«Mit 16 lief nur Bach im Walkman»

Das Quartett «Der musikalische Garten» trat in Basel auf. Wir haben uns zuvor mit den jungen Barockspezialisten unterhalten – über die Ausbildung in Basel, die Arbeit als Freischaffende und den Preissegen.

Mehrfach ausgezeichnet: German Echeverri Chamorro (Violine/Viola), Daniela Niedhammer, (Cembalo/Orgel), Annekatrin Beller (Violoncello) und Karoline Echeverri (Violine). (Bild: zVg)

Das Quartett «Der musikalische Garten» trat in Basel auf. Wir haben uns zuvor mit den jungen Barockspezialisten unterhalten – über die Ausbildung in Basel, die Arbeit als Freischaffende und den Preissegen.

Das junge Barockensemble «Der musikalische Garten» ist innerhalb eines Jahres aus gleich vier internationalen Wettbewerben als Sieger hervorgegangen. Am Dienstag Abend (21.1.) spielen die vier jungen Musiker, die sich in Basel an der Schola Cantorum kennengelernt haben, bei den Freunden Alter Musik. Das Programm enthält exzentrische Raritäten für zwei verstimmte Violinen und Continuo-Ensemble. Wir trafen die Newcomer vorab zum Gespräch.

Heute ist historisch aufgeführte Barockmusik allgegenwärtig – gerade in Basel –, doch wie war das in den 1990er-Jahren? Wie haben Sie die Barockmusik für sich entdeckt?

German Echeverri Chamorro: Als ich 16 war, war ich mega Bach-Fan. Ich lief den ganzen Tag mit Bach im Walkman herum. Damit fing meine Begeisterung für die Alte Musik an.

Haben Sie sich dezidiert gegen die moderne Geige entschieden?

Mit der modernen Geige wusste ich nicht viel anzufangen, hatte keine eigenen Ideen. Beim klassischen und romantischen Repertoire sind die Noten schon so voll, da musst du einfach spielen, was da steht. Der Komponist hat alles schon festgelegt.

Bei der Barockmusik ist das anders?

Ja! Was in der Barockzeit notiert wurde, ist nur ein Skelett. Alles andere muss der Musiker hineingeben. Deswegen fühle ich mich mit dieser Musik viel freier, kann mich persönlich viel mehr einbringen.

Gleichzeitig bieten sich Musikern auf modernen Instrumenten andere Sicherheiten, etwa Festanstellungen in einem Orchester. Haben Sie das bewusst ausgeschlossen?

Karoline Echeverri: Ja. Immer in einem Orchester zu spielen, kann auch schön sein, aber man ist dann nicht mehr frei, kann keine eigenen Projekte verwirklichen. Man ist dann halt doch Beamter.

German Echeverri Chamorro: Wir tragen jetzt die Verantwortung für alles selbst. Wenn man in einem Orchester spielt, bestimmen andere.

Was sind die negativen Aspekte an der freischaffenden Tätigkeit?

German Echeverri Chamorro: Man muss mit der Ungewissheit der Zukunft umgehen können. Jetzt haben wir etwa für ein Jahr eine Perspektive, was wir machen werden, wann wir wo spielen können. Danach ist ein grosses Nichts. Vor zwei Jahren waren nur jeweils die nächsten zwei Monate fest geplant. Ob dann genügend Engagements hereinkommen, dass man seine Miete zahlen kann, weiss man oft nicht.

Wie gehen Sie mit dieser Ungewissheit um?

Karoline Echeverri: Wenn ich keine Engagements habe, stelle ich eigene Projekte auf die Beine. Herumsitzen und Nichtstun kann ich nicht. Aber es ist natürlich schon vorgekommen, dass wir hundert Veranstaltern ein Konzertprojekt angeboten haben, und kein einziger uns antwortete. Da muss man viel nachhaken, weiterarbeiten.

Wie kann man nach dem Studium als freischaffender Barockmusiker eine Karriere angehen? Haben Sie in dieser Hinsicht Unterstützung von Ihren Lehrern, Ihrer Hochschule erhalten?

Daniela Niedhammer: Erschreckend wenig. Es gab zu unserer Zeit einen einzigen Kurs, der ein Semester lang dauerte und sich diesen Fragen widmete. Aber es blieben mehr Fragezeichen übrig als Antworten. Das ist bei vielen Hochschulen ein Problem. Die Ausbildung konzentriert sich auf das Musikalische, aber es wird völlig ausser Acht gelassen, wie es weitergeht.

Sie haben im vergangenen Jahr an fünf internationalen Wettbewerben teilgenommen. War dies Ihr Weg, um die Karriere in Schwung zu bringen?

Daniela Niedhammer: Ja. Man muss sich zeigen und präsentieren; Oft sitzen auch Veranstalter oder Verantwortliche von Rundfunkanstalten in den Jurys.

Sie haben vier dieser Wettbewerbe als Sieger verlassen, beim fünften Wettbewerb einen Sonderpreis erhalten…

Karoline Echeverri: ..woraus einige Konzerteinladungen resultiert sind.

Es gibt heute deutlich mehr Wettbewerbe für junge Barockmusiker als noch vor zwanzig Jahren. Ein Zeichen dafür, dass Alte Musik endlich aus der Nische getreten ist?

Karoline Echeverri: Ja, das ist so.

Und erfahren Sie als freischaffende Barockmusiker dadurch auch mehr Anerkennung?

Daniela Niedhammer: Wir werden leider immer noch als junges Ensemble «abgestempelt» – den Veranstaltern (und dem Publikum) gefällt unsere Musik, aber dennoch wird uns vermittelt, dass es eine Ehre ist, dass wir spielen dürfen. Das schlägt sich auch in den Gagen nieder. Dabei haben wir unser Studium längst abgeschlossen. Manchmal fühlen wir uns schon unter Wert verkauft. Aber es kann nur besser werden (lacht).

Sie spielen heute Abend bei den Freunden Alter Musik Basel – für ehemalige Studierende der Schola Cantorum Basiliensis eine wichtige Feuertaufe?

Karoline Echeverri: Ja (lacht). Wir sind sicher nervöser als an anderen Orten. Wir kennen alle, alle kennen uns.

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Dienstag, 21. Januar 2014, 19.30 Uhr. Grosser Saal, Musik-Akademie Basel.
«…à 2 Violin. Verstimbt», Werke von Heinrich Ignaz Franz Biber, Johann Pachelbel, Georg Philipp Telemann u.a.
Eintritt frei, Kollekte.

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