Basel hat offensichtlich ein Problem im Umgang mit Gewalt. Immerhin hat die Stadt mit Baschi Dürr aber auch einen Sicherheitsdirektor, der das Problem sehr gut auf den Punkt bringen könnte – und vielleicht sogar unerwartete Lösungen parat hätte. Leider schweigt der aber. Ein schwerer Fehler.
Es ist wie ein schlechter Witz. Vor ein paar Monaten entbrannte im Basler Wahlkampf eine Gewaltdebatte, in der den Politikern bald kein Vergleich mehr zu blöd, keine Forderung übertrieben schien. Die SVP zum Beispiel stellte die Sicherheitslage Basels im Ernst mit jener von Mogadischu gleich und verlangte die Verbannung der Randständigen und der Asylsuchenden aus dem hiesigen Stadtbild.
Und was tat der Sicherheitsdirektor? Er schwieg. Ein paar Worte zu verlieren und zumindest die unsinnigsten Behauptungen zu widerlegen, das war dem scheidenden Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass kurz vor dem Ruhestand offenbar schon zu viel.
Baschi Dürr, ein geschliffener Rhetoriker – eigentlich
Nun hätte Basel endlich wieder eine andere Figur an der Spitze der Sicherheitsdirektion: Baschi Dürr, einen ambitionierten Politiker aus der PR-Branche, der – zumindest bis vor Kurzem – immer genau wusste, was zu sagen war.
Doch was tut dieser junge, wortgewandte PR-Mann nun? Genau das Gleiche wie sein Vorgänger: Er schweigt. Die Erklärung für das wenig passende Verhalten liefert sein Mediensprecher: Der Herr Regierungsrat wolle sich erst einmal ein Bild von seinem neuen Arbeitsplatz, der Sicherheitsdirektion, verschaffen. Sobald er das habe, werde er sich auch gegenüber der Öffentlichkeit wieder äussern – 100 Tage nach Amtsantritt.
Ein Politiker, der nicht gleich drauflosplaudert, egal ob er nun eine Ahnung hat oder nicht – das ist eigentlich eine ganz sympathische Idee. Nach inzwischen zwei Monaten im Amt müsste Dürr nun allerdings in der Lage sein, zu sagen, was im Bereich der Sicherheit Sache ist. Spätestens jetzt, nach der Präsentation der Kriminalstatistik, wäre das sogar dringend nötig gewesen. Denn ohne klare Ansage vonseiten der Regierung kocht die unsägliche alte Debatte wieder neu hoch.
Es braucht: ganz neue Ideen
Den Anfang haben die Parteien bereits gemacht. Die SVP verbreitet – wie immer in solchen Situationen – möglichst viel Aufregung, um ihrer Forderung nach mehr Polizisten, mehr Staatsanwälten und grösseren Gefängnissen Nachdruck zu verleihen. Und auch die SP äussert sich ebenfalls so, wie man es von ihr bei diesem Thema leider erwartet – verdruckst. Lieber als von den wirklichen Problemen spricht sie vom «subjektiven Sicherheitsgefühl», das sich leider «verschlechtert» habe. Abhilfe schaffen will sie nun unter anderem mit einer Panic-App. Als wäre die Alarmierung bis jetzt kaum möglich gewesen, mit Handy und Telefon.
Ebenso hilflos sind die Versuche der SVP, das Problem mit möglichst viel Polizei und Repression zu lösen. Solange auch in Europa ganze Länder in Armut verharren, wird es dort immer Menschen geben, die auch auf die krumme Tour versuchen, ihre Existenz sichern. Auch im Ausland. Und auch in der reichen Schweiz, der übrigens ebenfalls so manches Mittel recht ist, wenn es um den eigenen Wohlstand und den ihrer Firmen geht.
Unter diesen Voraussetzungen bräuchte es schon ganz neue Ansätze, um die Kriminalität deutlich zu senken.
Eine Reorganisation der Schweizer Sicherheitskräfte zum Beispiel, die eine schlagkräftigere Polizei und mobile Grenzwache brächte. Und gleichzeitig eine Armee, die nicht länger so grotesk überdimensioniert wäre wie heute.
Oder eine Legalisierung zumindest der weichen Drogen. Eine Massnahme, die aus sehr vielen Kriminellen wieder das machen würde, was sie eigentlich sind: ganz normale Menschen. Und eine Massnahme auch, die sehr viel Folgekriminalität verhindern würde.
Das Traurige an der ganzen Sache ist, dass Baschi Dürr, der Kriegsdienstverweigerer und Befürworter einer Liberalisierung aller Drogen, solche Ideen vielleicht sogar noch hätte.
Nur müsste er sie endlich aussprechen. Lieber heute als morgen.