Also doch ein staatsmännischer Akt des Grossen Rats

Der Basler Grosse Rat schob wie zuvor die Regierung seine Ressentiments gegenüber dem Baselbiet beiseite. Mit dem Ja zur Finanzhilfe handelte das Parlament im eigenen Interesse und in einem Anflug von staatsmännischer Souveränität.

«Wohl Vorgehen macht wohl Folgen» – Inschrift im Basler Rathaushof.

(Bild: Dominique Spirgi)

Der Basler Grosse Rat schob wie zuvor die Regierung seine Ressentiments gegenüber dem Baselbiet beiseite. Mit dem Ja zur Finanzhilfe handelte das Parlament im eigenen Interesse und in einem Anflug von staatsmännischer Souveränität.

Die grüne Grossrätin Mirjam Ballmer prägte während der Grossratsdebatte zur Finanzhilfe an den Kanton Baselland das Wort des Tages: «Aussergewöhnliche Probleme verlangen nach aussergewöhnlichen Massnahmen.» Und so abgegriffen der Spruch wirkt, so angebracht ist er doch.

Denn es ist tatsächlich eine aussergewöhnliche Massnahme, welche die Basler Regierung dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt hat. Der reiche Stadtkanton, der seit Jahrzehnten darum kämpft, dass seine Zentrumsleistungen vom ehemals ebenso reichen Landkanton besser abgegolten werden, greift jetzt selber ins Portemonnaie. Und damit dem nicht mehr so wohlhabenden Partner mit 80 Millionen Franken unter die Arme.

Investition in die Bildungs- und Kulturregion

Es handelt sich aber nicht um Entwicklungshilfe. Und schon gar nicht um eine Geiselnahme oder um eine erfolgreiche Erpressung seitens des Baselbiets; diese Schlagwörter und Vorwürfe stammen aus den Voten, die an der Grossratsdebatte aus der politisch rechten Ratshälfte zu hören waren.

Es ist «eine Investition in die Wirtschaftsregion Basel», wie SVP-Grossrat Heinrich Überwasser als Abweichler seiner Fraktion zu Recht sagte. Um eine Investition zugunsten der Universität und der Kultur als identitäts- und prosperitätsstiftende Pfeiler des Grossraums Basel, wie die Regierung dem Parlament glaubhaft versichern konnte.

Der Grosse Rat folgte in überraschender Deutlichkeit. Dass die SVP dem Deal mehrheitlich nicht zustimmen konnte, überraschte nicht – das Nein gehört einfach zum Oppositions-Duktus dieser Partei. Dass die Gewerkschaftsvertreterinnen aus den Reihen der BastA! am lautesten mit den Zähnen knirschten, lag ebenfalls auf der Hand angesichts der Tatsache, dass die rot-grüne Regierung vor nicht allzu langer Zeit Abstriche bei den Sozialleistungen vorgenommen hatte.

Keinen guten Eindruck hinterliess aber die FDP, die mit einem Minderheitsantrag für eine Rückweisung des Geschäfts plädierte und sich mit ebenso kleinlich-trotzigen wie chancenlosen Änderungsanträgen in Szene zu setzen versuchte.

Staatsmännischer Akt

Die grosse Mehrheit des Grossen Rats zeigte sich aber von der souveränen und staatsmännischen Seite. Die Parlamentarier, die anfänglich von der Ankündigung des Deals vielleicht ebenso verblüfft wurden wie viele andere Basler Einwohnerinnen und Einwohner, haben Nutzen und Schaden offensichtlich genau abgewogen. Und sie haben sich dazu bewegen lassen, die Ressentiments gegenüber dem Partnerkanton beiseite zu legen und über den eigenen, lokalchauvinistischen Schatten zu springen.

Ein weiteres Wort der Debatte prägte Erziehungsdirektor Christoph Eymann: «Für eine funktionierende Partnerschaft braucht es zwei Partner, für das Scheitern reicht einer.» Basel-Stadt kann es sich leisten, für einmal nicht den finanziell günstigsten, sondern den faktisch am meisten versprechenden Weg einzuschlagen und sich damit als verlässlicher Partner zu positionieren.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Das letzte Wort in dieser Sache ist aber noch nicht gesprochen. Solange die Referendumsfrist läuft, ist die Vereinbarung noch nicht unter Dach und Fach. Und auch der Baselbieter Landrat muss die in der Vereinbarung genannten Bedingungen noch erfüllen. Dabei geht es um die Uni-Pensionskasse und die gemeinsamen Trägerschaften des ETH- und des Tropeninstituts.

Und auch die Ratslinke, die nun so geschlossen der Regierung gefolgt ist, wird sich wieder zu Wort melden. Spätestens an der Budgetdebatte im Dezember werden vor allem die SP und die BastA! darauf pochen, dass es sich der Kanton, der genügend Geld für den Partnerschaftsdeal aufbringen kann, auch leisten kann, die eine oder andere Sparmassnahme im Sozial- und Personalbereich zurückzunehmen. Die Debatte um den Partnerschaftsdeal ist also nicht zu Ende. Im Gegenteil: Sie wird in wenigen Wochen ihre indirekte Fortsetzung finden.

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