«Schreiben ist ein Geschäft für Nichtkönner»

Peter Bichsel erhielt zum Auftakt der Solothurner Literaturtage den Grossen Schillerpreis verliehen. Unnötigerweise, findet der 77-jährige Autor. Im Gespräch erinnert er sich ans Grosswerden und an vieles, was früher besser war.

Ein vom Leben ausgefülltes Zimmer, ein Zimmer als Lebensmittelpunkt, und Peter Bichsel mittendrin. (Bild: Renate Wernli)

Peter Bichsel erhielt zum Auftakt der Solothurner Literaturtage den Grossen Schillerpreis verliehen. Unnötigerweise, findet der 77-jährige Autor. Im Gespräch erinnert er sich ans Grosswerden und an vieles, was früher besser war.

Morgens um zehn Uhr hat das «Kreuz», die geschichtsträchtige Genossenschaftsbeiz in Solothurn, noch geschlossen. So empfängt Peter Bichsel für den ersten Kaffee im «Roten Turm» – auch keine Beiz mehr, wie es sie früher gab und wie Bichsel sie mochte, aber dafür nahe seines Arbeitszimmers. Dort, an der Hauptgasse mitten in der Solothurner Altstadt, schreibt, liest und raucht Bichsel seit über 30 Jahren, und sein Leben hat das Zimmer ausgefüllt. Bichsel setzt sich vor eine gestopfte Bücherwand, hinter ihm die schwere, zweibändige Guttenberg-Bibel, schräg gegenüber an der Wand die offizielle Deklama­tion der Botschaft der Volksrepublik China in Bern, mit der sie 1976 den Tod des Gros­sen Vorsitzenden Mao verkündete. Und auf einem Tisch, ­unter einem Stapel klassischer Musik, liegt die DVD «Krokus – As long as we live», eine Dokumentation über die Solothurner Hardrockband, die er wegen dem verstorbenen Gitarristen Tommy Kiefer – «der Beste nach ­Hendrix» – so mochte und nicht wegen dem «Grossmaul Chris von Rohr», nach ihm wohl der zweitbekannteste Solothurner.

TagesWoche: Peter Bichsel, nach dem Solothurner Literaturpreis 2011 wurden Sie nun erneut an den Literatur­tagen in Solothurn geehrt. Das Festival wird langsam zu Ihren persönlichen Festspielen.

Peter Bichsel: Es ist mir nicht nur eine Freude. Ich hätte es sehr geschätzt, wenn der Grosse Schillerpreis in Bern oder Basel oder meinetwegen auch in Dulliken oder Welschenrohr verliehen worden wäre. Das muss nicht Solothurn sein. Es ist etwas unglücklich, dass mir da dauernd Preise verteilt werden. Ich finde, ganz ehrlich, dass ich etwas zu viele Preise gekriegt habe.

Warum?

Preise kriegen nicht die guten Schriftsteller, Preise kriegen die Preisträger. Ich war einige Male in der Jury von Literaturpreisen. Da gibt es zuerst ein Brainstorming. Jeder sagt ein paar Namen. Und die ersten fünfzehn Namen sind immer solche, die in den vergangenen sechs Monaten einen renommierten Literaturpreis erhalten haben. Es ist ja nicht nur so, dass der Preis dem Literaten gegeben wird, sondern man ehrt mit dem Preisträger auch den Preis. Ich überschätze das nicht. So wie ich Beleidigungen, die ich wie alle Menschen ab und zu erfahre, nicht persönlich nehme, nehme ich auch diese Preise nicht persönlich. Und es reicht jetzt wirklich mit den Preisen.

Sie könnten einen Preis auch ­ablehnen.

Ja, und eben doch nicht. 30 000 Franken bedeuten in diesem teuren und unsozialen Kanton nur drei Monate Pflegeheim.

Letztes Jahr sagten Sie in Ihrer Dankesrede: «Sie haben mich gegen meinen Willen, aber zu meiner Freude als Solothurner aufgenommen. Ich bin alt genug, dies zu ertragen.» Das klingt, als haben Sie Ihren Frieden mit der Stadt gemacht.

Ich wohne hier, selbstverständlich habe ich meinen Frieden gemacht. Ich bin nur nicht bereit, Solothurn dauernd zu loben. Wohnen hat mit Gewöhnung, aber auch mit Gewöhnlichkeit zu tun. Ich wohne im Gewöhnlichen, nicht im Ausserordentlichen. Solothurn ist nicht die schönste Stadt der Welt. Es ist auch nicht die schönste Barockstadt der Schweiz. Aber sicher die schönste das Kantons. Ich fühle mich wohl hier. Wenn ich nicht durch die Literatur in der Welt herumgekommen wäre, wäre ich wohl in eine grös­sere Stadt gezogen. Ich wandere gerne in Städten, nicht in der Natur. Dafür ist Solothurn ein bisschen zu klein.

Oder Sie zu gross für die Stadt?

Ach, ich bin bei meinen ersten Erfolgen auch Spiessruten gelaufen. Da hiess es bei den Deutschlehrern an der Kantonsschule, die alle heimliche Dichter waren: Der meint wohl, der sei Schriftsteller. Das war am Anfang ziemlich hart. Aber ich habe es ertragen und bin danach auch froh darüber. Ich wohne nicht in Solothurn, weil es eine hochkulturelle Stadt ist, im Gegenteil. Weil es eine einfache, keine aufgeblasene Stadt ist. Nur eben etwas klein.

Hier kennen Sie schon jede Ecke.

Das nehme ich doch an.

Und auch noch alle Kneipen?

Die gibt es ja kaum noch. Weil die Kneipengänger verschwunden sind, die Höckeler. Ich bin in diesem Sinne ein Auslaufmodell.

Wie der Stammtisch.

Bei aller Liebe zu den alten Trinkkneipen, sie hatten auch eine unanständige Seite. Es waren reine Männerangelegenheiten. Darin waren zwei Frauen, die Wirtin und die Serviertochter, der Rest Männer. Männer, die dann zu viel soffen, ohne Geld nach Hause kamen, und die Familie deshalb hungerte. Ich meine, dann kam etwas sehr Erfreuliches: nicht nur das Frauenstimmrecht und die Gleichberechtigung, sondern der Eintritt der Frauen in die Öffentlichkeit überhaupt, und eben auch in die Kneipen. Das war die positive Seite des Beizensterbens.

Der Stammtisch verschwand, weil man sich nun benehmen musste, da auch Frauen in der Kneipe sas­sen?

Das müsste man mal wissenschaftlich untersuchen, ja. Dafür entsteht etwas anderes, es gibt in Solothurn eine lebendige Szene von jungen Leuten, die leben mit grosser Freude hier. Und die werden später auch sagen: Es ist nicht mehr wie früher. Das hat nicht mit der Stadt, sondern mit dem Alter zu tun.

Als die Literaturtage nach Solothurn kamen, konnten Sie sich zuerst damit nicht anfreunden, dass nun neben den Filmtagen ein zweites Festival den Rhythmus der Gewöhnlichkeit in der Stadt durchbricht. Hat sich Ihre Beziehung zum Festival verändert?

Die Literaturtage finde ich nun eine ganz gute Einrichtung. Was mich ein bisschen daran stört: Solche Festival-events gibt es im ganzen deutschen Sprachbereich, und sie können eine ganze Kultur zerstören. Da liest einer zehn oder fünfzehn Minuten, und dann kommt bereits der Nächste. Aber eine Lesung, wie es sie früher gab, ist anders. Da kann ich mich hinsetzen und eine Stunde lang vorlesen und danach mit den Leuten diskutieren.

Diese Events tragen Literatur an ein grösseres Publikum heran. Das müsste Sie doch freuen.

Das haben die Lesungen früher auch geschafft. Ich erinnere mich an die wunderbaren Lesungen im alten Realgymnasium Basel, die Walter Widmer, der Vater von Urs Widmer, organisiert hatte. Da konnte ein unbekannter Autor lesen, aber es waren 700 Leute da und wurden auf Bücher aufmerksam gemacht. Bei den Festivals wird nur auf Personen aufmerksam gemacht. Eine ganz gewöhnliche Promiveranstaltung. Das könnten auch Formel-1-Fahrer sein.

Aber es sind Autoren. Das ist doch ein Unterscheid.

Ja, die Literaturtage haben sichtbar gemacht, dass es eine Schweizer Literatur gibt. Nicht nur in den Zentren, auch in der Provinz. Ich leide aber mit den jungen Literaten mit, die eingeladen werden und sich vor dem Durchbruch wähnen: Ich habs geschafft, ich bin an den Solothurner Literatur-tagen! Die vielen Hoffnungen, die dann zerbrechen, tun mir weh. Die haben es wirklich schlechter als wir früher.

Wegen der Masse?

Wegen der Masse. Als ich in den Sechzigerjahren angefangen habe, war es wirklich leicht, einen Verlag zu finden. Es war sogar für einen Schweizer leicht, einen renommierten deutschen Verlag zu finden. Nachdem ich den «Milchmann» herausgebracht habe …

… Sie meinen die Kurzgeschichtensammlung «Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen», eines Ihrer frühsten Werke …

… da hatte ich 14 Angebote von renommierten Literaturverlagen. So viele existieren heute gar nicht mehr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass damals irgendwo in einer Schublade ein unveröffentlichtes hervorragendes Manuskript herumlag. Heute liegen wohl Hunderte von unveröffentlichten hervorragenden Manuskripten in den Schubladen.

Kommt Ihre Demut mit dem Alter? Sie waren in Ihrer Jugend überzeugter Pietist. Ist das ein Relikt davon?

Demut wäre schön. Aber für Demut bin ich dann wieder zu eitel. Ich halte mich nicht für sehr ehrgeizig, es macht mir nicht den geringsten Spass zu gewinnen. Ich bin lieber Zweiter, Dritter oder Siebzehnter. Aber eitel bin ich, das ist ganz klar. Schreiben hat sehr viel mit Eitelkeit zu tun. Beim Schreiben steht man den ganzen Tag vor dem Spiegel.

Sie haben angefangen zu schreiben, um zu gefallen?

In meiner Jugend haben in der Schule die Knaben nie mit den Mädchen gesprochen. Man hat sie von Weitem bewundert oder vielleicht mal ein Zettelchen rübergeschoben. Aber geträumt hat man von ihnen, schon in der ersten Klasse. Und vor ihnen geprotzt. Die Turner haben vor ihnen geprotzt, die Kraftbolzen haben vor ihnen geprotzt, die Fussballer. All das konnte ich nicht. Da bin ich nach Hause gegangen und hab versucht, Gedichte zu schreiben. Aus Eitelkeit.

Und das wirkte? Mit Lyrik vor den Mädchen zu protzen?

Das hab ich nie öffentlich gemacht damals. Ich hielt mich für einen Schriftsteller, doch wäre nichts daraus geworden, hätte es nie jemand erfahren. Nun kann ich es sagen.

Sie sagten, Sie sind in der Gewöhnung, der Gewöhnlichkeit zu Hause. Ihr Schreiben auch? Sie schreiben seit Jahren jeden Monat eine Kolumne …

… unter grossen Mühen und Schmerzen. Ich staune, dass es immer noch gleich schwierig ist wie am Anfang. Wissen Sie, der grosse Luxus an diesem Beruf ist: Schreiben ist ein dilettantisches Geschäft. Wehe dem Schriftsteller, der es kann! Schreiben ist ein Geschäft für Nichtkönner. Das Fragen nach dem Anfang bleibt jedes Mal, ob ich als 8-jähriger Bub oder 77-jähriger Greis schreibe. Und alles, was man gelernt hat, ist nur ein Hindernis. Wie in anderen Künsten ist Schreiben ein dauernder Kampf zurück in die Naivität. Fortbildung und Weiterbildung gibt es für Schriftsteller nicht.

Dafür haben sie die Kreativität.

Schriftsteller sind nicht fantasiebegabter als andere Menschen. Aber sie sind tagtäglich mit ihrer Fantasielosigkeit konfrontiert: Der Wille zu schreiben, ohne Ahnung worüber, das bleibt. Und wenn ich mal den Eindruck haben sollte, nun kann ich es, dann ist das der Moment, wo ich senil werde.

In Ihrer jüngsten Textsammlung «Über Gott und die Welt» beschreiben Sie Lesen als einen religiösen Akt. Gilt das auch für Ihre Kolumne? Die Regelmässigkeit des Rituals, die Meditation über die Welt?

Ganz ohne Zweifel. Ich habe ein Testsystem, ob eine Kolumne gelungen ist: Wenn am Schluss drinsteht, was ich schreiben wollte, ist sie misslungen. Sie muss mich überraschen. Letztlich bin ich am Inhalt dieser Texte fast nicht interessiert. Sondern nur daran, mit Sprache umzugehen. Einen Satz zu schreiben, der einen nächsten Satz provoziert. Und so weiter. Schiller sagte: Die Sprache dichtet für uns. Das ist sicher richtig. Die Sprache muss mir etwas erzählen. Und da kommt natürlich das Religiöse rein. Dem wirklich Gläubigen antwortet Gott ja auch.

So sagt zumindest der Gläubige.

Ja. Aber ich glaube auch, dass die Buchstaben religiösen Ursprunges sind. Judentum, Christentum und Islam sind alles lesende Religionen. Buchreligionen. Deshalb haben die Missionare in fernen Ländern Missionsschulen eröffnet, nicht wegen der Entwicklungshilfe. Ein Christ muss die Bibel lesen können.

Da spricht der Lutheraner in Ihnen.

Ganz klar. In einem Text habe ich über Restaurants geschrieben, die auf erhöhten Tafeln das Menü notieren, meistens die Spezialität des Tages. Die Gäste kommen da rein, bleiben stehen, schauen hoch und lesen. Und sobald sie das lesen, verändert sich ihr Blick. Es ist der Blick eines sehr frommen Menschen zum Hochaltar. Das macht das Lesen aus. Ich habe mal eine ganze medizinische Bibliothek durchforschen lassen, weil ich überzeugt war, dass es irgendeine Dissertation geben muss, die beschreibt, was beim Lesen hormonell vor sich geht. Nicht nur bei guter Literatur, auch bei einem Schundheft oder einem Pornoroman. Ich bin überzeugt, dass da ganz bestimmte hormonelle Ausschüttungen geschehen. Ein Abheben vom Boden.

Haben Sie Resultate gefunden?

Nein, leider kein einziges. Was ich massenhaft gefunden habe, sind Untersuchungen über die Augenbewegung von Legasthenikern. Diese Krankheit, die erfunden wurde, damit ein paar Leute viel Geld verdienen und Therapien anbieten könnten. Ich hatte selbst grosse Probleme mit der Rechtschreibung als Bub – zum Glück, bevor diese Krankheit erfunden wurde. So konnte ich die Samstagnachmittage im Wald verbringen und musste nicht in den Legasthenieunterricht.

Lieben Sie deshalb lange Lesungen? In die man versinken kann wie in die Predigt eines Priesters?

Natürlich. Sogar das Vorlesen kann zur Meditation werden. Es ist unheimlich. Man kann total abwesend sein. Ich glaube, ich lese sehr gut vor, es macht mir auch Spass. Aber es kann passieren, dass ich abschweife und plötzlich aus meinen Träumen erwache und merke, dass ich Seiten übersprungen habe. Lesen heisst, in den Text versinken. Otto F. Walter hat einmal während einer Lesung den Stift hervorgenommen und seinen Text verändert. Immer wieder. Und plötzlich stand er da und schrieb nur noch, las nicht mehr. Es ist ihm gar nicht aufgefallen.

Und das Publikum?

Das Publikum hat sich geräuspert und dann laut gelacht, und er ist mit rotem Kopf erwacht.

Ist das meditative Schreiben eine Ersatzform von religiöser Praxis für den nicht mehr frommen Peter Bichsel?

Das kann man so sagen.

Sie haben einst geschrieben, wenn Sie alleine in der Beiz sitzen, unterhalten Sie sich mit Gott, trinken mit ihm ein Glas und streiten mit ihm. Das klingt schon fast jüdisch.

Der Kampf im Dornbusch, ja. Der Unterschied ist: Ich bin religiös, aber nicht gläubig. Ich halte Gott für eine wunderbare menschliche Entdeckung. Ich weiss, dass es keinen Gott gibt, aber ich glaube an ihn. Und Wahrheit und Realität ist nicht dasselbe.

Sie waren früher Sozialist …

… bin ich immer noch.

So ist Ihnen die Idee des Unterschiedes von Wahrheit und Realität wohl vertraut.

Nicht nur mir. In der Sozialdemokratischen Partei meiner Generation waren viele ehemalige Sonntagsschullehrer dabei. Auch Ernst Leuenberger (der spätere Solothurner Ständerat und Gewerkschaftschef, Anm. d. R.) war mal Sonntagsschullehrer. Und ich auch. Ich hab die alten Sozialisten in der SP Zuchwil, wo ich als junger Lehrer wohnte, noch gekannt. Gebildete und belesene Leute, überzeugte und hartnäckige Sozialisten, die lasen noch Marx und Lenin und verachteten jeden, der noch an irgendetwas glaubte. Aber zuhause lag die Guttenberg-Bibel. Sie waren bibelfest. Religiöse Spuren finden sich in der Politik. Auch die politische Vorstellung eines Blocher hat einen religiösen Hintergrund. Fanatismus ist eine religiöse Form.

Sie halten Blocher für einen Fanatiker?

Für einen erzkonservativen Missionar. Der eine Mission und eine Heilslehre zu verbreiten hat. Aber auch die Freidenker-Bewegung, die in der alten SP grosse Bedeutung hatte, hat sich ihren Atheismus zur Religion gemacht. Atheismus kann eine sehr fundamentalistische Religion sein.

Man sagt, auf dem Sterbebett wird noch jeder Atheist gläubig.

Das glaub ich gar nicht. Max Frisch zum Beispiel war in seinem Leben nie mit Religion oder dem Christentum in Berührung gekommen. Als er «Der Mensch erscheint im Holozän» schrieb, las er erstmals in der Bibel und war begeistert von der Lektüre. Aber es blieb ihm fremd. Frömmigkeit blieb ihm fremd. Ich habe sein Sterben miterlebt, und da war nicht die geringste religiöse Regung drin. Er war nicht mal überzeugter Atheist, sondern einfach religiös komplett unerfahren.

Im Gegensatz zu Ihnen: Seit 2004 tragen Sie die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Basel.

Ich konnte nicht ablehnen. Ich war ­früher ein grosser Verehrer von Karl Barth, der ja in Basel dozierte, und hab alles gelesen. Auch das, was ich nicht verstand. Ja, ich bin schon ein bisschen stolz darauf. Aber es gibt nur eine ­Person, meine Freundin, die mir manchmal Herr Doktor sagt. Nämlich wenn sie eine Reklamation hat. Dann sagt sie: Herr Doktor, Sie sollten wieder mal Ihre Hosen wechseln.

Peter Bichsel wurde am 24. März 1935 in Luzern geboren und wuchs als Sohn eines Handwerkers ab 1941 in Olten auf. Am Lehrerseminar in Solothurn liess er sich zum Primarlehrer ausbilden. 1964 wurde er mit seinem Kurzgeschichten-Band in «Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen» auf einen Schlag bekannt. Zwischen 1974 und 1981 war er als persönlicher Berater für Bundesrat Willi Rit­schard tätig. Mit dem Schriftsteller Max Frisch war er bis zu dessen Tod 1991 eng befreundet. Er ist seit 1985 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Bichsel ist Vater zweier Kinder und lebt in Bellach bei Solothurn. Am 17. Mai wurde ihm zusammen mit dem Tessiner Autor Giovanni Orelli im Rahmen der Solothurner Literaturtage für sein Lebenswerk der Grosse Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung verliehen.

Die Solothurner Literaturtage 2012 finden vom 18. bis 20. Mai statt. Hier trifft sich die Schweizer Literaturszene, mit Lesungen von Hansjörg Schneider über Lukas Hartmann bis Christian Kracht. Detailprogramm unter: www.literatur.ch.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 18.05.12

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