Sängerin Buika: «Ich fühle mich wie eine Löwin»

Sie ist eine schillernde Frau mit starker Stimme und grossen Gefühlen: Sängerin Concha Buika tritt am 14. März im Basler Stadtcasino auf. Wir haben uns zuvor mit ihr unterhalten – über Afrika, Tattoos, Flamenco und Jazz.

«Früher habe ich meine Ängste eingesungen. Auf diesem Album fühle ich mich nun wie eine starke Frau», sagt Buika.

Sie ist eine schillernde Frau mit starker Stimme und grossen Gefühlen: Sängerin Concha Buika tritt am 14. März im Basler Stadtcasino auf. Wir haben uns zuvor mit ihr unterhalten – über Afrika, Tattoos, Flamenco und Jazz.

Ihre herbe, ungeschliffene Schönheit überwältigt, ihre Musik ist rauschhafte, gelebte Leidenschaft, eine schonungslose Offenbarung ihrer Seele. Die Spanierin Concha Buika hat ihr ganz eigenes Universum aus kubanischem und mexikanischem Lied, aus Flamenco und Jazz geschaffen – mit einer einzigartigen Stimme: erdig, weiblich aufnehmend, voller zärtlicher Bitternis in den Tiefen, glühend in den Höhen. Im Stadtcasino Basel präsentiert die auf Mallorca aufgewachsene Sängerin mit Wurzeln in Äquatorial-Guinea ihr Programm «La Noche Más Larga».



Concha Buika, schnell sagt man über eine Künstlerin, sie habe eine einzigartige Stimme. Bei Ihnen ist es einfach eine Tatsache, dass man Sie unter Tausenden sofort heraushört. Wie haben Sie diese Stimme entwickelt?

Meine Stimme ist frei von allen Identitäten. Als ich ein kleines Mädchen war auf Mallorca, da haben die Nachbarn zu mir gesagt, du bist keine Spanierin, du bist aus Afrika. Und in meinem Haus sagten meine Cousins und Onkels zu mir, du bist keine Afrikanerin, du bist Spanierin. Ich wusste nie, woher ich komme. Ich bekam das Gefühl, ich hätte keine Identität verdient und wurde sehr traurig. Ich fing an, einen Ort zu suchen, der mir ein Zugehörigkeitsgefühl geben konnte, fand aber keinen. Heute ist das nicht mehr wichtig. Denn heute kann ich sagen: Meine Stimme ist von überall her. Ich fürchte mich vor keiner Sprache, keinem Land, vor keinem Song. So folge ich musikalisch einer «freien Note»! 



Auf Ihrem neuen Album, das sich «Die längste Nacht» nennt, pflegen Sie diese Freiheit, interpretieren Stücke von Billie Holiday, Jacques Brel, dem Kubaner Ernesto Lecuona, dem Argentinier Fito Paez – was haben die alle mit der Nacht zu tun?



Buika: Es ist in gewisser Weise ein Widerspruch: Die Nacht ist etwas sehr Schnelles, kaum versiehst du dich, ist sie auch schon wieder vorbei. Dieses Album dagegen erfordert beim Zuhörer Zeit, es ist langsam. Die Geschichte in den Songs, ob es nun World, Blues oder Funk ist, verbindet eines: Sie erzählen die gleichen Geheimnisse. Auf den früheren Alben habe ich die Wahrheit über mein Leben aufgenommen, ich fühlte mich unsicher, wie im Gefängnis, fand keinen Schlüssel, um zu entkommen, und das konnte man in meiner Stimme hören. Ich habe meine Ängste eingesungen. Auf diesem Album fühle ich mich nun wie eine Löwin, wie eine starke Frau. 



Hat das auch mit der Bejahung Ihrer afrikansichen Wurzeln zu tun? Immerhin sind zwei Afro-Statuetten auf die CD aufgedruckt.

Afrika ist ein Konzept, das überall in mir ist, in meinem Blut, in meinen Haaren. Ich muss es nicht in meine Haut reintun, denn ich bin Afrika. Manchmal fühle ich mich auf Tour schwach und verletzlich, dann stelle ich den Kontakt zu meiner Haut her, indem ich etwas drauftätowiere, was mir sehr wichtig ist. Wenn ich dann einen schwachen Moment auf der Bühne habe, kann ich auf meine Tattoos schauen und weiss, warum ich dort stehe.



Wenn Sie Songs schreiben, erzählen Sie immer selbst erlebte oder erfundene Geschichten?



Ich schreibe meine Erfahrungen nieder. Wir müssen das tun: Songs schreiben, malen, Filme drehen, Fotos machen. Denn das ist die Bibel für die Menschen, die nach uns kommen. Die wahre Bibel ist von Menschen geschrieben, die dir die Wahrheit über das erzählen, was im Leben passiert, nicht diejenigen, die dich träumen lassen. Die wahre Bibel besteht aus allen Filmen, Liedern und Gemälden, die entstanden sind, seit unsere Erinnerung es uns gestattet hat, das zu tun. Denn die späteren Generationen sollen erkennen, dass sie sich nicht wie Idioten fühlen müssen, wenn sie ähnliche Gefühle und Erfahrungen haben. 



«Wenn ich höre, wie mein 15-jähriger Sohn Beatles-Songs singt, dann ist das so, als wären diese Songs gerade von gestern.»

Überraschend ist, dass Sie in Ihrem neuen Repertoire auch spanischen Pop der 1960er und 70er auf Ihre Weise interpretieren. Und die Jazzsängerinnen Billie Holiday und Abbey Lincoln führen Sie in den Flamenco hinein. Das ist sehr gewagt.



Ich denke, dass Musik zeitlos ist. Wenn ich höre, wie mein 15-jähriger Sohn Beatles-Songs singt, dann ist das so, als wären diese Songs gerade von gestern. Jede Musik ist dazu gemacht, für immer zu leben. Die Musik besitzt das Wunder der Ewigkeit, und diese Ewigkeit ist für mich wichtiger als jeder Grammy. Die Musik ist im Raum und spricht zu dir, sagt dir, wie sie gespielt werden, wie sie klingen will. Sie ist nicht unser Besitz. Deshalb passiert es im Studio immer wieder, dass ein Song von Grund auf neu gestaltet wird. 



Sie sind nicht nur als Sängerin und Poetin aktiv. Man konnte Sie in Pedro Almodóvars Film «Die Haut, in der ich wohne» sehen, und nun haben Sie auch selbst bei einem Film Regie geführt. Können Sie uns darüber etwas erzählen?



Der Film heisst «From Loneliness To Hell» und ist wunderbar! Wenn wir übers Kino sprechen, dann sprechen wir immer über Liebe. Es braucht eine Menge Liebe, um einen Film zu machen. Du wirst diese Liebe sehen, wenn du den Film siehst. Es geht um eine sehr tiefe Liebe, um die Liebe zu sich selbst, wie wir damit spielen, wie die Liebe uns manchmal unglücklich macht. Es geht um den Weg, zu dir selbst zu finden, ohne den Verstand zu verlieren. 


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Buika live: Stadtcasino, Basel. Samstag, 14. März, 20.15 Uhr.

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