Herausgefordert im 2013: SP-Landrat Daniel Münger glaubt, dass in Sachen Lohndumping in diesem Jahr ein Umdenken stattgefunden hat. Für ihn ist aber klar: Auch 2013 gilt es, den Bauherren genau auf die Finger zu schauen, denn «Lohndumping ist wie Steuerhinterziehung, das verschwindet nie».
Letztes Jahr sorgten immer wieder Fälle von Lohndumping für Schlagzeilen. Die TagesWoche berichtete über mutmassliches Lohndumping beim Tennis-Turnier Swiss Indoors und auf der Messebaustelle. SP-Landrat Daniel Münger reichte nicht nur im Landrat einen Vorstoss ein, der von der Messe forderte, Verantwortung zu übernehmen. Als Präsident der Zentralen Paritätischen Kommission (ZPK) erfährt er auch tagtäglich von Verstössen gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen.
Anfang Jahr sorgten Fälle von Lohndumping für Schlagzeilen, Ende Jahr genauso. Hat sich überhaupt etwas verändert?
Ja. Lohndumping wird jetzt endlich in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Es hat ein Umdenken stattgefunden. Politisch gibt es jetzt einen breiten Konsens, dass wir Regulatorien brauchen. Rechtssicherheit ist nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für die Wirtschaft wichtig. Vor allem braucht es aber eine Solidarhaftung, dass Generalunternehmen für Subunternehmen haften.
Was hat zu diesem Umdenken geführt?
Die zahlreich aufgedeckten Fälle von Lohndumping zeigten auf, dass wir griffige Bestimmungen brauchen, wenn die Politik nicht riskieren will, dass die bilateralen Verträge in der Bevölkerung an Boden verlieren.
In unseren Kommentarspalten, aber auch in den sozialen Medien verschafften viele ihrem Ärger Luft.
Ja, Lohndumping bewegt die Menschen, weil es so ungerecht ist. Dies hat mit dazu beigetragen, dass in den Kreisen der Entscheidungsträgern ein Umdenken stattfand. Vor drei Jahren empfand ich es noch als mühsam, mit Unternehmern über einen Gesamtarbeitsvertrag zu verhandeln. Das sei doch ein Uraltwerk, altbacken und entspreche nicht mehr der heutigen Zeit, musste ich mir mehrfach anhören. Das ist jetzt vorbei.
Bauherren wie die Messe und Genralunternehmer betonten bis vor kurzem immer, sie seien zwar auch strikt gegen Lohndumping, könnten aber kaum etwas dagegen ausrichten.
Das ist vielleicht der grösste Erfolg meines Postulats, das ich im Landrat eingereicht habe und von der Messe verlangte, Verantwortung zu übernehmen. Die Messe hat jetzt endlich vorgemacht, dass man bei Lohndumpingfällen als Bauherr Verantwortung übernehmen muss, selbst wenn man nicht alles direkt beeinflussen kann. Man kann doch nicht so blauäugig sein und meinen, man könne sich sämtlicher Verantwortung entziehen, nur weil man einen Generalunternehmer mit einem Bau beauftragt habe.
Messe-CEO René Kamm sagte in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen, ihr Postulat sei absoluter Blödsinn, reine Polemik, politisches Geplänkel.
Wenn das politisches Geplänkel ist, dann mache ich das gerne. Und Herrn Kamm rufe ich gerne zu: «Herzlich willkommen in der Wirklichkeit.» Sein Chef sieht ja das zum Glück auch ganz anders.
Die Messe will jetzt Hand bieten für unbürokratische Direktzahlung an Bauarbeiter, die um ihren Lohn betrogen wurden. Ist damit das Lohndumping-Problem jetzt gelöst?
Nein. Lohndumping ist wie Steuerhinterziehung. Das verschwindet nie. Man muss immer dran bleiben und kontrollieren.
Im Grossen Rat haben Grüne und SP Vorstösse eingereicht und fordern, Subunternehmerketten zu beschränken oder dass selbst bei staatlichen Minderheitsbeteiligungen das Vergabegesetzt angewendet werden muss. Sind das gute Ideen?
Sie regen zumindest die Diskussionen an. Mir gefällt die vom Nationalrat beschlossene Solidarhaftung aber besser. Denn mit einem verschärften Vergabegesetz kann man zwar die staatlichen Baustellen besser schützen, um aber die flankierenden Massnahmen umzusetzen, müssen vor allem auch in der Privatwirtschaft die Bestimmungen eingehalten werden.
Ausgerechnet auf der Vorzeige Baustelle der Messe und beim Aufbau des renommierten Tennisturniers Swiss-Indoors stiessen Kontrolleure immer wieder auf Lohndumpingfälle. Bedeutet das umgekehrt, auf ganz gewöhnlichen Baustellen ist es noch viel schlimmer?
Nein, es ist dort weder besser noch schlechter. Allein im Baselbiet arbeiten jeden Tag 400 ausländische Handwerker, Gipser, Maler, Schreiner, Elektriker. 400 so genannt Entsandte. Das ist die Realität. Als Präsident der Zentralen Paritätischen Kommission (ZPK) stelle ich jeden Tag wegen Verstössen Bussen und Konventionalstrafen aus für solche Unternehmen.
Der Nationalrat hat sich für die Einführung einer Solidarhaftung ausgesprochen. Wird sich damit das Problem in Zukunft entschärfen?
Nein, nicht unmittelbar. Aber wenn diese Instrument griffig umgesetzt wird, werden Baufirmen über kurz oder lang wissen, wie man sich in der Schweiz aufführen muss und dass wir Lohndumping genauso wenig tolerieren wie andere arbeitsrechtliche Verstösse oder weitere kriminelle Handlungen.