«Wir wollten provozieren»

Wegen seiner Einladung an Basler Topmanager, ihre Löhne am 1. Mai öffentlich zu rechtfertigen, hat Martin Lüchinger ziemlich Kritik einstecken müssen. Im Interview erklärt der Noch-Präsident der Basler SP, was hinter der Aktion steckt.

Noch SP-Präsident Martin Lüchinger hat mit seiner Einladung an Basler Topmanager, am 1. Mai ihre Löhne öffentlich zu rechtfertigen, mächtig Kritik einstecken müssen. (Bild: Roland Schmid)

Wegen seiner Einladung an Basler Topmanager, ihre Löhne am 1. Mai öffentlich zu rechtfertigen, hat Martin Lüchinger ziemlich Kritik einstecken müssen. Im Interview erklärt der Noch-Präsident der Basler SP, was hinter der Aktion steckt.

Martin Lüchinger wird nur noch wenige Tage Präsident der Basler Sozialdemokraten sein, zum Schluss seines Präsidiums hat er sich und seine Partei aber noch einmal öffentlichkeitswirksam in Szene setzen können. In eingeschriebenen Briefen hat er mehrere Top-Kader von Unternehmen in Basel dazu eingeladen, ihre «überhöhten» Gehälter anlässlich der 1. Mai-Feier auf dem Barfüsserplatz öffentlich zu rechtfertigen. Unter den Empfängern der Briefe waren zum Beispiel Severin Schwan (Roche), Sergio Ermotti (UBS) und Joe Jimenez (Novartis). An der Aktion wurde massiv Kritik geübt, zuletzt vom ehemaligen Parteipräsident Roland Stark in der Basler Zeitung vom Dienstag. Im Interview mit der TagesWoche erklärt Lüchinger die provokative Aktion.

Herr Lüchinger, Sie haben in den letzten Tagen viel Kritik einstecken müssen. War der Brief an die Top-Manager ein Fehler?

Nein. Unser Ziel war es, die Aufmerksamkeit auf die 1:12-Initiative und die heutigen Lohnexzesse zu lenken. Dies haben wir erreicht, die Aktion wurde medial aufgenommen.

Nehmen Sie die Kritik an der Aktion ernst?

Klar. Ich nehme Kritik immer ernst. Bei solchen Aktionen sind die Meinungen immer unterschiedlich. Etwas hätte man vielleicht anders machen können, und zwar wäre es gut gewesen, den Empfängern auch die Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme zu geben. Bei provokativen Aktionen muss man mit heftiger Kritik rechnen.

Ihr Ziel war also die reine Provokation?

Ja. Provokation und Aufmersamkeit war beabsichtigt. Wir haben aber nicht mit solch heftigen Reaktionen gerechnet. Es war aber nicht unsere primäre Absicht, die Empfänger der Briefe an den Pranger zu stellen, wie dies von manchen Kritikern behauptet wird.

Wie sind die Rückmeldungen aus der Basis?

Auch hier bekommen wir verschiedene Ansichten zu hören, Kritik und Lob. Es gab aber sogar Neueintritte wegen dieser Briefe.

Haben sich die SP-Regierungsräte bei Ihnen gemeldet?

Ich habe mich mit Christoph Brutschin unterhalten. Er hat mir seine Sicht zur 1:12-Initiative dargelegt: Dass er dagegen ist, war uns bekannt.

Was halten Sie vom Vorwurf des schlechten Stils?

Stildiskussionen gibt es immer und die Meinungen sind geteilt.

Solche Aktionen ist man sich eher von den Juso gewohnt. Ist es Ihre Aufgabe als Parteipräsident, einen solchen Brief zu verschicken?

Klar, wenn ich hinter einer Aktion stehe, dann trage ich sie mit. Ansonsten hätte ich den Brief nicht unterschrieben.

Haben Sie Antworten erhalten von den Empfängern der Briefe?

Absagen und eine Begründung der Absage.

Wenn es Ihnen um die Diskussion gegangen wäre, hätten Sie dann nicht eine andere Form wählen müssen, beispielsweise eine Podiumsdiskussion ?

Das wäre eine Möglichkeit gewesen. Ich glaube aber nicht, dass die Angeschriebenen ihre Löhne an einem Podium öffentlich gerechtfertigt hätten.

Sie gelten als eher zurückhaltender Präsident. Wollten Sie am Ende Ihres Präsidiums zeigen, dass Sie auch frech sein können?

Nein darum ging es nicht. Unser Ziel war es, wie gesagt, auf die Lohnexzesse aufmerksam zu machen.

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