz auf das Singen. Es ist für mich die absolute Ausdrucksweise, da kann man mir nicht noch etwas in die Hand drücken.

Sie erwähnten, in Basel gäbe es mehr Unterlasser als Unternehmer. Wie meinen Sie das?

Wir haben sehr viele Leute hier, die Geld in Institutionen stecken. Oft weiss die Öffentlichkeit aber nicht, wer das Geld gespendet oder zur Verfügung gestellt hat. Ich fände es gut, wenn diese Leute hinstehen und zu ihrem Engagement stehen würden. In Basel ist es aber normal, dass man sich versteckt. Wenn man schon etwas Gutes tut, sollte man doch auch dafür einstehen können. Verantwortung zu übernehmen ist nicht so üblich in Basel, auch im Schlechten nicht.

Nennen Sie ein Beispiel.

Beispielsweise die Cosco-Affäre um Christoph Eymann. Er ist ein guter Freund von mir – und ich werde ihn auch wieder wählen. Aber viel zu spät hat er sich hingestellt und gesagt, was es mit dieser Geschichte wirklich auf sich hat. Politiker reden häufig nur um Dinge herum, statt die Bevölkerung – und somit die Wähler – aufklären. Umgekehrt bekommen Leute wie Gigi Oeri auf den Deckel, weil sie öffentlich zu ihrem Engagement stehen.

Was läuft sonst noch schief in Basel?

Es gibt hier wenig Grosszügigkeit statt. Bei jeder kleiner Veranstaltung fühlen sich die Leute sofort durch den Lärm belästigt. Das kann ich nicht nachvollziehen. Der öffentliche Raum muss doch mehr genutzt werden – von allen, die hier leben. Auch finde ich, dass die Stadt für junge Leute nicht genug attraktiv ist. Wir müssen unbedingt mehr Networking-Plattformen für Junge schaffen. In Zürich gibt es jede Woche irgendwelche Veranstaltungen für Junge. Dort scheut man keinen Aufwand. In Basel ist man diesbezüglich ein bisschen faul.

Sie haben eine Plattform im Modebereich für Junge geschaffen.

Ich habe Anfang Jahr das Projekt «Habit» ins Leben gerufen. Ich biete jungen Designern an, Modeschauen zu machen und ihre Kollektionen bei mir im Laden zu verkaufen. Es gibt sehr viele gute Modemacher in Basel, die aber keine Chance haben. Das ist schade. Denn diese Leute gehen meistens ins Ausland oder beenden ihre Karriere und arbeiten für andere Designer, statt selber ein geschäft oder ein Label aufzuziehen. Man muss diese Menschen mehr fördern in Basel. Deshalb will ich künftig weniger als Designerin wahrgenommen werden, sondern mehr als Mäzenin und Förderin.

Sie können sich das wahrscheinlich auch leisten. Wieviel verdienen Sie eigentlich im Monat?

Der Umsatz meiner Boutique steigt seit der Eröffnung vor elf Jahren jährlich. Ich verdiene so viel, dass ich meine Angestellten anständig entlöhnen kann, mir ein Haus am Bundesplatz und ein Auto leisten kann. Ich führe jedoch kein wahnsinniges Luxusleben.

 

Vierfache Mutter und Businessfrau: Daniela Spillmann ist in gutbürgerlichem Haus aufgewachsen, hatte jedoch schon als Kind Menschen um sich herum, die nicht in die bürgerliche Gesellschaft passten: Ihr 1986 verstorbener Onkel Fred Spillmann kleidete als Couturier Stars wie Grace Kelly ein – und liess an Modeschauen seine Nichte laufen. Als Teenager begann auch sie sich für Mode zu begeistern und machte sich mit Strickware einen Namen. Daneben übte sie eine Weile einen «normalen» Beruf als Zahnarztgehilfin aus und hängte diesen an den Nagel, als ihr erstes Kind zur Welt kam. Nach einigen Jahren Ehe und zwei Kindern mit einem Journalisten verliebte sie sich in den deutschen Sportwissenschaftler Norbert Klose – heiratete ihn und bekam erneut zwei Kinder. Doch irgendwie fehlte ihr etwas als Ausgleich – so fing Daniela Spillmann neben dem Fami­lienengagement an, sich vollberuflich der Mode zu widmen. Das erste Geschäft eröffnete sie 1991. Das zweite folgt 2013. Dann eröffnet sie die Boutique «Baum» neu.

 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28.09.12

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