Josef Helfenstein: «Ich will nicht zum Verwalter werden»

Josef Helfenstein hat Anfang September den Direktorenposten am Kunstmuseum Basel von Bernhard Mendes Bürgi übernommen. Heute stellt er sich dem Basler Publikum vor.

Stellt sich der Herausforderung: Kunstmuseums-Direktor Josef Helfenstein.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Josef Helfenstein hat Anfang September den Direktorenposten am Kunstmuseum Basel von Bernhard Mendes Bürgi übernommen. Heute stellt er sich dem Basler Publikum vor.

Heute – am Donnerstag, 15. September, um 18.30 Uhr – stellt Josef Helfenstein, der neue Direktor des Kunstmuseums Basel, sich dem Publikum und beantwortet auch Fragen. Eine Möglichkeit, nachzuprüfen, ob er immer noch dasselbe sagt wie Ende Juni 2015, als er als Nachfolger von Bernhard Mendes Bürgi vorgestellt wurde und wir dieses Interview mit ihm führten.

Herr Helfenstein, Sie haben bei der Menil Collection einen wunderbaren Job, wie Sie selber sagen. Sie hätten es sich dort noch für ein paar Jahre bis zur Pension bequem einrichten können – stattdessen kommen Sie nun nach Basel, um eine in den Worten Guy Morins «Herkulesaufgabe» zu stemmen. Was hat Sie an diesem Job im Kunstmuseum so gereizt?

Die Qualität der Sammlung, die Geschichte des Museums, aber auch der Stadt Basel, die sich am Tor zu Europa befindet. Das Kunstmuseum ist ein top Schweizer Museum, wird aber auch international wahrgenommen. Und ich war immer ein Bewunderer, wegen der Qualität, auch wegen der Personen, die hier gearbeitet haben, in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Ich bin sehr glücklich, dass es so gekommen ist, dass ich nun hier arbeiten darf. So wichtige Entscheidungen kann man nicht erzwingen. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich finde, wenn es einfach so passiert, dann stimmt es. Dazu kommt: Meine Frau ist ebenfalls Schweizerin, und wir haben zwei Söhne, die hier in der Schweiz studieren, und uns ziemlich subtil bearbeitet haben, wir sollen doch zurückkommen.

Der Job, den Sie gerade angenommen haben, wird eine Herausforderung sein. Was glauben Sie, wird die grösste Challenge?

Es wird eine grossartiger Challenge werden. Wenn es keine wäre, dann wäre ich nicht gekommen. Ich will die Herausforderung. Die Substanz ist toll, die Finanzierung ist gut, das Ansehen des Museums ist weltweit grossartig. Die private Philanthropie hier in Basel ist sehr eindrücklich, der humanistische Hintergrund. Und auch, dass, wie kürzlich bekannt wurde, mit der Stiftung Jaques Herzog und Pierre de Meuron eine Zusammenarbeit stattfinden soll, ist wunderbar. Das war nämlich etwas, was ich in den ersten Gesprächen bedauert habe: Ich finde, Fotografie ist ein enorm wichtiger Bestandteil der zeitgenössischen und Gegenwartskunst. Dass man da nun mit einer sehr umfassenden Sammlung wird arbeiten können, das ist für mich ein Riesenplus.

«Ein Museum ohne zeitgenössische, lokale Künstler ist eine traurige Sache.»

Das Kunstmuseum hat ja eine sehr spezielle Tradition gerade in Bezug auf Stiftungen, Leihgaben etc. Wie gut sind Sie mit diesem System vertraut?

Relativ gut, denke ich. Wie gesagt, ich habe das immer bewundert, wie diese Stiftungen mitgeholfen haben, das Museum zu dem zu machen, was es nun ist. Ein Museum, das eine sehr eindrückliche Substanz hat, aber auch visionär war – zum Beispiel mit dem Museum für Gegenwartskunst, welches das Erste seiner Art war in den Achtzigerjahren. Auch das Schaulager ist eine weitere Visualisierung einer grossartigen philanthropischen Leistung. Es gibt keine Stadt dieser Grösse weltweit, die nur in die Nähe von Basel kommt, was das angeht.

Kennen Sie denn die betreffenden Leute – Stifter, Leihgeber – schon?

Nicht alle, einige kannte ich schon vorher, auf die anderen freue ich mich sehr. Ich möchte vor allem auch die Kunstszene Basel wieder kennenlernen. Die Künstler, die hier leben. Das Museum ist ja auch ihr Museum. Ein Museum ohne zeitgenössische, lokale Künstler ist eine traurige Sache. Das ist sehr wichtig, dass auch hier ein Dialog entsteht.

Wo sehen Sie die Rolle des Kunstmuseums in der Region?

Was das Kunstmuseum Basel der Region bieten kann, ist, dass es Weltspitze ist. Eine Charles-Ray-Ausstellung zum Beispiel, das macht hier Sinn. Die Hauptaufgabe des Kunstmuseums Basel ist nicht, sich regional zu definieren, sondern international.

Wie sehen Sie Ihre Rolle im Museum?

Ich fand es schon in meinem jetzigen Job bei der Menil Collection immer sehr wichtig, dass man sehr gute Kontakte zu Künstlern hat. Die Sammlung kann man ja nur so erweitern, denn man hat ja nie das Geld, um die verrückten Kunstmarktpreise zu zahlen. Sondern indem man eben Freundschaften schafft und pflegt, wurde die Sammlung weitergeführt. Hier will ich das auch so handhaben. Und ich möchte wieder verstärkt kuratorisch tätig sein. Das ist für mich lebensentscheidend – ich kann nicht zum Verwalter werden.

Sie haben an der Medienkonferenz erwähnt, dass Sie mit der Universität zusammenarbeiten wollen. Haben Sie auch vor, hier zu dozieren?

Nein. Aber eine Zusammenarbeit: unbedingt. Das war für mich ein wichtiger Grund. Ich habe die Universität, die mit Ralph Ubl in der Findungskommission vertreten war, als sehr offen erfahren. Das gefiel mir auch in Illinois (Helfenstein war dort von 2000–2004 Direktor des Krannert Art Museum, Anm. d. Red.) sehr gut, die sehr enge Verbindung zwischen Universität und musealer Arbeit.

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