Anlässlich der Art Basel rümpfen viele die Nase über all den Kommerz. Kann richtig sein – darf aber auch ignoriert werden. Der Kunst zuliebe.
Nun liest und hört man sie wieder: Die horrend hohen Preise, die an der Art Basel für manch ein Werk ausgegeben werden. Beträge in Millionenhöhe. Man gewöhnt sich langsam daran und will sich doch nicht richtig daran gewöhnen, weil man sich dann unweigerlich fragt, ob solche Summen noch gerechtfertigt sind.
Die Antwort darauf ist gar nicht so einfach. Denn was bezahlt der Kunstkäufer? Bemalte Leinwand? Den Aufwand des Künstlers? Jenen des gewitzten Galeristen? Seine eigene Leidenschaft? Möglicherweise will er seine Sammlung komplettieren und ist bereit, dafür alles zu zahlen. Vielleicht kommt es ihm auch einfach nicht drauf an, ob er eine Million mehr oder weniger ausgibt.
Angebot und Nachfrage
Angebot und Nachfrage bestimmen heute im Kunstmarkt die Preise. Weil es gleichzeitig mehr Geld gibt auf der Welt und Kunst immer stärker zum Lifestyle der Reichen und Schönen gehört, explodiert der Markt: mehr Sammler, mehr Kunst, mehr Künstler. Und in der Folge auch mehr Messen – denn nirgends kauft es sich schneller und ist die Auswahl grösser.
«Durchschnittlich 100’000 Franken kosten die Teilnahme an der Art Basel eine Galerie. Das muss sich lohnen.»
Man kann sich darob stören, dass der Kunstmarkt die Preise in schwindelerregende Höhen treibt. Dass man als Mensch mit normal dickem Portemonnaie gar nicht mehr daran denken muss, an der Art Basel nach dem Preis zu fragen – ausser aus Neugier. Doch ist diese Diskussion im Grunde eine müssige.
Viel spannender ist die Frage, wie es um die Inhalte der Kunst heute steht. Um jene, die verkauft werden will. Denn – das darf man nicht vergessen – auch Künstler und Künstlerinnen brauchen Geld zum Leben. Und nur sehr wenige können davon träumen, dass ihr Werk an der Art Basel einen Höchstpreis erzielt.
Produktionsdruck
Der Künstler, der sein Werk dank einer Galerie an eine Messe bringt, hat ein Problem: Der potenzielle Kunde, der sich durch die Messehalle bewegt, hat wenig Zeit. Ist das Kunstwerk kein Eyecatcher, hat der Künstler vielleicht schon verloren. Der Künstler also produziert ein Werk, das anspricht. Das gefällig ist. Ein Problem, das Künstler schon vor Jahrhunderten antrieb – nur ist durch die viel grössere Anzahl Künstler auch die Konkurrenz viel grösser geworden.
Fragt man Galeristen, so geben sie zu, dass es Werke gibt, die sie nicht an eine Messe mitnehmen können. Müsste man hier sagen: nicht mehr? Vor ein paar Jahren noch dauerte die Art Basel von Dienstag bis zum darauffolgenden Montag. Der Freitag war jeweils ein spezieller Tag: Manche Galerien wagten dann ein Sonderprogramm. Sie stellten ihre Stände um, präsentierten nur einen Künstler oder für einmal gar nur eine grosse Videoinstallation. Gibt es nicht mehr.
«Anstatt sich darüber aufzuregen, dass die Inhalte im Kunstmarkt nicht mehr zählen, sollte man sie zählen lassen.»
Man kann dies nicht mehr wagen. Nicht nur, weil die Messe inzwischen auf zwei Previewtage und vier öffentliche Tage geschrumpft wurde. Sondern auch, weil die Rendite immer wichtiger wird. Durchschnittlich 100’000 Franken kosten die Teilnahme an der Art Basel eine Galerie. Das muss sich lohnen. Die Messeleitung leistet es sich zusätzlich, die Standmieten fast jährlich und beträchtlich zu erhöhen. Nicht jede und jeder kann sich das noch leisten.
Der kommerzielle Aspekt der Messe wird durch solche Massnahmen verständlicherweise noch erhöht. Und noch ist eine Trendumkehr nicht in Sicht. Die Art Basel ist und bleibt im Moment die wichtigste Kunstmesse weltweit. Sie kann es sich (noch?) leisten, weil sie die Trends selber mit setzt.
Boykott hilft der Kunst nicht
Als Besucher kann man die Art Basel und ihre Nebenmessen nun boykottieren, wenn man diesen Kommerztrubel nicht mitmachen will. Man muss sich – als Kunstliebhaber – aber auch vor Augen führen: Er hilft den Inhalten der Kunst nicht. Der Besuch einer Kunstmesse hat auch einen sinnlichen Aspekt. Gerade wenn man weiss, dass man nicht da ist, um etwas zu kaufen, kann man stöbern. Sich einlassen auf etwas, denn es drängt ja nichts. Und es gibt immer noch wunderbare Werke zu entdecken. Darunter solche, die gerade in diesen Tagen vielleicht für immer in einer Privatsammlung verschwinden.
Anstatt sich darüber aufzuregen, dass die Inhalte im Kunstmarkt nicht mehr zählen, sollte man sie zählen lassen. Auch an einer Messe. Und jene Galeristen belohnen, die auch daran glauben. Die gibt es nämlich auch noch.