Letzten Herbst wurde er aus dem Nationalrat abgewählt, jetzt hört Daniel Stolz auch als Präsident der FDP Basel-Stadt auf. Ein Gespräch über den Abschied aus der Politik, über Schmerz und die Schwäche der SVP.
Herr Stolz, ist das nicht traurig, dass wir wahrscheinlich das letzte Mal miteinander telefonieren?
(Lacht) Ich hoffe, dass wir beide das ohne Care-Team-Intervention überstehen.
Haben Sie keine Angst vor der Leere nach der Politik?
Das wäre übertrieben zu sagen. Ich mache ja jetzt nicht nichts mehr. Aber es ist auch klar, dass eine intensive Zeit vorüber ist: Seit ich 17 Jahre alt bin, betreibe ich aktiv Politik. Ich habe jetzt eine Weiterbildung in Organisationsentwicklung angefangen. Das wird helfen.
Und jetzt ist endgültig Schluss?
Wenn ich etwas gelernt habe, dann, dass vieles anders kommt, als man denkt – und als man will. Man sollte nie etwas ausschliessen.
Sind Sie auch erleichtert, nicht mehr derart unter Druck zu stehen?
Nein, gar nicht. Ich habe gern Politik gemacht.
«Entscheiden zu können – das fehlt mir.»
Was wird Ihnen fehlen?
Sicher, dass ich die Zukunft unseres Kantons und der Schweiz mitgestalten konnte. Ich habe gerne mitdiskutiert. Die unterschiedlichsten Probleme anschauen, sie verstehen, eine Meinung dazu zu entwickeln und zu entscheiden – das fehlt mir schon jetzt.
Jetzt sind Sie nur noch ein gewöhnlicher Bürger unter vielen.
Ich habe jetzt nicht das Gefühl, dass ich nichts mehr wert bin. Aber mitentscheiden zu können, war schon eine tolle Sache.
Was wird Ihnen sicher nicht fehlen?
Der Stress – ohne jetzt selbstmitleidig wirken zu wollen. Ich war sehr viel unterwegs, hatte kaum einmal ein freies Wochenende. Als Milizparlamentarier, der seine Aufgabe ernst nimmt, ist die Belastung sehr, sehr hoch. Ich lebe jetzt sicher gesünder.
Politiker sind nicht immer vor Eitelkeit gefeit. Woran sollen sich die Menschen erinnern, wenn sie an den Politiker Daniel Stolz denken?
Dass ich mich konsequent für ein liberales Weltbild eingesetzt habe.
«Habe ich grosse Fehler begangen? Aus meiner Sicht nicht.»
Schmerzt die Abwahl noch?
Natürlich tut das noch weh. Das Gegenteil zu behaupten, wäre nicht ehrlich. Ich habe eine dicke Haut und habe so manches weggesteckt in meinem Leben, aber wenn einem das nichts ausmacht, stellt sich schon die Frage, ob man wirklich mit Überzeugung Politiker war.
Hadern Sie manchmal mit sich selbst, nicht alles gemacht zu haben für eine Wiederwahl?
Habe ich grosse Fehler begangen? Aus meiner Sicht nicht. Ich habe mich weder in der kantonalen noch in der nationalen Politik verborgen. Ich habe gemacht, was meinen Überzeugungen entsprach, ob mir das nützte oder schadete, war mir gleichgültig. Ich glaube, ich habe einen intensiven, modernen Wahlkampf bestritten. Mir hat meine Abwahl gezeigt, dass Wahlkämpfe in ihrer Wirkung begrenzt sind.
Sie wurden von Christoph Eymann geschlagen, von einem Verbündeten. Tut das besonders weh?
Das ist normal so. Schon innerhalb einer Partei sind die Weggefährten die grössten Konkurrenten. Das gehört zum Spiel, mit dem muss jeder umgehen können, der mitspielt.
«Welche Antwort erwarten Sie vom FDP-Präsidenten?»
Wie gut aufgestellt ist die FDP nach der schweren Niederlage letzten Herbst?
Wir haben die meisten Wahlen unter meinem Präsidium gewonnen. Wir haben gewonnen, als die nationale Partei verlor, nun war es halt umgekehrt. Aber als liberaler Block konnten wir auch letzten Herbst zulegen. Die Verluste der FDP lassen sich leicht erklären: Viele Liberale wollten Christoph Eymann nach Bern schicken und haben deshalb die LDP-Liste eingeworfen. Alles andere war sekundär. Das war eine einmalige Sache, bei den kantonalen Wahlen ist die Situation ganz anders.
Wer wird die Nase vorne haben im Oktober: LDP oder FDP?
Welche Antwort erwarten Sie vom FDP-Präsidenten?
Braucht es denn noch beide Parteien?
Ich fand immer, es wäre gut, beide Parteien zusammenzulegen. Ob das heute noch so ist, weiss ich aber nicht. Bei der letzten Debatte hat ja die LDP klar Nein zu einer Fusion gesagt und das habe ich immer respektiert.
«Ich verstehe nicht, wieso sich die Kandidaten der SVP gegenseitig attackieren.»
Ob die Bürgerlichen die Regierungsmehrheit erringen können, hängt auch vom Auftreten der SVP ab. Die rechten Kollegen veranstalten bislang ein ziemlich chaotisches Kandidatenkarussell.
Ich verstehe, wenn eine Partei demonstrieren will, dass sie eine breite Auswahl an tauglichen Kandidaten hat. Was ich nicht verstehe, und was ich bei uns immer verhindert habe, ist, dass man sich gegenseitig attackiert. Das ist ein Zeichen von Schwäche.
Die SVP hat mit der deutlichen Abfuhr bei der Durchsetzungsinitiative auch national nicht ihre beste Zeit. Wurde damit aus liberaler Sicht eine Trendwende eingeläutet?
Dagegen hätte ich gar nichts. Aber wir müssen aufpassen, dass wir einzelne Entscheide nicht überbewerten. Die Diskussionen um die Migrationspolitik oder das Verhältnis zur EU werden sehr heftig weitergehen. Einmal wird diese Seite gewinnen, dann wieder die andere.