Abschied in die Bedeutungslosigkeit

Anfang August wurde die Fusionsinitiative lanciert. Die Frage lautete: Sollen sich die beiden Basel wieder zu einem Kanton zusammenschliessen?

Sollen wir wieder zusammen?

Heute wird die Fusionsinitiative lanciert. Die Frage lautete: Sollen sich die beiden Basel wieder zu einem Kanton zusammenschliessen?

Okay, dann bin ich halt altmodisch, konservativ, nostalgisch – aber ich bleibe dabei: Eine Fusion der beiden Basel ist Blödsinn.

Schon nur darum: Man nennt die Wiedervereinigung diesmal Fusion. Seit etwa 20 Jahren werden wir wöchentlich Zeuge von Firmenzusammenlegungen. Mittlerweise wissen wir: Bei Fusionen gibt es Gewinner (Aktionäre, mittleres und oberes Kader) und Verlierer (die unteren Chargen). Wenn Firmen fusionieren, Synergien nutzen und Personal abbauen, übernimmt der Staat die Kosten für die Verlierer. Wer soll sie nun übernehmen, wenn zwei Kantone fusionieren? Auch der Staat, die Kantone? Oder soll es bei Kantonsfusionen keine Synergien geben? Sollen die beiden Beamtenapparate unverändert bestehen bleiben und immer mal wieder zwei das Gleiche tun? Warum dann das Ganze?

Das Problem ist ja nicht, dass die beiden Basler Halbkantone nicht überlebensfähig wären. Das eine Problem ist, dass die bürgerlich dominierte Baselbieter Regierung mit einer hundslausigen Politik (überrissene Steuergeschenke, unüberlegte Ausgaben) das ländliche Basel in den Schlamassel geritten hat. Da muss das Baselbiet wieder raus. Selbstständig. Es darf ja wohl nicht sein, dass hinter der Fusion der Gedanke steckt, Basel-Stadt möge nach einer Vereinigung den Schaden übernehmen. Der Finanzausgleich würde auch ohne rote Baselbieter Kasse mehr Geld aus der Stadt aufs Land spülen als umgekehrt. Beim jetzigen Kontostand in Liestal wäre es massiv mehr.

Das andere, viel wichtigere Problem ist, dass die beiden Basel im Vergleich zur Bevölkerungszahl zu wenig Gewicht in der Schweiz haben. Zu wenig Einfluss, zu wenig Personen, die sich für die Interessen der Region engagieren. Stichwort Wisenbergtunnel, Stichwort Flughafen-Bahnanschluss, Stichwort Hochschulförderung und so weiter. Noch hat die Region zwei Regierungen, die sich einsetzen können. Nach einer Fusion wäre es noch eine. Ein Rückschritt. Dabei bräuchten wir Fortschritt, mehr Gewicht in der Eidgenossenschaft. Nicht nur zwei Regierungen, sondern auch vier Ständeräte. Zwei Standesstimmen statt nur einer. Das heisst: Wir bräuchten zwei Vollkantone. Das zu realisieren, ist schwieriger, als eine Fusion zu bewerkstelligen. Gewiss. Aber mit einer Fusion verabschieden wir uns in der Schweiz endgültig in die Bedeutungslosigkeit und akzeptieren freiwillig, dass ein Urner Stimmbürger zehnmal mehr zu sagen hat als ein Basler oder Baselbieter. Auf ewig.

 

Zum Pro-Kommentar von Philipp Loser

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.08.12

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