Der ehemalige Regierungsrat Ueli Vischer ist heute Präsident der MCH Group und des Unirates. Vor der Baselworld 2014 spricht er im Interview über Macht und gemeinnütziges Engagement, die Belebung der «City Lounge» und das Catering der Messe.
Diese Woche findet die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld zum zweiten Mal im neuen Messezentrum statt. Für Ueli Vischer, Verwaltungsratspräsident der MCH Group, zählt die Baselworld zu den wichtigsten Terminen im Jahr. Wir wollten uns mit dem ehemaligen Basler Finanzdirektor über die Kanzlei Vischer als städtische Machtzentrale, die LDP und die Öde auf dem Messeplatz unterhalten. Auf Wunsch von Vischer wurde das Interview schriftlich geführt.
Herr Vischer, wie fühlt es sich an, so viel Macht zu haben?
Sie fragen nach meinen Gefühlen. Die haben jedenfalls mit «Macht» nichts zu tun.
Sie sind Verwaltungsratspräsident der MCH Group und Präsident des Universitätsrates. Das sind doch zwei sehr wichtige Posten in dieser Stadt.
Ich bin in die Führung dieser für unsere Region wichtigen Institutionen gewählt worden. Bei der MCH Group auf Antrag des Verwaltungsrates durch die Generalversammlung, bei der Uni durch die Regierungen der beiden Trägerkantone. Ich engagiere mich sehr gerne in der Leitung dieser beiden für unsere Region wichtigen Institutionen. Und ich bin froh, dass ich meine insbesondere im Regierungsrat gewonnene Erfahrung im Interesse dieser Region nutzbringend einsetzen kann. Und in der Tat, diese Verantwortung will mit Sorgfalt wahrgenommen werden.
Wie kam es dazu, bemühten Sie sich aktiv um diese Posten?
Nein.
Wird das Ihre letzte Amtsperiode als Präsident des MCH Group und des Universitätsrates sein?
Die Wahlperiode bei der MCH Group beträgt ein Jahr. Ich hoffe, die Laufende sei nicht die letzte. Jene der Uni hat erst im Januar begonnen.
«Zur Kultur unserer Kanzlei gehört es, unseren Mitarbeitern zu ermöglichen, sich in gemeinnützigen Institutionen zu engagieren.»
Sie sind auch Partner bei der Kanzlei Vischer, der Machtzentrale dieser Stadt, wie man immer wieder sagt.
Diese Aussage einer «Machtzentrale» scheint ein Selbstläufer zu sein, den jetzt auch Sie aus anderen Medien abgeschrieben haben. Zur Kultur unserer Kanzlei gehört es, unseren Mitarbeitern zu ermöglichen, sich in öffentlichen und gemeinnützigen Institutionen zu engagieren.
Welche wären das?
Eine kleine Auswahl: Kirche, Krebsliga, Kulturwerkstatt Kaserne, Pfadistiftung, GGG, Musikakademie, Karl Barth Stiftung, Barockorchester La Cetra, Regio Basiliensis, Gehörlosenschule, Grosser Rat, und so weiter und so fort. Ich würde das eher als Engagement denn als Macht bezeichnen. Unser Advokaturbüro, in dem ich – als Advokat von Beruf – in der Tat Partner bin, ist eine der führenden Kanzleien der Schweiz mit hervorragenden Juristinnen und Juristen. Die Konkurrenten sind vornehmlich nur in Zürich situiert. Für den Wirtschaftsstandort Basel ist das ein Asset. Eine «Zentrale» gibt es in unserem Büro nicht. Von verschiedener politischer Seite wird zu Recht beklagt, dass Mitarbeiter aus der Wirtschaft sich immer weniger für Aufgaben wie die oben geschilderten zur Verfügung stellen können. Wir versuchen, uns in dieser Beziehung anders zu verhalten. Finden Sie das falsch?
Die Häufung von gewichtigen Mandaten ist bei Angehörigen Ihrer Kanzlei aber schon auffällig: Sie sind Verwaltungsratspräsident der MCH Group und Präsident des Unirates, Andreas Albrecht war bis vor kurzem BKB-Präsident – und Conradin Cramer soll nach Christoph Eymann der nächste Regierungsrat werden.
Offenbar wurden diese Personen von den Wahlgremien jeweils für kompetent gehalten.
Würden Sie eine Kandidatur von Conradin Cramer begrüssen?
Die Liberalen haben auch aktuell – wie immer – qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten, wie zum Beispiel Conradin Cramer. Das gilt auch für die Nachfolge von Regierungsrat Eymann.
Seit zehn Jahren nun sind Sie nicht mehr Regierungsrat. Trauern Sie der Zeit manchmal nach?
Es war eine wirklich sehr interessante und erfüllte Zeit. Wie ich mir schon bei meiner Wahl vorgenommen hatte, blieb ich dann dabei, dass nach zwölf Jahren Schluss sein müsse. Diese Entscheidung finde ich auch heute noch richtig. Auch die Zeit danach war und ist für mich abwechslungsreich und interessant.
Vielleicht werden Sie bald von der Vergangenheit eingeholt: Die Finanzkommission wird auch die Nebeneinkünfte der alt Regierungsräte untersuchen. Sind Sie zuversichtlich, alles richtig deklariert zu haben?
Die Vergangenheit holt mich nicht ein. Sie ist und bleibt Teil meines Lebens.
Was haben Sie gedacht, als Sie vom Fall Carlo Conti gehört hatten?
Dass das eine schwierige Zeit für ihn ist, die ich niemandem, schon gar nicht einem guten Kollegen, wünsche.
Hätte Ihnen so etwas auch passieren können?
Solche Vergleiche kann ich nicht anstellen, weil ich die genauen Umstände zu wenig kenne.
«Es ist nicht Aufgabe der MCH Group, auf dem Messeplatz Flohmärkte und Konzerte zu organisieren.»
Das Messezentrum ist seit einem Jahr offen. Vor Baubeginn hiess es, dass die City Lounge zum belebten Anziehungspunkt werden soll. Das ist bis jetzt ausgeblieben. Der Platz wirkt unbelebt. Weshalb?
Der Messeplatz ist Allmend. Während unserer Messen – angefangen mit der Baselworld 2013, dann etwa mit Art Basel, Ineltec, Holz, Igeho, Swissbau sowie weiteren Grossveranstaltungen wie zum Beispiel der Bâloise Session und der Herbstmesse – präsentierte sich der neue Platz sehr lebendig und auch sehr attraktiv. Dass er auch in den Zeiten ohne Veranstaltung in den Messegebäuden (noch) belebter wird, ist aus unserer Sicht nach wie vor wünschenswert. Wir betrachten es jedoch nicht als unsere Aufgabe, auf dem Platz öffentliche Veranstaltungen wie zum Beispiel einen Flohmarkt oder ein Konzert zu organisieren. Der Platz ist öffentlich und steht allen Interessierten im Rahmen der geltenden Bestimmungen zur Nutzung der Allmend zur Verfügung.
Wann wird sich in Sachen Belebung etwas ändern?
Ich denke schon, dass sich die öffentliche Nutzung des Messeplatzes weiter entwickeln und entfalten wird. Wie lange es dauern wird, kann ich nicht sagen.
Die MCH Group setzt im Gastro-Bereich nur noch auf Käfer Catering. Bei den Gästen stösst dies auf wenig Begeisterung, wie zum Beispiel am Grossratsessen im Januar deutlich zu hören war. Hat sich die MCH Group mit dieser Auswahl nicht Goodwill verspielt?
Der Entscheid für Käfer hat seinerzeit begreiflicherweise auch Kritik nach sich gezogen. Seither, zunehmend im vergangenen Jahr, haben wir aber auch sehr viele positive Rückmeldungen erhalten – nicht zuletzt auch am vergangenen Grossratsessen. Die allermeisten Messeplätze arbeiten mit einem einzigen Caterer zusammen, weil dies die Abstimmung der Angebote auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden vereinfacht.
Und warum Käfer?
Wir haben uns im Rahmen der Ausschreibung des Caterers für Käfer entschieden, weil er fachlich und konzeptionell am meisten überzeugt hatte. Und wir sind nach wie vor der Meinung, den richtigen Entscheid getroffen zu haben. Das in Basel domizilierte Unternehmen arbeitet übrigens bei grossen Messen auch mit anderen Basler Gastrounternehmen zusammen.
Sind Sie noch ein aktiver Parteigänger und fühlen Sie sich der LDP weiterhin verbunden?
Es ist die Partei, für die ich mich seinerzeit entschieden habe und der ich mich natürlich auch heute, nach Beendigung meiner politischen Tätigkeit, verbunden fühle.
Ihrer Partei geht das Personal aus. Es ist typisch für die LDP, dass die guten Leute irgendwann die politische Bühne verlassen und schwierig zu ersetzen sind. So geschehen bei Andreas Albrecht, Andreas Burckhardt und bald auch mal Christoph Eymann. Ein Problem für die Partei?
Mir ist neu, dass das Phänomen, dass Leute «irgendwann die politische Bühne verlassen» ein Spezifikum der LDP wäre. Das ist vielmehr der normale Lauf der Dinge – ich denke, auch in anderen Parteien.
Wir haben vor kurzem mit Peter Facklam gesprochen. Er meinte, den Daig hätte es weggeblasen. Teilen Sie diese Ansicht?
Ich kann mir unter dieser Metapher nichts vorstellen. Insofern kann ich sie auch nicht teilen.
Ist es für Sie ein Fluch oder Segen, ein Vischer zu sein?
Meinen Sie, ob es einen Unterschied mache, ob eine Familie vor ein paar hundert Jahren oder vor einigen Jahrzehnten nach Basel immigriert sei? Die Tradition schöpft unter anderem daraus, dass einige Familien über Generationen präsent waren, das sprechen Sie an. Diesen Faktor sollte man aber nicht verabsolutieren: Traditionelle Familien oder Gemeinschaften sind auch vergangen oder haben an Einfluss verloren, neue Familien kamen und gingen. Insbesondere mit der Entwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg sind ganz andere Entwicklungen, neue Bevölkerungsgruppen, Kulturen und Lebensweisen massgeblich geworden, haben auch in die traditionellen Kreise Einzug gehalten.
Was heisst das für die Zukunft?
Ob in einer oder zwei Generationen die von Ihnen angesprochenen Familiennamen noch präsent sind, hängt in erster Linie von individuellen Verhaltens- und Leistungsausweisen ab, weniger von der Familienzugehörigkeit. Ich bin jedenfalls gerne, der ich bin. Jetzt ist es halt ein Vischer.
Jetzt, wo Sie die Entwicklung aus der Distanz betrachten können: Was stört Sie an der Politik in Basel?
Als ehemaliger Regierungsrat äussere ich mich aus Prinzip nicht öffentlich zur Basler Politik, die grundsätzlich ja erfolgreich ist.