Politik mit der grossen Klappe

Politik bedeutet ihnen fast alles. Zwei haben es in den Grossen Rat geschafft: Juso-Präsidentin Sarah Wyss und Joël Thüring (SVP).Und FDP-Mann Luca Urgese hofft nachzurücken. Was erwarten die drei Jungpolitiker vom neuen Basler Parlament?

Schenken sich nichts: Die Jungpolitiker Joël Thüring, Sarah Wyss und Luca Urgese. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Politik bedeutet ihnen fast alles. Zwei haben es in den Grossen Rat geschafft: Juso-Präsidentin Sarah Wyss und Joël Thüring (SVP).Und FDP-Mann Luca Urgese hofft nachzurücken. Was erwarten die drei Jungpolitiker vom neuen Basler Parlament?

 Sie sind alle unter 30 und politisch sehr engagiert. Doch vom Typ her könnten die drei Jungpolitiker unterschiedlicher nicht sein. Juso-Präsidentin Sarah Wyss ist eine Rebellin, provokativ und chaotisch. Luca Urgese von der FDP hingegen gilt als orga­nisiert, ruhig und sehr überlegt. Und Joël Thüring von der SVP ist rhetorisch schlagfertig und gibt sich selbstsicher. Das Gespräch mit Wyss, Ur­ge­se und Thüring wurde vor Be­kanntgabe der Wahlresultate abgemacht. Dies, weil alle drei einen aktiven Wahlkampf geführt hatten. Für Wyss und Thüring haben sich die Bemühungen gelohnt, für Urgese nicht.

Montag nach den Wahlen, 8 Uhr: Thüring und Urgese erscheinen pünktlich zum Gespräch. Sarah Wyss dagegen lässt auf sich warten – und zwar ziemlich lange (obwohl sie diesen frühen Termin vorgeschlagen hatte). Ruft man sie an, kommt die Combox. Um fast 9 Uhr taucht Wyss dann noch auf. Thürings Reaktion, nachdem Wyss ihm drei Küsse auf die Wangen gedrückt hat: «Wäh, du stinkst nach Rauch!» Und die kleinen Bösartigkeiten und Seitenhiebe können losgehen.

Sarah Wyss, wir warten seit ­einer Stunde auf Sie. Sie müssen am gestrigen Wahlsonntag ja brutal abgestürzt sein …

Sarah Wyss: Zuerst möchte ich klar betonen, dass ich noch nie zu spät zu einem Interview erschienen bin. Ich ging erst um 5.30 Uhr ins Bett – ein Fehler. Das Fest war ­super, die Stimmung grossartig. Und ja, ich habe einen Kater.

Herr Urgese, Sie haben den Sprung in den Grossen Rat nicht geschafft, obwohl Sie im Wahlkampf sehr präsent waren. Ist es tragisch für Sie, nun mit zwei Neugewählten an einem Tisch sitzen müssen?

Luca Urgese: Nein. Ich gratuliere Sarah Wyss und Joël Thüring herzlich zur Wahl. Es freut mich primär, dass es einige Junge ins Parlament geschafft haben. Natürlich wäre ich auch gerne einer der Gewählten. Aber die Liste in meinem Wahlkreis Grossbasel West war stark. Ich bin Zweitnachrückender. Es ist nicht ganz unrealistisch, dass ich in den nächsten vier Jahren doch noch in den Grossen Rat kann.

Und wenn Sie nicht nachrücken können, werden Sie auch in vier Jahren nochmals antreten und das Risiko in Kauf nehmen, ­wieder enttäuscht zu werden?

Urgese: Davon gehe ich momentan aus.

Was wird sich mit Sarah Wyss und Joël Thüring ändern?

Urgese: Die Anliegen der Jungen kamen in den letzten vier Jahren im Grossen Rat zu kurz. Neu gibt es ein bisschen mehr Gegensteuer. Die ­Situation wird sich verbessern.
Thüring: Es ist enorm wichtig, dass die Generation, die künftig alles ­tra­gen muss, im Parlament vertreten ist. Somit kann gegen die Über­regu­lierung und die Verschleuderung von Staats- und Steuergeldern durch die Linken das Veto eingereicht werden.
Wyss: (verdreht die Augen) Ich bin ja wirklich froh, dass du mit mir im Grossen Rat sitzen wirst.

Sie, Herr Thüring, haben ein ­spezielles Verhältnis zu Sarah Wyss. Vor Kurzem zeigten Sie die Juso wegen eines Plakates an. Werden Sie die Anzeige zurückziehen? Sie sind jetzt ja gewählt.

Thüring: Sicher nicht. Wir machen keine Wahlkampfgags. Es ist richtig, dass man Leuten, die sich danebenbenehmen wie Sarah Wyss, die Grenzen aufzeigt. Das Plakat ist jenseits, das höre ich auch von Linken. Sarah, du wirst im Parlament noch auf die Welt kommen! Deine politische Einstellung wird sich nicht mit der Realität verbinden lassen.
Wyss: Wie bitte? Wir machen Realpolitik. Das Plakat gehörte zu einer Mobilisierungskampagne. Mehr will ich dazu auf Empfehlung meines ­Anwalts nicht sagen, da das Ver­fahren hängig ist.
Thüring: Wer ist dein Anwalt?
Wyss: Ich habe zwei. Einer davon ist Christian von Wartburg von der SP.
Thüring: Ah ja, das passt. Gleich zwei. Man hat es ja. Nochmals: Ihr unterstützt links­extreme Kreise, die diesen Kanton destabilisieren wollen mit ihren Ak­tivitäten in der Villa Rosenau und rund um die Volta­matte im letzten Jahr. Ihr Juso habt euch nicht davon distanziert. Es ist bedauerlich, dass dieser Flügel der SP gestärkt wurde.
Wyss: Wenn du das so siehst, Joël, dann ist es halt so. Ich sehe das ­anders. Wir haben uns von den ­Krawallen rund um den Voltaplatz vor einem Jahr distanziert.
Thüring: Ihr schürt mit euren Ak­tio­nen Hass auf die SVP. Du stellst uns permanent als Rechtsextreme dar.
Wyss: Die SVP hat den Rechts­extremismus salonfähig gemacht.
Urgese: Das könnte man nach deiner Logik auch von den Juso behaupten: Ihr macht den Linksextremismus salonfähig.

Apropos Extremismus: Die «Volksaktion gegen zu viele ­Ausländer» (VA) von Eric Weber hat neu zwei Sitze. Der SVP bringt das doch auch etwas.

Thüring: Nur minim. Ich glaube, eine Übereinstimmung zwischen der SVP und der VA gibt es nur im Asyl- und Ausländerbereich, wo die VA bis zu einem gewissen Punkt uns ähnlich ist. Und übrigens gehe ich davon aus, dass die VA genau so viele Berührungspunkte mit Rot-Grün haben wird, etwa in ­Arbeiterfragen – gerade mit einer ­Sarah Wyss, die linker ist als der Durchschnitt.
Wyss: Ja, ich bin das Böse in ­Person. Ich bezweifle, dass wir wahnsinnig viele Übereinstimmungen haben werden mit Eric Weber.
Urgese: Ich würde das nicht unterschätzen, Sarah. Ich finde es trotzdem falsch, sich derart auf die VA zu ­fokussieren. Es ist ein demokra­ti­scher Entscheid, den wir akzeptieren müssen – egal, was man von Eric Weber hält. Solange ein allfälliger Wahlbetrug nicht belegt ist, müssen wir damit leben. Wir können aber gemeinsam dafür sorgen, dass dies in vier Jahren nicht mehr der Fall sein wird.
Wyss: Ich würde mich punkto ­Ab­stimmungsverhalten nicht derart aus dem Fenster lehnen. Ich wünschte, Weber würde nicht im Gros­sen Rat sitzen. Der Rechtsrutsch im Parlament macht mir Sorgen. Die Arbeit im Grossen Rat wird für uns härter, zumal die EVP praktisch draussen ist. Es wird ungemütlicher für uns.
Urgese: Aber wenn du die Blöcke anschaust, dann hat sich nicht so viel verändert.
Thüring: Dennoch werden es die Linken schwerer haben in den nächsten vier Jahren, mit ihrem Chabis duchzukommen.

Vor einem Jahr hat die Basler SP bei den Nationalratswahlen markant verloren. Wie erklären Sie sich das jetzige Plus von 2,5 Prozent?

Wyss: Wir waren personell stark aufgestellt – bei den jungen wie bei den älteren Kandidaten. Wir hatten einen guten Zusammenhalt in der Partei und waren im Wahlkampf sehr aktiv.
Thüring: National- und Grossratswahlen kann man zwar nicht eins zu eins miteinander vergleichen. Aber ich glaube, dass SVP und SP vor ­allem deshalb dazugewonnen haben, weil beide Parteien vor einem Jahr Wähleranteile verloren hatten. Dies hat wohl unsere Wähler mobilisiert.Urgese: Das ist garantiert so.

Bei den Regierungsratswahlen sieht es für die SVP dagegen ­düster aus. Ihrer Partei, Herr Thüring, vertraut man in Basel einfach kein Regierungsamt an – was läuft hier falsch?

Thüring: Das liegt ganz klar daran, dass wir Bürgerliche es nicht schaffen, zusammenzuarbeiten. Natürlich haben wir nicht ein Spitzenresultat gemacht. Aber ohne die SVP gibt es nun mal keine bürgerliche Mehrheit in der Regierung. Und jetzt sind wir schon so weit, dass es ohne uns nicht mal ein FDPler im ersten Wahlgang schafft.

Die FDP hat immer mehr Mühe, ihren Sitz im ersten Wahlgang zu verteidigen. Bereits vor vier Jahren musste der abtretende Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass nochmals antreten – und schaffte es dann schliesslich in einer stillen Wahl.

Urgese: Der zweite Wahlgang ist ja nichts Schlimmes. Wir haben mit Baschi Dürr und Christophe Haller zwei Kandidaten ins Rennen geschickt, was richtig war. Wir haben dem Volk immerhin eine Auswahl geboten.

Die SVP konnte nicht gross von der Sicherheitsdebatte profitieren, welche die «Basler Zeitung» lancierte. Woran liegt das?

Thüring: Das war zu erwarten. Ich habe damit gerechnet, dass wir uns im Maximum halten können, gerade weil die Sicherheit ein derart grosses Thema in der «Basler Zeitung» war. Die Gefahr bestand, dass das Thema eine Überreizung bei den Wählern auslöst. Die vielen Berichte habe ­sogar ich teilweise als negativ empfunden.

Die SVP sorgt ja aber dafür, dass das Thema Sicherheit stets sehr hochgespielt wird.

Thüring: Das glaube ich nicht. Das Thema ist nun mal wichtig. Und wir haben unsere Rezepte präsentiert, etwa in zehn Vorstössen.
Wyss: Ah, genau! Jetzt können wir mal über eure Sicherheitsvorstösse diskutieren. Meine erste Kritik …
Urgese: Jetzt ist Sarah endlich wach …
Thüring: (lacht) Sarah, wenn du gegen unsere Vorstösse bist, dann haben wir schon viel erreicht.
Wyss: Darum geht es nicht. Das Thema Sicherheit ist heikel, weil ­jeder davon betroffen ist. Deshalb finde ich es schon fast respektlos, dass ihr das Thema für den Wahlkampf ausgenutzt habt.
Thüring: Ausgenutzt für den ­Wahlkampf hat es FDP-Kandidat Chris­tophe Haller, nicht wir! Da ­verwechselt du etwas. Wir haben das Thema vier Jahre aktiv bewirtschaftet und sind die Partei, die als ­«Sicher­heitspartei» wahrgenommen wird, während ihr die «Unsicherheitspartei» seid.

Haller fuhr sich mit diesem ­Thema aber an die Wand.

Urgese: Also so dramatisch ist sein Ergebnis jetzt nicht, auch wenn der Abstand zwischen Baschi Dürr und Christophe Haller deutlich ist. Haller meinte mit dem Begriff Sicherheit auch den sozialen und finan­ziellen Bereich. Und das Thema Sicherheit war an Podien oder bei den Medien nun mal das Thema Nummer eins. Da kommt man als Politiker gar nicht darum herum, sich nicht zu diesem Thema zu äus­sern. Ich hätte mich gerne zur Wohn- oder Verkehrspolitik geäus­sert. Nur wurde ich selten darauf angesprochen.
Thüring: Aber es ist doch so: Haller hat am Wahlsonntag sehr schlecht abgeschnitten.
Urgese: Er war immer noch deutlich besser als beide SVPler.
Thüring: Er war aber auf einem Viererticket mit zwei Bisherigen. Er konnte gemeinsam mit ihnen aufs Plakat, auch wenn das Plakat schrecklich war.
Wyss: Du meinst das Plakat «Zukunft sichern» mit vier bürgerlichen Männern darauf? Auf Facebook geisterte der Spruch «Zukunft sichern mit drei alten Säcken» herum.
Urgese: Das war jetzt ein Beispiel von Respektlosigkeit. Ich hoffe, du wirst im Grossen Rat nicht so sein.Wyss: «Alte Säcke» ist tatsächlich übertrieben. Aber abgebildet sind drei ältere Herren und es steht «Die Zukunft sichern» darunter. Da fragt man sich schon, wie diese älteren Herren die Zukunft der Jungen ­sichern sollen und weshalb keine Frau darunter ist …
Thüring: Aber ihr von Rot-Grün habt ja auch ­ausrangierte National­räte und abgehalfterte Politiker ­unter euch, die nun wieder im Par­lament sind. Es braucht doch alle Schichten.
Urgese: Sarah Wyss kann ja von diesem Viererticket halten was sie will. Aber ihre Aussage ist daneben.
Thüring: Das ist wieder mal ­typisch für dich, Sarah. Ständig gibst du irgendwelche leere Phrasen von dir und drischst auf andere ein, nur um dich zwei Minuten später wieder zu entschuldigen. Das war beim ­Nazi-Plakat ebenfalls so.
Wyss: Das vorige war ein Zitat auf Facebook. Für das Plakat werde ich mich nie entschuldigen.
Thüring: Da hab ich von anderen Leuten aber schon anderes gehört. Sie sagen, ihr würdet das Plakat bereuen. Nochmals: Du wirst im Gros­sen Rat mit deiner Art noch auf die Welt kommen. Genauso wie Cédric Wermuth im Nationalrat. Du musst zu einer Aussage stehen können.

Es ist wunderbar, Ihnen beim Streiten zuzuhören. Gibt es eigentlich auch Gemeinsamkeiten?

Thüring: Ich glaube, wir haben ­nirgendwo Gemeinsamkeiten.
Wyss: Doch. Wir wollen die Inte­ressen der Jungen im Grossen Rat vertreten. Wir Jungparteien schauen die Zukunft von einer anderen ­Perspektive an. Das ist eine Bereicherung.

Was möchten Sie denn für die Jungen tun, Herr Thüring?

Thüring: Unsere ganze Politik ist für die Zukunft. Beispielsweise möchten wir ein sicheres Basel, ­damit unsere jungen Frauen nach dem Ausgang wieder ohne Angst nach Hause gehen können. Und im ­Gegensatz zur SP möchten wir den ­Kapitalismus nicht überwinden.
Wyss: Dass du nicht viel von mir und der SP hältst, ist bekannt. Du kannst es aber auch in zwei Minuten nochmals sagen, damit ich es nicht vergesse. Es gibt doch ein wichtiges Thema, das uns beide beschäftigt: die Bildung. Die Wertschätzung von anderen Bildungswegen – nicht nur den gymnasialen. Hier besteht Handlungsbedarf.
Urgese: Das ist ja interessant. Es gehört doch zu eurer Politik, die ­Maturitätsquote zu erhöhen. Das ist widersprüchlich.
Wyss: So what? Ich habe das Parteibüchlein nicht auswendig gelernt. Ich habe immer noch meine eigene Meinung.

Und die wäre?

Wyss: Ich halte die Maturität nicht für alles, obwohl ich persönlich diesen Weg gewählt habe.
Thüring: Wenn du dich im Par­lament dafür einsetzt, dass die Berufslehre gestärkt wird, haben wir eine Gemeinsamkeit. Denn ich bin gegen die Akademisierung der Gesellschaft.

Was haben Sie gegen Akade­mi­ker, Herr Thüring? Wie verlief denn Ihr Karriereweg?

Thüring: Eine Berufslehre, und dann machte ich Weiterbildungen «on the job». Ich bin nun mal der Meinung, dass es in der Gesellschaft an Praktikern mangelt. Wir haben zu viele Theoretiker. Das zeigt sich auch im Parlament. Ich bin auch gegen Berufsparlamen­tarier.
Urgese: Jetzt sind wir aber weit vom Thema Berufslehre abgekommen …
Thüring: Aber Gewerbler oder Kaufleute sind bei diesen Parlamentswahlen doch nicht gestärkt worden. Es sind einmal mehr die Staatsangestellten und die Akade­miker. Das führt dazu, dass die ­Diskrepanz zwischen dem Volk und «denen da oben», wie es immer so schön heisst, noch grösser wird. Deshalb möchte ich den praktischen Weg über die Berufslehre stärken.
Wyss: Joël, ich möchte diese Leute einfach nicht gegeneinander ausspielen.
Thüring: Das mach ich auch nicht.
Ich stelle einfach fest, dass du als Studentin heute eine Stunde zu spät gekommen bist, während ich als ­Berufstätiger rechtzeitig da war.
Urgese: Also, ich war als Akademiker auch rechtzeitig hier!
Wyss: Gestern waren Wahlen. Bitte verzeih mir den Ausrutscher. Aus­serdem arbeite ich neben dem Stu­dium 60 Prozent!
Thüring: Jetzt mal im Ernst: Die «Verakademisierung» führt doch dazu, dass sich gewisse Menschen in unserer Gesellschaft nicht mehr zu Hause fühlen. Und das führt dann am Schluss dazu, dass Extreme wie Eric Weber gestärkt werden. Ich finde es wichtig, dass Leute im Parlament sitzen, die ihr eigenes Geld ­verdienen. Und nicht Leute, die im Elfenbeinturm sitzen und in der ­Verwaltung arbeiten. Davon habt ihr SPler ja genug in der Partei.
Wyss: Hast du nun genug schlecht über den Staat geredet und die SPler pauschalisiert?

Kommen wir nochmals auf die Wahlen zu sprechen: Was passiert am 25. November?

Wyss: Guy Morin wird als Regierungspräsident gewählt.
Thüring: Ich hoffe, dass Dürr Regierungspräsident wird. Anderseits sehe ich Morin aufgrund seiner Inkompetenz jetzt auch nicht wirklich in einem Fachdepartement, denn da könnte er mehr Schaden anrichten.
Urgese: Wir setzen ­alles daran, dass der Kanton am 25. November einen neuen Prä­sidenten feiern kann.

Wenn man Sie drei beobachtet, hat man den Eindruck, dass es nichts anderes gibt als Politik.

Urgese: Quatsch! Es ist wichtig, dass man sich als Bürger am Leben in der Gesellschaft mitbeteiligt. Aber es gibt für mich neben Politik noch einiges anderes.

Für Sarah Wyss scheint dies ­weniger der Fall sein. Vor Kurzem sagten Sie, Politik sei alles.

Wyss: Die letzten drei Jahre waren für mich auch sehr intensiv. Politik bedeutet mir schon sehr viel.

Stösst Ihr politisches Engagement bei Ihren gleichaltrigen Freunden nicht auf Unverständnis, zumal Politik für nicht ­wenige der Inbegriff von Langeweile ist?

Wyss: Meine Freunde schätzen mein Engagement. Aber sie schauen mich manchmal schon ein bisschen schräg an.
Thüring: Ich glaube, das liegt eher an deiner Position (lacht). Ich habe praktisch keine gleichaltrigen Freunde. Dort ist es schon so, dass Politik eher nicht so ein Thema sein darf, weil die Positionen ziemlich unterschiedlich sind.

Sie haben linke Freunde?

Thüring: Nicht gerade linke, eher linksliberale. Das ist auch spannender. Ich vebringe lieber einen Abend mit Sarah Wyss als mit einem SVPler, mit dem ich keine Diskussion führen kann, weil wir uns ja einig sind.

Sie beide werden also noch innige Freunde?

Wyss: Fragen Sie meinen Anwalt.

 

Sarah Wyss, Luca Urgese, Joël Thüring

Die 24-jährige Sarah Wyss studiert an der Uni Basel Wirtschaft und Geschichte. Nebenbei arbeitet sie als Putzfrau. Letzten Sonntag wurde die Juso-Präsidentin im Wahlkreis Kleinbasel mit 2957 Stimmen ins Parlament gewählt. Somit ist sie jüngste Grossrätin – und die Juso sind erstmals im Basler Par­lament vertreten.

Luca Urgese ist Vizepräsident der FDP Grossbasel West. Zuvor war der 26-Jährige Präsident der Jungfreisinnigen. Urgese absolviert derzeit die Anwaltsprüfung in Basel. Am Wochenende verpasste er die Wahl in den Grossen Rat um rund 200 Stimmen. Er ist Zweitnachrückender.

Für Joël Thüring ist die Wahl ins Parlament ein Comeback. Er sass bereits von 2005 bis 2006 im Grossen Rat. Vor sieben Jahren sorgte er für Schlagzeilen, weil er in die Parteikasse griff. Die 4000 Franken zahlte er wieder zurück. Der 28-Jährige ist heute SVP-Parteisekretär und persön­licher Mitarbeiter von SVP-Nationalrat Sebastian Frehner. Er sitzt im Bürgergemeinderat.

 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02.11.12

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