«Man muss der Bevölkerung Zeit geben»

Mario Gattiker hat als neuer Direktor des Bundesamts für Migration einen der härtesten Jobs der Schweiz.

«Solidarität ist die Regel, Widerstand wie in Bettwil die Ausnahme»: Mario Gattiker, neuer Direktor des Bundesamts für Migration. (Bild: Peter Mosimann)

Mario Gattiker hat als neuer Direktor des Bundesamts für Migration einen der härtesten Jobs der Schweiz.

Beständig flirrt der Blick des Direktors zwischen seinen Gesprächspartnern hin und her. Mario Gattiker spricht schnell und viel in diesem ­etwas zu betont nüchternen Sitzungsraum des Bundesamts für Migration (BFM) in Bern Wabern. Er spricht schnell und viel und dennoch hat man das Gefühl, da sei noch mehr, da denke einer mehr, als er sagen möchte. Es gibt ja auch einiges, über das sich der neue Direktor des BFM in diesen Tagen Gedanken machen könnte: Sein Amt steht seit Monaten im Zentrum einer hektischen Debatte über tunesische Flüchtlinge, fehlende Schlafplätze und renitente Aargauer.

 

Seit letztem Sommer sind Sie ­interimistischer Leiter des ­Bundesamts für Migration, seit Januar offiziell Direktor, Herr Gattiker. Zurzeit steht das Asyl-wesen heftig in der Kritik. Wieso plötzlich diese Aufregung?

Asylfragen wurden schon immer ­kontrovers diskutiert. Die aktuelle Diskussion ist in erster Linie dadurch entstanden, dass – nicht zuletzt im Gefolge der Umwälzungen in Nord­afrika – die Zahl der Asylgesuche im letzten Jahr um fast 50 Prozent gestiegen ist und unsere Strukturen nur zum Teil auf diesen Anstieg vorbereitet waren. Ereignisse wie rund um Bettwil, wo es darum ging, eine zusätzliche Asylunterkunft einzurichten, oder die Engpässe in unserem Empfangszentrum in Basel vor Weihnachten wurden sehr kontrovers diskutiert.

Haben Sie Lösungen für diese kontroverse Diskussion?

Der Schlüssel liegt in raschen, aber fairen Asylverfahren. Asylgesuche, bei welchen schnell klar ist, dass die Gesuchstellenden unser Land wieder verlassen müssen, sollten bereits in den Empfangs- und Verfahrenszentren des BFM entschieden werden. Dazu brauchen wir zusätzliche Unterkünfte, etwa von der Armee. Die aktuellen, laufenden Gesetzesrevisionen bein­halten weitere Beschleunigungseffekte. Angesichts der Vielzahl von Anträgen, allein SVP und Grüne haben zusammen mehr als 60 Anträge eingereicht, dürften sich die Gesetzgebungsarbeiten aber in die Länge ziehen.

Haben Sie das Gefühl, wir haben überhaupt ein Asylproblem?

Ja, das Hauptproblem sind die zu langen Verfahren. Namentlich das Beschwerdeverfahren dauert zu lang. Überlagert wird dieses Problem dadurch, dass wir zurzeit relativ viel Asylgesuche haben. Die Unterbringungsstrukturen beim Bund und bei den Kantonen müssen jetzt erhöht werden. Das ergibt eben gewisse Engpässe. Auch hat die Zahl der unerledigten Gesuche innerhalb eines Jahres um 5000 zugenommen. Schliesslich haben wir auch im Bereich der internationalen Zusammenarbeit gewisse Probleme. Rückführungen in die Herkunftsländer sind nicht immer im ­gewünschten Ausmass möglich. So war der Vollzug der Wegweisung im vergangenen Jahr etwa nach Tunesien schwierig, weil uns im Gefolge des «Arabischen Frühlings» vorüber­gehend Partnerbehörden fehlten. Im Dezember habe ich mit Sonderbotschafter Gnesa die Gespräche mit Tunesien wieder aufnehmen können. Ich bin sehr froh, dass die Zusammen­arbeit mit den tunesischen Behörden auch im Hinblick auf Rückführungen von abgewiesenen Asylsuchenden nun wieder besser funktioniert.

Die Schweiz hat es nicht zum ersten Mal mit Asylbewerbern zu tun. Wieso merkt man erst jetzt, dass die Verfahren zu lange dauern?

Die Dauer des Asylverfahrens war schon immer ein Thema. Wir hatten zum Beispiel während der Kosovo-­Krise Mitte der 1990er-Jahre eine ganz ähnliche Debatte: Das damalige Bundesamt für Flüchtlinge sei den Herausforderungen nicht gewachsen, hiess es. Es brauche jetzt einen Sonderdelegierten für den Kosovo. Die Boulevardpresse schrieb von Asylchaos. Es wiederholt sich nicht nur die Situation, es wiederholt sich auch die Debatte.

Grundsätzlich kam das Problem immer wieder hoch. Warum hat man nicht auch grundsätzlich ­etwas geändert?

Man hat das Verfahren schon immer als Problembereich gesehen, weil es zu langsam gewesen sein soll. In all den bisherigen Asylgesetzrevisionen hat man aber an Details geschraubt und zum Beispiel immer neue Gründe ins Gesetz eingeführt, wann auf ein Gesuch nicht einzutreten sei. Im Ergebnis komplizierten diese Revisionen das Verfahren, statt es zu vereinfachen. Mit dem Bericht «Beschleunigungsmassnahmen» vom März 2011 haben wir nun eine fundamentale Neustrukturierung des Asylbereichs vorgeschlagen. Grundidee ist die Zusammenführung aller Beteiligten an einem Asylverfahren: Das Bundesamt, die Vollzugsbehörden der Kantone, die Hilfswerke, Rechtsanwälte und wenn möglich auch die Beschwerdeinstanz sollen die Asylgesuche in Verfahrenszentren behandeln. Die Nähe der beteiligten Akteure wird es erlauben, einen Grossteil der Gesuche wesentlich schneller zu behandeln.

Was heisst schneller?

Das heisst, dass wir das Verfahren bei offensichtlich negativ zu entscheidenden Gesuchen bereits heute innerhalb weniger Wochen abschliessen können. Wir haben zum Beispiel seit dem letzten Herbst viele Gesuche aus Balkanstaaten, zum Teil sogar aus EU-Mitgliedstaaten, welche «safe countries» sind. Diese Asylsuchenden sind grösstenteils Roma. Sie reisen mit ihren biometrischen Pässen quer durch ­Europa und stellen hier ein – oft aussichtsloses – Asylgesuch. Man könnte auch sagen, es handle sich um einen Missbrauch der Visafreiheit. Dank der Zivilschutzanlage in Pratteln konnten wir unsere Empfangs- und Verfahrensstrukturen in Basel erheblich erweitern. Wir haben nun begonnen, diese Verfahren im Sinne eines «Pilots» konsequent in unseren Strukturen durchzuführen. So können wir die Verfahren wesentlich rascher abwickeln, als wenn wir die Asylsuchenden auf die Kantone verteilen müssen.

Sie befürworten eine «Sonder­behandlung» für jene, die mit grosser Wahrscheinlichkeit nur aus wirtschaftlichem Interesse in die Schweiz gekommen sind?

Ja, es muss gelingen, solche Gesuche innert Wochen zu entscheiden und die Personen zurückzuführen. Es betrifft einerseits Asylsuchende aus den erwähnten «safe countries». Andererseits müssen aber auch die sogenannten Dublin-Fälle rasch entschieden und weggewiesen werden. Im Durchschnitt dauert ein Dublin-Verfahren in erster Instanz 67 Tage. Innerhalb eines Jahres haben wir die Verfahrensdauer bei dieser Kategorie halbiert – Voraussetzung ist aber, dass wir das in Bundesstrukturen machen können.

Wie viele Plätze fehlen denn?

Wir hatten im Januar mehr als 2600 Gesuche, im Februar mehr als 2200 Gesuche, und wir haben in unseren Empfangs- und Verfahrenszentren maximal 1600 Plätze. Das bedeutet, dass wir die Leute im Normalfall nur zwanzig Tage in den Bundesstrukturen halten können – also nicht lange genug, um in allen geeigneten Fällen das erstinstanzliche Verfahren durchführen zu können. Bevor also das Gesuch fertig behandelt ist, werden sie an Kantone und Gemeinden gewiesen, was zu einer Verzögerung des Verfahrens führt. Darum brauchen wir weitere Unterkünfte und führten wir in Bettwil, im Turbenthal und an anderen Orten diese schwierigen Diskussionen. Diese Auseinandersetzungen um zusätzliche Unterkünfte lohnen sich und werden sich auszahlen, weil am Schluss alle gewinnen: die Bundesbehörden, weil sie rasch entscheiden können, die Kantone, weil sie durch den Bund entlastet werden, und die Asylsuchenden, weil sie über den Ausgang ihres Verfahrens rasch Bescheid wissen!

Sie haben die Roma erwähnt. ­Warum kommen sie überhaupt?

Die Situation der Roma unterscheidet sich von Land zu Land. Sie leben in ­ihren Ländern teilweise in schwierigen wirtschaftlichen Umständen und ­behaupten oft, dass sie von Behörden und anderen Bevölkerungsgruppen schikaniert und diskriminiert würden. Aber viele profitieren mit biometrischen Pässen von der Reisefreiheit in Europa und erhoffen sich, wenigstens für ein paar Monate, bessere Verhältnisse als zu Hause.

Aber was zieht sie in die Schweiz?

Die Schweiz ist attraktiv, weil die Verfahren hier erstens zu lange dauern. Zweitens haben wir im europäischen Vergleich einen guten Sozialhilfe-standard: Alle Asylsuchenden finden eine Unterkunft und erhalten Lebensmittel. Schliesslich gibt es in der Schweiz auch die Möglichkeit, Rückkehrhilfen und einen finanziellen Beitrag an die Rückreise zu erhalten.

Sind die denn hoch?

Die Kosten für die Rückreise werden übernommen. Hinzu kommt ein Reisegeld von 100 Franken. Sodann wird individuell Rückkehrhilfe gewährt. Wir sind daran, die entsprechenden Bestimmungen zu ändern, um diesen Zuschuss in klaren Missbrauchsfällen auszuschliessen.

Wäre es nicht sinnvoller, dieses Geld einzusetzen, um die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern?

Natürlich! Wir haben eine Migrationspartnerschaft mit Serbien, und wir prüfen zusammen mit den serbischen Behörden solche Projekte. Es ist auch wichtig, dass über die Perspektiven in der Schweiz ein realistisches Bild vermittelt wird, um den Schlepperbanden entgegenzuwirken. Wir bemühen uns in verschiedenen Staaten mit geeigneten Projekten Anreize zu schaffen, damit die Leute im Land bleiben wollen.

Das Asylland Schweiz ist aus verschiedenen Gründen attraktiv. Ist es mit den humanitären Verpflichtungen der Schweiz vereinbar, diese Attraktivität herunterzufahren, nur weil die Zahl der Asylsuchenden jetzt gerade angestiegen ist?

Was wir wollen, sind schnelle und faire Verfahren. Wenn wir die Asylverfahren verkürzen wollen, widerspricht das keinen humanitären Grundsätzen. Bei der Sozialhilfe ist es so, dass wir neben Sachleistungen nur gerade drei Franken Sackgeld pro Tag zur Ver­fügung stellen – das gilt für die Bundeszentren, und in den Kantonen gelten vergleichbare Regelungen.

Viel ist es ja nicht, was sie erhalten. Und da soll man ihnen das Wenige auch noch streichen?

Gemäss unserem Sozialhilfeverständnis sind diese Leute auf dem Minimum. Vergleicht man es aber mit ­anderen europäischen Staaten, dann ist es immer noch viel.

Muss man sich diesen Standards nach unten anpassen?

Unser Grundprinzip, das wir aufrechterhalten wollen, ist die Menschenwürde. Alles andere akzeptiert auch die Bevölkerung nicht. Wir setzen uns dafür ein – und darüber herrscht ein Konsens von links bis rechts –, dass die Asylsuchenden ein Dach über dem Kopf, zu essen und eine medizinische Grundversorgung haben. Zu Recht empören sich die Leute, wenn – wie im Dezember in Basel – Asylsuchende auf der Strasse übernachten müssen.

Vor einem Jahr befürchtete die Schweiz eine «Welle» von Tunesiern. Täuschen wir uns, oder sind gar nicht so viele gekommen?

Es kamen rund 2500 Asylsuchende aus Tunesien, gemäss unseren ursprünglichen Prognosen hätten es noch mehr sein können. Der Grund für den Anstieg der Asylgesuche um fast 50 Prozent im letzten Jahr war aber die Destabilisierung des gesamten arabischen Raums, sodass insbesondere via Libyen weitere Flüchtlinge zum Beispiel aus Eritrea in Richtung Europa aufbrachen. Die Zunahme der Gesuche ist ein europaweiter Trend.

Auch wenn es weniger sind als prognostiziert, stehen vor allem die Tunesier im Fokus. Zu Recht?

Es ist tatsächlich so, dass es sich bei den Tunesiern mehrheitlich um junge Männer handelt, die vor der Perspektivelosigkeit im eigenen Land flüchteten und in der Schweiz mit ihrem Verhalten Probleme machen. Sie kamen mit grossen Erwartungen nach Europa und merkten schnell, dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden – auch weil der Arbeitsmarkt für sie gar nicht geöffnet ist. Im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) Chiasso, das 136 Plätze aufweist, haben wir seit mehreren Monaten eine grössere Zahl von Personen, die gewaltbereit sind, Raufhandel betreiben, übermässig ­Alkohol konsumieren, Zoff machen.

Wären Unterkünfte nur für renitente Asylbewerber eine Option?

Ich halte es für sinnvoll, wenn man diese Möglichkeit zumindest prüft. Wir laufen heute Gefahr, wegen einer verhältnismässig kleinen Zahl von renitenten und straffälligen Asylsuchenden das gesamte Asylwesen repressiv auszugestalten. Das ist weder sachlich gerechtfertigt noch aus Kostengründen sinnvoll. Allein in unseren EVZ haben wir im vergangenen Jahr die Ausgaben für die Sicherheit von 12 auf 21 Millionen Franken gesteigert. Wenn Sie heute das EVZ Chiasso anschauen gehen, dann haben Sie das Gefühl, in einem Gefängnis zu sein. Wir mussten die Kontrollen massiv nach oben fahren. Familien wurden ausquartiert, weil ihr Aufenthalt dort nicht mehr zumutbar war. Unser System sollte sich aber auf Flüchtlinge konzentrieren, auf die Schutzbedürftigen. Nicht auf jene, die deren Ruf beschädigen.

In diesem Zusammenhang ist das Schengen-Abkommen immer ­wieder ein Thema. Soll man die rechtskonservativen Forderungen erfüllen und Schengen künden?

Das würde nichts helfen. Erstens ­würde unsere Wirtschaft durch scharfe Grenzkontrollen massiv behindert, und zweitens haben wir schon vor Schengen nur in sehr begrenztem Masse unsere Grenze kontrollieren können. Schliesslich würden wir mit einer Aufkündigung von Schengen auch die Zugehörigkeit zum Dublin-Abkommen verlieren und damit zu ­einer Insel in Europa werden. Es bestünde das Risiko, dass wir zu einer Zufluchtsstätte für jeden abgewiesenen Asylbewerber in Europa würden. Ich befürchte deshalb, dass die Kün­digung von Schengen/Dublin uns nicht weniger Asylbewerber bringen würde, sondern mehr.

Ein Fakt ist aber, dass Schengen/Dublin bei der Zusammenarbeit mit Italien nicht gut funktioniert.

Die Zusammenarbeit mit Italien funktioniert durchaus, sie könnte aber noch verbessert werden. Allerdings sollte man zunächst die positiven Aspekte des Dublin-Abkommens betrachten. Ich plädiere hier für den Blick auf das mehr als halb volle Glas: Im letzten halben Jahr haben wir jeden Monat etwa 250 Personen nach Italien überstellt, das ist eine hohe Zahl. Von den insgesamt 3620 Überstellungen in den Dublin-Raum im vergangenen Jahr erfolgten etwa 2400 nach Italien. Im Gegenzug haben wir nur 482 Asylbewerber im Zuge von Dublin aus einem anderen Staat überstellt bekommen – das sollte man auch mal sehen.

Im Fokus stehen andere Dinge. Zum Beispiel Bettwil. Ist die Idee einer Asylunterkunft im ­Aargauer Hinterland nun ganz vom Tisch?

Im Fall Bettwil kristallisieren sich all unsere Probleme mit der Nutzung von Armeeunterkünften für Asylsuchende heraus. Diese sind baulicher, rechtlicher, aber auch politischer Art. Insofern würde es uns Bettwil erlauben, im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens gewisse Grundsatzfragen gerichtlich prüfen zu lassen. Nach dem Entscheid des Bundesrates vom vergangenen Freitag muss nun allerdings das VBS Armeeunterküfte bereitstellen.

Sie hätten es also bis zum bitteren Ende durchgezogen?

Wie gesagt, es ist nun am VBS, sich diesen Fragen zu widmen. Aber sehen Sie: Alle wollen schnellere Asylver­fahren. Und dafür brauchen wir zusätzliche Bundesunterkünfte. Natürlich nimmt der Bund die Haltung des Kantons und der Gemeinde ernst. Zu Beginn ist der Widerstand häufig gross, die Erfahrung zeigt aber, dass sich das oft legt, wenn die Asylsuchenden einmal da sind.

Ist es nicht eine Schweizer Kon-stante, dass man sich zwar gern auf die humanitäre Tradition beruft, aber halt lieber im Nachbarsdorf?

Eine solche Tendenz gibt es. Denken Sie aber auch an die vielen anderen, positiven Beispiele. Nehmen Sie ­Pratteln, ein Ort mit fast 40 Prozent ­Ausländern. Auch von den Standortkantonen unserer Empfangs- und Verfah­renszentren in Basel, Vallorbe, Kreuzlingen, Chiasso und Altstätten sind uns immer wieder Unterkünfte zur Verfügung gestellt worden. Posi­tive Beispiele sind auch die Armeeunterkünfte im Kanton Bern, wo wir per 1. April in Meiringen-Hasliberg eine weitere Unterkunft eröffnen werden. Meine Erfahrung ist, dass immer noch Solidarität die Regel, Widerstand wie in Bettwil die Ausnahme ist. Oft durchlaufen Behörden und Bevölkerung einen Prozess, weil sie oft nicht viele Erfahrungen mit der Asylthematik haben. Man muss der Bevölkerung Zeit geben. Das haben wir in Bettwil vielleicht zu wenig berücksichtigt.

Wurde auch Ihr Ehrgeiz gepackt? Wollen Sie in Bettwil ein Exempel statuieren?

Nein. Ich will kein Exempel statuieren, sondern ein Problem lösen. Und das bedeutet, auch Auseinandersetzungen zu führen, gewisse Wider­stände zu überwinden. Ich bin nicht in diesem Amt, um von der ganzen Bevölkerung geliebt zu werden. Und das BFM ist nicht nur für das Asylwesen zuständig, sondern auch für den ganzen Ausländerbereich, die Personenfreizügikeit, die Integration oder das Bürgerrecht. Der Job eines Direktors des BFM ist eine vielfältige und faszinierende Gestaltungsaufgabe, die ich mit Leidenschaft ausübe.

 

Gattiker soll für Stabilität sorgen
Kein Departement hat innerhalb von zehn Jahren derart viele Wechsel an der Spitze erlebt wie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement – und mit ihm das wichtige Bundesamt für Migration, das für Ausländer- und Asylfragen zuständig und verantwortlich ist: Auf Bundes­rätin Ruth Metzler (bis 2003) folgte Bundesrat Christoph Blocher (bis 2007), dann Eveline Widmer-Schlumpf (bis 2010) und schliesslich Simonetta Sommaruga. Oder: Nach der CVP wechselte das Departement in SVP-Hand, dann zur BDP und jetzt zur SP. Die vielen Wechsel hatten auch ständige Personalrochaden und Strategiewechsel im Bundesamt zur Folge. Der neue Chef Mario Gattiker ist seit Februar 2012 im Amt. Er folgt auf Alard du Bois-Reymond, den Bundes­rätin Sommaruga im August 2011 entlassen hat. Gattiker, der alle vier Bundesräte erlebt hat, soll nun für Stabilität sorgen.

Quellen

Die Asylstatistik des Bundes

Die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl

Der Auftrag des Bundesrats an Ueli Maurer

Die Koppelung an die Entwicklungshilfe in der Beratung des Ständerats

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 09.03.12

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