Roger Federer: «Basler Fasnacht? Das ist lange, lange her»

Roger Federer ist nach dem frühen Aus in Melbourne und einer Pause, die länger als erwünscht ausfiel, wieder im Geschäft. In Dubai spricht er über seinen ungebrochenen Hunger auf Erfolg, über die Lust, Neues zu entdecken – und die Erinnerung an die Fasnacht.

(Bild: Imago/Jürgen Hasenkopf)

Roger Federer ist nach dem frühen Aus in Melbourne und einer Pause, die länger als erwünscht ausfiel, wieder im Geschäft. In Dubai spricht er über seinen ungebrochenen Hunger auf Erfolg, über die Lust, Neues zu entdecken – und die Erinnerung an die Fasnacht.

Roger Federer, der Start in diese Saison war durchzogen: Turniersieg und tausendster Karriereerfolg insgesamt in Brisbane, dann das Drittrunden-Aus in Melbourne. Was empfinden Sie, wenn Sie auf Australien zurückblicken?

Ich blicke mit gemischten Gefühlen zurück. Brisbane war grossartig, ein sehr emotionales Erlebnis. Dieser tausendste Sieg auf der Tour bedeutet mir schon etwas. Es zeigt, wie lange ich schon konstant auf höchstem Niveau durchspiele. Wie viel Glück ich auch hatte, von schweren Verletzungen verschont geblieben zu sein. Das bleibt in meinem Gedächtnis haften.

Und der Schock von Melbourne, das Aus gegen Andreas Seppi?

Schock, nein, das war es nicht. Das ist ein zu grosses Wort. Was willst du machen? Es gibt solche Tage. Die musst du akzeptieren als Sportler, da lief einfach wenig zusammen, da machte ich wichtige Punkte nicht. Ich habe gelernt, rasch über solche Niederlagen hinwegzukommen. Das war nicht immer so, jetzt aber schon. Ich trank in der Nacht nach der Niederlage gegen Seppi sogar ein Schlückchen Champagner mit meinem Team, wir feierten nicht, wir spülten den Frust weg.

Dubai: Federer braucht 56 Minuten gegen Juschni

Beim mit 2,5 Millionen Dollar dotierten Turnier in den Emiraten, an dem acht Spieler aus den Top 20 starten, hat Roger Federer am Montag Michail Juschni (ATP 52) locker mit 6:3, 6:1 bezwungen und gegen den Russen damit auch das 16. Duell für sich entschieden. Nächster Gegner ist Fernando Verdasco (ATP 31) oder Guillermo Garcia-Lopez (26).

Es folgte dann eine längere Pause, eine willkommene auch?

Sie hätte aus meiner Sicht schon kürzer sein dürfen. Es war ja klar, dass ich nach Australien sowieso Ferien machen und eine der längsten Pausen in der Saison haben werde.

Und was haben Sie gemacht?

Endlich viel Zeit mit der Familie verbracht. Den Körper wieder ausgeruht. Ich habe gemerkt, wie gut mir das getan hat. Der Akku ist voll aufgeladen. Ich habe jetzt das Gefühl, dass ich in den nächsten vier, fünf Monaten richtig angreifen kann. Die Lust, wieder auf den Centre Court zurückzugehen, ist gross.

Roger Federer of Switzerland serves to Mikhail Youzhny of Russia during their match at the ATP Championships tennis tournament in Dubai, February 23, 2015. REUTERS/Ahmed Jadallah (UNITED ARAB EMIRATES - Tags: SPORT TENNIS)

Ist es denn ein Problem, zu Turnieren zu reisen, wo man seit anderthalb Jahrzehnten wieder und wieder aufgetreten ist?

Nein, es gibt keine Probleme mit der Motivation, mit dem Ehrgeiz, mit dem Hunger auf Erfolg. Wenn ich antrete, dann mit 100 Prozent Power. Immer. Es geht aber darum, für sich auch immer neue Impulse zu setzen. Die Leute unterschätzen, wie erfrischend es ist, etwas anders zu machen als stets zuvor.

Der Turnierstart in Dubai, Ihrem Zweit-Wohnsitz, ist für Sie keine Routine?

Nein, das ist schon ein Stück Heimat fern der Heimat. Deshalb will ich hier immer gut spielen, deshalb spüre ich auch eine Extramotivation. Das Turnier ist so gewachsen, hat so eine Strahlkraft gewonnen, das ist schon enorm.

Nicht weit weg von Ihrem Zuhause brannte in der Nacht auf Samstag ein Wolkenkratzer. Haben Sie das miterlebt?

Ich verrate niemandem, wo ich wohne. Ich habe nichts davon mitbekommen in jener Nacht, war aber heilfroh, dass alle Menschen unbeschadet aus dem Hochhaus herausgekommen sind.

«Im Tennis weiss jeder, dass nichts für die Ewigkeit ist.»

Ende der letzten Saison und zu Beginn dieser Saison war Ihre Chance, noch einmal auf den Gipfel zurückzukehren, Thema Nummer 1 unter Tennisanhängern. Ist das für Sie abgehakt?

Das ist wirklich in den Hintergrund getreten. Ich bin derzeit schlicht und ergreifend zu weit weg von Novak Djokovic. Jetzt geht es darum, Woche für Woche gute Ergebnisse zu erzielen und wieder in Schlagdistanz zu kommen. Um ehrlich zu sein: Ich war überrascht, wie nah ich 2014 an Djokovic rankam. Es hätte richtig spannend werden können, wenn Wimbledon anders gelaufen wäre – für Djokovic und für mich in diesem Fünf-Satz-Finale.

Djokovic scheint im Moment unantastbar zu sein.

Im Tennis weiss jeder, dass nichts für die Ewigkeit ist. Novak weiss es, ich weiss es, auch die anderen an der Spitze wissen es – alle aus eigener Erfahrung. Fakt ist: Er spielt seit Monaten auf einem sehr hohen Level, leistet sich praktisch kaum Ausrutscher. Deshalb braucht es auch schon eine massive Anstrengung, um ihn da oben zu verdrängen.

«Für unsere Familie hat es mit der Fasnacht bisher noch nicht gepasst. Aber das wird noch kommen.»

Zuletzt hatte man den Eindruck, als sei das Klima zwischen den Spitzenleuten etwas rauer geworden, es gab grösseren Ärger zwischen Murray und Berdych wegen der Abwerbung eines Coachs, auch Seitenhiebe von Murray auf das Gespann Becker und Djokovic.

Ich weiss nicht, ob die Atmosphäre da wirklich angespannt ist. Gut, ich lese nicht alles, was geschrieben wird. Aber trotzdem müsste ich das wissen. Nur: Ich sehe keine grossen Konflikte oder Auseinandersetzungen. Ich selbst habe jedenfalls keine Probleme mit meinen grössten Gegenspielern, mit Djokovic, Nadal, Murray. Oder anderen aus den Top Ten. Klar, du hast über viele Jahre immer mal wieder einen Streitpunkt mit einem Kollegen. Aber wenn es im Spiel passiert, dann ist das schnell vergessen, meist sogar gleich nach dem Spiel. Das ist schon in der Umkleidekabine Geschichte. Und das ist auch gut so, denn dann belastet es niemanden weiter.

Zum Schluss noch eine ganz andere Frage: Die Basler Fasnacht verpassen Sie ja mal wieder. Können Sie sich noch an die Zeit erinnern, in der Sie selbst an den drei schönsten Tagen in der Stadt unterwegs waren?

Es ist lange, lange her. Aber die Erinnerungen sind da: die Mehlsuppe am Morgenstreich. Als Kind freute man sich, wenn die Räppli umherflogen, wenn die Waggis Süssigkeiten und Orangen verteilten. Für unsere Familie hat es bisher noch nicht gepasst, das mal gemeinsam zu erleben, schliesslich spiele ich in dieser Zeit immer auf der Tour. Aber das wird schon noch kommen.



Roger Federer of Switzerland returns the ball to Mikhail Youzhny of Russia during their match at the ATP Championships tennis tournament in Dubai, February 23, 2015. REUTERS/Ahmed Jadallah (UNITED ARAB EMIRATES - Tags: SPORT TENNIS)

Dubai – das Turnier in seiner zweiten Heimat hat Roger Federer von 2003 bis 2014 bereits sechs Mal gewonnen. (Bild: Reuters/AHMED JADALLAH)

Nächster Artikel