Am Wochenende eröffnet das HeK (Haus der elektronischen Künste Basel) nach 14-monatiger Bauzeit seine neuen Räumlichkeiten. Anlass für ein Gespräch mit Direktorin Sabine Himmelsbach, geführt bei einem Rundgang durch die neuen Räume.
Über ein Jahr lang wurde gebaut, und am Wochenende endlich darf das HeK (Haus der elektronischen Künste Basel) sich in neuem Kleid der Öffentlichkeit präsentieren. Viel mehr Raum ist vorhanden, verteilt auf viel mehr Räume, durch die uns Direktorin Sabine Himmelsbach führt – vom Serverraum in den Veranstaltungsraum, den Vermittlungsraum bis ins Café, angefangen beim Ausstellungsraum, in dem der japanische Künstler Ryoji Ikeda noch fleissig dabei ist, seine Ausstellung einzurichten.
Ausstellungsraum
Der Ausstellungsraum des HeK, noch ohne Ausstellung. (Bild: Alexander Preobrajenski)
Frau Himmelsbach, welche Kriterien musste der HeK-Ausstellungsraum erfüllen?
Sabine Himmelsbach: Zentral war die Infrastruktur: alles, was man heute nicht mehr sieht, was hinter Wänden, Böden und Decke verborgen ist. Die Deckenstruktur zum Beispiel, da haben wir mit den Architekten lange überlegt, wie wir das am geschicktesten lösen können, dass es ästhetisch ist, alle Technik ausgeblendet wird und trotzdem überall Anschlüsse für Strom und Netzwerk vorhanden sind. Herausgekommen ist ein modulares System, über das wir optimalen Technikzugang haben – dasselbe gilt für den Boden, da gibt es rundum Kabelkanäle und Elektronikauslässe auch in zentralen Bereichen des Raums.
Der Raum hat keine Fenster – ist das Absicht?
Ja. Wir brauchen erfahrungsgemäss kaum Tageslicht, sondern im Normalfall einen abgedunkelten Raum. Mit künstlicher Beleuchtung können wir den Raum aber auch ganz hell ausleuchten, falls das notwendig sein sollte. Damit sind wir sehr flexibel und können eine totale Verdunkelung herstellen, wie sie in der aktuellen Ausstellung notwendig ist, damit die Besucher bei Ryoji Ikeda ganz in ein Datenmeer abtauchen können.
So könnte das dann aussehen.
Ist die Akustik heute auch besser als am alten Ort?
Zum Glück, ja. Wir haben das hier mit den Architekten gut lösen können und es war ein ganz zentrales Element in der Planung. Neben dem Hauptraum bieten die kleinen seitlichen Ausstellungsräume eine sehr gute Situation für Video- oder Audioarbeiten. Nur die Boxen, die wir durch ein flexibles Stellwandsystem in den grossen Raum einbauen können, werden nicht perfekt akustisch abgeschirmt sein.
«Alles geht» also in Bezug auf die Ausstellungen?
An erster Stelle stand immer, eine optimale Situation für die Präsentation künstlerischer Werke zu schaffen. Im Ausstellungsaufbau selbst ist uns Perfektion wichtig – dass keine Kabel rumhängen oder ein gebastelter Eindruck vermittelt wird. Die Technik verschwindet, und es bleibt nur das Werk. Die Ästhetik ist also wesentlich, kann aber je nach Ausstellung sehr unterschiedlich ausfallen. Für Ikeda haben wir einen Teppichboden verlegt, als zusätzliche akustische Massnahme, aber auch, weil sich die Besucher in seinen Ausstellungen gerne auf den Boden setzen, um meditativ in das Meer aus Daten einzutauchen. An der kommenden Oslo-Night im April hingegen planen wir eine Art «Fair» mit vielen Künstlern, da ist die Idee, dass der Raum eher roh und bewusst als Provisorium daherkommt.
Serverraum
Sabine Himmelsbach erklärt den neuen Server, dahinter die Netzwerkbasisstation. (Bild: STEFAN BOHRER)
Braucht das HeK spezielle Server?
Zuerst braucht es – und das ist wirklich extrem wichtig für uns – eine sehr gute, aufwendige Netzwerkstruktur für das Gebäude allgemein. Damit wir im Ausstellungsraum überall Netzzugang und Anschlüsse für Strom haben, überall die Daten ziehen können. Dieses System ermöglicht uns, dass wir in den Ausstellungen selber nur noch die Ausspielgeräte haben, sprich die Projektoren, und dass alle Datenträger von hier aus zentral angesteuert werden können.
Und sonst?
Haben wir uns einen neuen Server geleistet – und da kann man wirklich sagen, dass der Sprung vom alten Server zu diesem vergleichbar wäre mit jenem von der Schreibmaschine ins digitale Zeitalter. Vorher hatten wir einen kleinen Mac Mini als Server, nun haben wir einen VMWare Server – das ist eine Serverstruktur, auf der mehrere virtualisierte Betriebssysteme parallel arbeiten. Wir wollen im digitalen Bereich mehr Projekte lancieren – also nicht nur physische Ausstellungen kuratieren, sondern auch im virtuellen Raum aktiv sein.
Apropos Zukunft: Der Auftrag des HeK ist ja auch der Aufbau einer Sammlung. Wie bewahrt man digitale Werke überhaupt auf? Wie sichert man sie?
Das ist komplex und von Fall zu Fall ganz unterschiedlich. Die Konservierungsstrategie hängt stark von der Art des Werkes ab und bezüglich des längerfristigen Erhalts ist teilweise eine enge Zusammenarbeit mit Künstlern notwendig, um jeweils passende Lösungen zu finden. Bei unseren Arbeiten in der Sammlung handelt es sich manchmal um reine Software, die auf unserem Server läuft. Hier sind oftmals Programm-Migrationen für den Erhalt nötig. Dann gibt es Datenträger, Festplatten, USB-Sticks, DVDs und auch physische Objekte – da arbeiten wir mit einer externen Expertin zusammen, die Konservatorin für Medienkunst ist. Die Daten müssen regelmässig umkopiert werden, und wichtig für die Lagerung ist ein optimales Raumklima: kühl, trocken und staubfrei. Das haben wir hier geschaffen.
Gibt es eine Sammlungspolitik?
Ja. Im Moment basiert die Sammlung auf den Möglichkeiten, die uns das Interreg-Projekt «Digitale Kunst am Oberrhein» geboten hat. Hier wurden erste Setzungen gemacht. Wir erhielten Gelder vom Bundesamt für Kultur sowie vom Kunstkredit Basel-Stadt und kulturelles.bl. Der Fokus lag entsprechend auf Schweizer bzw. Basler Künstlerinnen und Künstlern. In Zukunft sollen aber auch internationale Positionen die Sammlung bereichern. Mein Konzept setzt einen Fokus auf netzbasierte Projekte. Das machen nur wenige, weil es komplexe Serverstrukturen voraussetzt – über die wir nun verfügen. Es geht mir also weniger um das Physische als auch um das Immaterielle.
Veranstaltungsraum
Platz und eine Bar mit Bierzapfhähnen – was braucht es mehr? (Bild: STEFAN BOHRER)
Hier unten muss jene Frage kommen, die standardmässig kommt, wenn es um das HeK und Veranstaltungen geht: Das Shift Festival gibts nicht mehr – ist nun ein Ersatz geplant?
Der Vorteil mit dem neuen Saal ist ja, dass wir nun regelmässig Veranstaltungen durchführen können. Vorher fehlte uns hier einfach die Infrastruktur. Ein Programmschwerpunkt wird sicher auf elektronischer Musik liegen – dafür haben wir neu auch einen eigenen Kurator –, doch als interdisziplinäres Haus wird es auch andere Formate geben. Neu ist, dass wir jeden Donnerstag bis 20 Uhr geöffnet haben. Da wird es jeweils um 19 Uhr eine kostenlose Führung geben sowie im Anschluss daran ein Konzert, einen Vortrag, eine Filmvorführung oder ähnliches. Zukünftig sind auch regelmässig grössere programmverdichtende Events und Musikveranstaltungen geplant, die Festivalcharakter haben sollen, und mit der einmal jährlich stattfindenden Oslo Night haben wir ja bereits ein kleines Festival auf den Weg gebracht.
…das aber spartenübergreifend ist und alle Institutionen am Platz mit einbezieht. So ein richtiges Medienkunstfestival, nur vom HeK aus, das wirds nicht mehr geben?
Die Idee ist da, aber wir wollen zuerst abwarten, wie dieser Raum funktioniert. Dann sehen wir weiter und schauen, was es braucht. Wir wollen hier auf jeden Fall auch Formate entwickeln, die über die Grenze hinaus ausstrahlen und internationalen Charakter entwickeln. Aber zuerst müssen wir am neuen Ort ankommen.
Vermittlungsraum
Mit Blick auf den überdachten Vorplatz: Der Vermittlungsraum ist noch leer, soll aber rege gefüllt werden. (Bild: STEFAN BOHRER)
Wie vermittelt man in Ihrem speziellen Feld?
Vermittlung ist für uns ein ganz wichtiger Aspekt – auch um Schwellenängste abzubauen, um Zugänge zu schaffen zu einer Kunst, die Medien einsetzt oder diese reflektiert, gerade auch für ein älteres Publikum oder für die sogenannten Digital Immigrants. Wichtig war uns ein separater Raum, weil wir auch Angebote anbieten wollen, die über die Vermittlung von Ausstellungskontexten hinausgehen. Hier entsteht ein unabhängiger Bereich mit einem vielfältigen Angebot – etwa mit den DIY-Workshops, die man ja schon kennt – wo man zum Beispiel kleine Roboter baut…
…der Klassiker der Museumsnacht…
…genau. Das wollen wir nun regelmässig anbieten, und wir wollen auch regelmässig Processing-Workshops zum Erlernen von einfachen Programmiertools durchführen – verknüpft mit künstlerischen Fragestellungen. Es geht uns um ein kritisches Hinterfragen von Technologien und auch um ein Schaffen von Medienkompetenz. Wir verstehen uns als Erfahrungs- und Lernort.
Café
Sabine Himmelsbach freut sich im Café vor allem auf den Kaffee – leider war bei unserem Besuch die Maschine noch nicht an. (Bild: STEFAN BOHRER)
Wir sitzen im Café und gucken auf den Freilager-Platz und auf die Hochschule für Gestaltung und Kunst. Der Austausch mit dieser ist Ihnen ein grosses Anliegen, wie Sie auch schon betont haben. Läuft er schon?
Ja! Die physische Nähe macht sehr viel aus – man hat sich einfach auf dem Schirm. Eine kleine Anekdote: Wir leihen uns für die Eröffnung die Garderobenständer des Instituts für Mode aus. Ich habe Kurt Zihlmann auf dem Weg von der Tramhaltestelle ins Büro getroffen, und das eben mal schnell mit ihm geklärt. So etwas ging vorher nicht, und das ist toll. Neben dieser Nachbarschaftshilfe ist natürlich der inhaltliche Austausch und die Zusammenarbeit im Rahmen von Projekten spannend. Zum Beispiel wird die Leiterin des Instituts Kunst, Chuz Martinez, anlässlich der Ryoji-Ikeda-Ausstellung mit dem Künstler ein Gespräch führen. Für eine weitere Ausstellung im Sommer 2015 arbeiten wir mit dem Institut für experimentelle Design- und Medienkulturen zusammen. Es ist also schon einiges auf den Weg gebracht.
Physisch trennt euch aber noch eine Glasscheibe – oder kann das Café rausstuhlen?
Ja, auf unseren Vorplatz hin.
Es ist ausserdem das erste öffentliche Café am Ort…
Ja!
…da freuen sich sicher auch die Studenten.
Ich denke schon! Die haben zwar eine eigene Cafeteria, aber wir bieten hier einfach eine andere Aufenthaltsqualität: Es ist halt ein richtiges Café, mit einer Super-Kaffeemaschine übrigens! (lacht)
Den Kaffee gibts aber nur zu den Öffnungszeiten des HeK?
Nein, das Café wird auch geöffnet sein, wenn das HeK zu hat, also auch Montag und Dienstag.
Das HeK hat neue Öffnungszeiten?
Ja. Und neu ist ebenfalls, dass der Eintritt etwas kosten wird. Aber die Preise sind tief angesetzt und Schüler, Jugendliche, Studierende haben nach wie vor freien Eintritt. Wir befinden uns nun auch nicht mehr in einem Provisorium. Dafür gibt es bei uns auch den Museumspass zu erwerben und alle anderen Vergünstigungen, die die Museen der Region anbieten.
Wird damit die Schwelle nicht wieder höher gesetzt? Medienkunst ist zwar nicht mehr gänzlich unbekannt, zielt aber doch noch auf ein sehr spezifisches Publikum?
Ich denke nicht, dass der Preis eine Schwelle darstellt. Aber unabhängig davon werden wir auch im Aussenbereich präsent sein, mit einem Projekt an der Fassade zum Beispiel oder mit Aktionen in unserer offenen Vorhalle. So wollen wir zusätzliche Sichtbarkeit schaffen und werden bestimmt den einen oder anderen Neugierigen ins Haus locken. Man sieht uns auch schon von der Tramhaltestelle aus, und da ist es inzwischen auch nur noch ein Katzensprung zu uns.
Eröffnung Freitag, 21. Nov., 18.30 Uhr. Führungen und Workshops finden am Samstag und Sonntag statt, Programm unter www.hek.ch.
Konzerte:
Freitag, 22 Uhr: Hieroglyphic Being (US), Stellar OM Source (BE), DJ Herva (IT), DJ Sassy (CH).
Samstag, 22 Uhr: Thug Entrancer (US), One Circle (IT), Lucy Railton & Russell Haswell (UK), patten (UK), Rainer Veil (UK).