Franziska Reinhard ist neue Präsidentin der AIDS-Hilfe beider Basel. Sie ist SP-Grossrätin und Projektleiterin bei AMIE, Betreuung junger Mütter beim Berufseinstieg.
Was hat Sie dazu bewogen sich als Präsidentin der AIDS-Hilfe beider Basel (AHbB) zur Verfügung zu stellen?
Bei meiner Arbeit als Projektleiterin AMIE – Berufseinstieg für junge Mütter – habe ich festgestellt, dass die jungen Frauen, die ich begleite, oft nicht sonderlich gut informiert sind über Prävention von sexuell übertragbare Krankheiten, über HIV und Aids. Mir liegt am Herzen, dass diese wichtige Arbeit durch mein Engagement weiterhin die nötige Unterstützung bekommt.
Doris Fiala, FDP-Nationalrätin, hat als Präsidentin der AIDS-Hilfe Schweiz zuerst 50’000 Franken im Jahr verdient, was zu einem öffentlichen Aufschrei geführt hatte. Nun verdient sie noch 30’000 Franken. Wieviel verdienen Sie als Präsidentin der AHbB?
Nichts. Das Präsidium ist ein Ehrenamt. Es gibt einmal im Jahr ein Nachtessen mit dem Vorstand und dem Team.
Was ist momentan Ihre grösste Sorge betreffend sexuell übertragbare Krankheiten?
Zum einen, dass es immer noch Neuansteckungen gibt – vor allem bei sexuellen Kontakten unter Männern.
Eine weitere Sorge ist, wie man auf die Bedürfnisse von ältere Menschen mit HIV eingehen kann.
Ein Gebiet, auf welchem sicherlich noch einiges getan werden muss, ist auch die Aufklärung und Betreuung von Sexworkerinnen. Oft sind die Migrantinnen unter ihnen schlecht informiert oder sie suchen sich erst sehr spät Hilfe, wenn sie befürchten, sich angesteckt zu haben.
Welche Fortschritte beobachten Sie bezüglich Medikamenten?
Dank guter Behandlungsmethoden nimmt eine HIV-Infektion meistens keinen tödlichen Ausgang. Die Lebenserwartung und die Lebensqualität von Infizierten konnte markant verbessert werden.
Anscheinend gibt es neue Medikamente, die das Risiko einer Ansteckung massiv reduzieren. Finden Sie es in dieser Hinsicht noch zeitgemäss, dass der ungeschützte Geschlechtsverkehr mit dem Partner strafbar ist, wenn einer der beiden HIV hat?
Eine einseitige Schuldzuweisung ist in der Regel sowieso falsch. Normalerweise braucht es für ungeschützten Geschlechtsverkehr immer zwei. Ausnahmen gibt es wie zum Beispiel, wenn Gewalt oder Betrug im Spiel sind. Aus Sicht der Prävention hilft eine Kriminalisierung nicht weiter und ist eher kontraproduktiv. Das Ziel der AHbB ist es, dass möglichst alle Menschen wissen, ob sie positiv sind oder nicht und dementsprechend reagieren können. Die Frage der Medikamente ist wieder eine andere.
Sind für das Jahr 2012 Kampagnen geplant?
Nein, allerdings gibt es ein neues Pilotprojekt, in welchem Männer, die mit Männern Sex haben, beraten werden. Das Projekt läuft neu unter dem Namen «Checkpoint Basel». Projektstandort ist Basel.
Wie fanden Sie die letztjährigen Kampagnen des Bundesamts für Gesundheit zu sexuell übertragbaren Krankheiten «Love Life» (mit TV-Spots, in denen es Leute juckte) und der AIDS-Hilfe Schweiz zu HIV «Gegen Diskriminierung im Arbeitsleben» (mit bekannten Persönlichkeiten)?
Die Kampagnen haben mir gut gefallen. Ich denke sie erfüllen den Zweck voll und ganz aufzurütteln, und die Bevölkerung auf die Themen sexuell übertragbare Krankheiten, HIV und AIDS zu sensibilisieren.
Kandidieren Sie bei den nächsten Grossratswahlen?
Ja.
«Checkpoint Basel» ist eine Beratungsstelle für Männer, die mit Männern Sex haben – ein Angebot der AIDS-Hilfe beider Basel: http://checkpoint-bs.ch Der Checkpoint bietet Schnelltests und Beratung an der Clarastrasse 4 und ist am Dienstag- und Freitagabend zwischen 17 und 21 Uhr geöffnet.