«Kunst ist nicht so simpel wie Propaganda»

Was sagt eigentlich der Künstler des Favela Cafés? Haben wir uns auch gefragt und sind nach Paris gereist, um uns mit Tadashi Kawamata zu unterhalten. Der japanische Künstler will keine Skandale provozieren – ist sich aber zugleich bewusst, dass seine Arbeiten polarisieren. Ein Auszug unseres Gesprächs, das morgen erscheint.

Hat die Debatte und den Trubel um sein Favela Café in Paris mitbekommen: Tadashi Kawamata, der dieser Tage eine Installation in einem Park in der französischen Hauptstadt errichtet. (Bild: Marc Krebs)

Pure Provokation, subversive Systemkritik – oder einfach eine kunstvolle Annäherung an Slum-Architektur? Das wollten wir von Tadashi Kawamata wissen, dem Kreateur des Favela Cafés, und trafen ihn für ein Gespräch in Paris. Der japanische Künstler äussert sich zur Gegen-Favela, zum Polizeieinsatz – und zu seinen Absichten.

Herr Kawamata, von allen Kunstwerken an der Art Basel sorgte Ihres am stärksten für Gesprächsstoff. Stolz und zufrieden?

Spielen Sie auf den Skandal an? Nein. Mir geht es nicht darum, mit meiner Arbeit möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen, und auch nicht darum, reiche Sammler aus – sagen wir China oder dem Mittleren Osten – anzu­sprechen. Mir reicht es, dass eine ­kleine Gruppe Menschen meine Arbeit schätzt. Das zählt für mich.

Sie durften schon früher für die Art Basel Installationen errichten. Jetzt hat sich der Messeplatz mit dem Neubau von Herzog & de Meuron markant verändert. Wollten Sie diesen mit den schlichten Hütten kontrastieren?

Nein. Auch das ist ein Missverständnis. Der Neubau ist massiv und beeindruckend, aber meine Favela-Siedlung ist keine Reaktion darauf, keine Botschaft an die Architekten.

War Ihr Kunstwerk zum Zeitpunkt Ihrer Abreise für Sie ­eigentlich beendet?

Ja, ohne meine Kontrolle ist es nicht mehr mein Werk. Im Betrieb nahm das Café eine neue Funktion ein. Für mich war die Arbeit beendet.

Haben Sie früher schon vergleichbare Reaktionen auf die Favela-Bauten erhalten?

Ja, oft. Vandalismus, Zerstörung, sogar mal ein Feuer. 1992, an der Documenta in Kassel, waren nach drei Monaten einige Hütten völlig zerstört.

Und eine solche Polizei­aktion am Rande einer Ihrer ­Installationen, haben Sie das auch schon einmal erlebt?

Nicht in dieser Aggressivität, nein. In Toronto kam es einmal vor, dass Leute eine Petition lancierten und den Abbau eines Projektes forderten.

Warum?

Die Nachbarn störten sich daran. Es sah fragil aus, sie fürchteten den Einsturz, sahen darin eine Gefahr. Die Meinungen der Leute waren aber auch da geteilt.

Tadashi Kawamata hat sich auch die Szenen vom Polizeieinsatz angeschaut. Was er dazu sagt, hören Sie direkt von ihm:

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