Brutal, diese Niederlage

Rotgrün schien so nah dran – und scheiterte grandios bei der Baselbieter Regierungswahl. Ob die Bürgerlichen den Kanton jetzt weiterbringen? Allzu viel sollte man wohl nicht erwarten.

So sehen Verlierer aus: Eric Nussbaumer (SP). (Bild: Alexander Preobrajenski )

Rotgrün schien so nah dran – und scheiterte grandios bei der Baselbieter Regierungswahl. Ob die Bürgerlichen den Kanton jetzt weiterbringen? Allzu viel sollte man wohl nicht erwarten.

Dieses Resultat ist für Eric Nussbaumer (SP), ja überhaupt für Linksgrün eine brutale Niederlage. Noch nie schienen die Voraussetzungen für SP und Grüne so gut, zum ersten Mal seit einer kleinen Ewigkeit die Mehrheit in der Baselbieter Regierung zu übernehmen.

Einerseits hatten die beiden Parteien mit Nussbaumer einen populären Kandidaten, der es als Nationalrat auch national schon zu Bekanntheit gebracht hat. Andererseits haben die Bürgerlichen im Baselbiet in den letzten Jahren unglaublich viel falsch gemacht. Und dennoch ist aus dem knappen Vorsprung im ersten Wahlgang ein Rückstand von 4600 Stimmen geworden.

Warum? Wie konnte es dazu kommen? Diese Fragen werden Eric Nussbaumer und seine Entourage wohl noch einige Tage beschäftigen – obwohl es möglicherweise auch eine ganz einfache Erklärung gibt: Das Baselbiet ist ein eher konservativer Kanton, der entsprechend wählt und stimmt. Wer bürgerlich ist und auch sonst nicht aus dem Rahmen fällt, hat da schon mal einen Vorteil.

Plötzlich nett

Für diesen Kanton hat die SVP mit Thomas Weber ganz offensichtlich den geeigneten Kandidaten gefunden. Zudem gelang es der Partei, die FDP und die CVP mit ein paar freundlichen Worten wieder auf ihre Seite zu bringen. Das war wahrscheinlich die grösste Leistung nach all dem Hohn und Spott, mit dem die SVP bis vor Kurzem noch die bürgerlichen Konkurrenz überschüttet hat.

Aber so läuft die Baselbieter Politik eben.

Wenn es wieder mal um etwas geht, das die Politiker wirklich interessiert: sprich um einen Posten, hält man im bürgerlichen Lager zusammen. Einer hilft dem anderen, damit sich dieser bei der nächsten Gelegenheit revanchieren wird. Es ist ein einfaches, aber sehr gut funktionierendes System, vor allem auch dank den einflussreichen Verbänden im Hintergrund (Wirtschaftskammer, Hauseigentümerverband), die Geld und Adresskarteien zur Verfügung stellen und auch vor Falschaussagen nicht unbedingt zurückschrecken, wenn es darum geht, Stimmung gegen den politischen Gegner zu machen.

So mobilisiert man die Leute in der Baselbieter Politik. Und so gewinnt man hier die Wahlen.

Bringt das den Kanton weiter?

Nun könnte man selbstverständlich über politischen Anstand philosophieren, angefangen bei Sokrates und weiter durch sämtliche Irrungen und Wirrungen der Welt- und Lokalgeschichte bis hin zu Hans Rudolf Gysin. Aber das wäre müssig. Entscheidend ist jetzt eine ganz andere Frage: Ob diese Wahl das finanziell angeschlagene Baselbiet weiterbringen kann und weiterbringen wird.

Noch darf man hoffen, weil Sieger Thomas Weber ein freundlicher Mann ist, der offen wirkt, auch gegenüber anderen Meinungen und Kritik, womit er sich schon mal sehr wohltuend von seinem Vorgänger Adrian Ballmer abhebt. Warum sollte sich der Buusner dank diesen Eigenschaften nicht ähnlich entwickeln können wie der frühere Gesundheitsdirektor Erich Straumann (ebenfalls SVP), der allein schon mit seiner wunderbar-einfachen Art in der so wichtigen Zusammenarbeit mit der Stadt und ihrer Regierung deutlich mehr bewirkt hat als der eine oder andere SP-Regierungsrat?

Vielleicht sollte man von Weber aber auch nicht allzu viel erwarten, selbst wenn er im Wahlkampf immer wieder von einem neuen Stil, neuen Ideen und einer neuen Dynamik gesprochen hat. Denn hinter ihm steht genau jener Machtapparat, der den Finanz-Schlamassel angerichtet hat. Kaum vorstellbar, dass die gleichen Politiker, die gleichen Parteien und die gleichen Verbände nun plötzlich alles besser machen, obwohl das eigentlich dringend nötig wäre.

Da wäre nach einer etwas mutigeren Wahl und einem wirklichen Wechsel wahrscheinlich mehr möglich gewesen. Aber eben: Jeder Kanton hat die Regierung, die zum ihm passt.

Der plötzliche Aktionismus der Grünen und die seltsame Rolle von Isaac Reber. Linksgrün statt bürgerlich: Viel war in den vergangenen Wochen und Monaten gesagt und geschrieben worden über einen möglichen Regierungswechsel im Baselbiet. Nach seiner Niederlage gegen den SVP-Kandidaten Thomas Weber war das Thema zumindest für Eric Nussbaumer (SP) beendet. Recht niedergeschlagen wirkten auch die anderen SP-Vertreter, die sich im Regierungsgebäude noch blicken liessen.
Zumindest theoretisch besteht für Rotgrün aber immer noch die Chance auf einen Regierungswechsel: Am 9. Juni bei der Ersatzwahl für den verstorbenen Gesundheitsdirektor Peter Zwick (CVP). Die bürgerlichen Parteien stellen sich hinter den CVP-Kandidaten Anton Lauber. Den umgänglichen Mitte-Politiker und Gemeindepräsidenten von Allschwil zu schlagen, dürfte noch wesentlich schwieriger sein, als sich gegen den rechtskonservativen Weber durchzusetzen. Dennoch denkt man offenbar vor allem bei den Grünen an eine Gegenkandidatur. Die Rede ist auch von einem Quereinsteiger, «auf den man gespannt sein darf», wie es bei der Partei heisst.
Erfreulich an der Kandidatur wäre, dass sie dem Baselbiet eine wirkliche Wahl ermöglichen würde. Etwas seltsam wäre sie trotzdem, nachdem sich einer der bekanntesten Baselbieter Grünen aus der Auseinandersetzung Nussbaumer gegen Weber betont rausgehalten hat: Die Mehrheitsverhältnisse in der Regierung seien nicht entscheidend, sondern nur die Interessen der Bevölkerung, erklärte Isaac Reber unter anderem auf Facebook. Sich zuerst vornehm zurücknehmen – und danach eine eigene Kandidatur mit sehr viel schlechteren Aussichten vorantreiben: das käme bei der SP kaum sehr gut an.

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