Bodeninitiative: Im Windschatten der DSI zum Ja

Die Durchsetzungsinitiative hat eine gewaltige linke Mobilisierungswelle ausgelöst. Auf dieser Welle ritt auch die wenig überzeugende Bodeninitiative zu einem Erfolg.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Durchsetzungsinitiative hat eine gewaltige linke Mobilisierungswelle ausgelöst. Auf dieser Welle ritt auch die wenig überzeugende Bodeninitiative zu einem Erfolg.

Ich wage eine These:

Ohne die Durchsetzungsinitiative (DSI) wäre die Bodeninitiative nie angenommen worden.

Der Abstimmungskampf rund um die DSI hat eine gewaltige Mobilisierung ausgelöst. Viele Stimmbürger, die der Urne normalerweise fernbleiben, nahmen an dieser wichtigen Abstimmung teil. Die Debatte im Vorfeld war beispiellos, gehässig, intensiv und reichte insbesondere dank sozialer Medien tief in den Privatbereich hinein. Besonders die Gegner der DSI, zumindest teilweise ein Publikum mit Sympathien für linke Anliegen, scheinen erfolgreich mobilisiert zu haben. Das zeigt auch die überraschende Zustimmung zur Juso-Initiative gegen Nahrungsmittelspekulation.

Im Windschatten der DSI hat es bei der Bodeninitiative für ein Ja (66,88 Prozent) gereicht.

Schwierige Vorlage

Das war alles andere als absehbar, denn die Vorlage machte es einem nicht leicht zu entscheiden, wohin das Kreuzchen zu setzen war.

Einerseits haben sich die Initianten grosse Mühe gegeben, ihr abstraktes Vorhaben in einprägsame Parolen zu packen. Wer kann schon mit Immobilienspekulation sympathisieren? Wer wollte denn nicht verhindern, dass die Regierung unser «Tafelsilber» verscherbelt? Was sollte schlecht daran sein, wenn der Kanton seinen Boden «in der Hand» behält?

Doch leider hielten einige Argumente der Befürworter einem genaueren, kritischeren Blick nicht stand. So entpuppte sich etwa die Aussage, langfristig gesehen sei eine Vergabe im Baurecht lukrativer als ein Verkauf, bei näherer Betrachtung als Behauptung, die auf einer hypothetischen Modellrechnung beruht. Die angeblich so harten Zahlen waren plötzlich nicht mehr besonders robust.

Das gleiche Schicksal ereilte auch eine andere Zahl, die den Befürwortern dazu diente, ihrem Anliegen Relevanz und Tragweite zu verleihen. Dabei ging es um den Grundbesitz des Kantons. Dieser beträgt entgegen der Behauptungen seitens Initianten nicht 40 Prozent der Kantonsfläche, sondern nur knapp die Hälfte, wie eine Datenanalyse der TagesWoche ergab. Tatsächlich zielt die Bodeninitiative sogar auf einen noch kleineren Teil des kantonalen Liegenschaftsbesitzes. Statt um 40 Prozent geht es bei der Bodeninitiative um knapp neun Prozent der Kantonsfläche.

Nicht zu Ende gedachte Argumente

Andere Argumente wiederum gingen zwar in die richtige Richtung, schienen jedoch nicht zu Ende gedacht. So stellt das Baurecht etwa keine Antwort auf das Problem der Wohnungsknappheit oder des Mangels an erschwinglichem Wohnraum dar. In Zürich ist ein Baurecht an Bedingungen geknüpft, so muss etwa ein Prozent des Wohnungsbestandes in Form von Notwohnungen sozial Benachteiligten zur Verfügung gestellt werden. Vergleichbare Auflagen kennt das Baurecht in Basel nicht, eine aktive Wohnpolitik sieht anders aus. 

Andererseits erschöpften sich zahlreiche Gegenargumente in Ideologie. Das bürgerliche Nein-Komitee argumentierte stur nach der vermeintlichen Marktlogik. Etwa wenn sie der Immobilienbranche das Wort redete, die jegliche Einschränkung ihres Handlungsspielraumes als Angriff auf den freien Wettbewerb versteht. So leuchtet es etwa nicht ein, weshalb sich ein Investor durch ein 100-jähriges Baurecht von einem Projekt abhalten lassen sollte. Wer baut denn heute noch Gebäude, deren Lebensdauer mehr als 70 bis 80 Jahre beträgt? Solche Investitionen amortisieren sich deutlich schneller. Umso mehr, als dass der Kaufpreis für ein Grundstück weg- und damit die Anfangsinvestition markant tiefer ausfällt.

Bodeninitiative schafft ein starres Regelwerk

Berechtigter scheinen hingegen die Befürchtungen, dass der Kanton durch die Auflage, bei allfälligen Verkäufen den Immobilien-Bestand innerhalb von fünf Jahren wieder ausgleichen zu müssen, in seiner Handlungsfreiheit als Akteur auf dem Markt unverhältnismässig eingeschränkt ist. Ebenso sollte es der kantonalen Immobilienverwaltung doch möglich sein, ungeeignete Grundstücke möglichst unkompliziert zu veräussern. Die Bodeninitiative schafft ein starres Regelwerk, wo eine flexible Lösung gefragt wäre. Um wieder das Beispiel von Zürich zu bemühen, Grundstückverkäufe im Wert von über einer Million gehen dort automatisch ins Parlament; politischer Entscheid statt sturem Mechanismus.

Ich habe schliesslich Ja gestimmt. Nicht weil mich die Initiative restlos überzeugt hat, sondern weil ich nicht darauf vertrauen will, dass eine Regierung, die dereinst mal nicht mehr links-grün dominiert sein könnte, in wohnbaupolitischen Fragen einen ebenso progressiven Kurs fährt, wie das die heutige Regierung etwa beim Felix Platter-Areal getan hat.

So ist es der Linken in Basel nach einer langen Durststrecke und zahlreichen gescheiterten Initiativen wieder einmal gelungen, an der Urne zu obsiegen. Schade, dass es dafür eine derart gefährliche, fremdenfeindliche SVP-Initiative gebraucht hat.

» Alle Abstimmungsresultate aus BS und BL: «70,17 Prozent: Deutliches Nein zur DSI in Basel-Stadt»

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