Das Ende einer unrühmlichen Provinzposse

Die Basler Stimmbevölkerung sagt Ja zum Claraturm. Mit dem Volksentscheid findet eine veritable Provinzposse ihr Ende. Die nächste wird gewiss nicht lang auf sich warten lassen.

Die Basler Stimmbevölkerung sagt Ja zum Claraturm. Mit dem Volksentscheid findet eine veritable Provinzposse ihr Ende. Die nächste wird gewiss nicht lang auf sich warten lassen.

Aufatmen im Kleinbasel. Der Claraturm kann gebaut werden. Die Mehrheit ist mit rund 53 Prozent zwar knapp. Aber Ja heisst Ja. Der grosse Kater und der Katzenjammer, den eine Annahme des Referendums nach sich gezogen hätten, bleiben uns erspart. Gottseidank. Denn dieser Blues, man erinnere sich an die Ablehnung des neuen Stadtcasinos, ist fast noch schwerer zu ertragen als das, was man im Abstimmungskampf zu hören bekam.

Ob für oder gegen den Turm, die Protagonisten schienen derart bemüht, sich jede erdenkliche Blösse zu geben, dass man sich bisweilen im Kasperletheater wähnte. Auf der einen Seite: der widerspenstige Barbetreiber Bernauer, der das Referendum quasi im Alleingang stemmte, Heimatschutz und Denkmalpflege, seit Jahren Karikaturen ihrer selbst, und der in seinem ästhetischen Empfinden beleidigte Stararchitekt Herzog; auf der anderen: der zu allem entschlossene und Widerstand nur schwer ertragende Baudirektor Wessels und seine neuerdings augenscheinlich auf unerschwinglichen Wohnraum fixierte sozialdemokratische Partei, das um Stilblüten nie verlegene Kleinbasler Gewerbe – und nicht zu vergessen die Beste aller Zeitungen (BaZ), die der Provinzposse nicht nur eine tägliche Bühne gab, sondern gelegentlich auch selbst einen kleinen Sketch aufführte.

Doch so hoch der Unterhaltungswert der öffentlichen Debatte war – man sollte nie vergessen, dass sie auch ausserhalb Basels wahrgenommen wird. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Qualität des Diskurses zur Verbesserung unseres Images beiträgt, um dessen Pflege wir doch so bemüht sind. Abstimmungen wie diese sind wohl eher dazu geeignet, die Sinnhaftigkeit der direktdemokratischen Entscheidfindung in Frage zu stellen.

Abstimmungen wie diese sind dazu geeignet, den Sinn der direktdemokratischen Entscheidfindung in Frage zu stellen.

Die Mehrheit der Stimmenden wird sich ohnehin nicht die Mühe gemacht haben, das Für und Wider der Vorlage ernsthaft abzuwägen. Den einen bot sich mit der Abstimmung wieder einmal eine Gelegenheit, «denen da oben» eins vor den Bug zu knallen. Für andere ging es um die Frage «Modernisieren oder Bewahren?». Und für die grosse Mehrheit war die Entscheidung wohl schlicht Geschmackssache. Umso erstaunlicher, dass der Bau vom Volk angenommen wurde, denn schön ist er ja nicht mal auf den Visualisierungen seiner Erbauer.

Aber jetzt kann er ja gebaut werden, der Claraturm. Über den übrigens gar nicht abgestimmt wurde. Denn das Referendum wurde ja nicht gegen das Gebäude ergriffen, sondern gegen die Zonenänderung und den Bebauungsplan für den Bereich Clarastrasse, Riehenring und Drahtzugstrasse. Angenommen wurde also nicht zuletzt der Impuls, den sich das von jahrelangem Exodus des Gewerbes gebeutelte Quartier erhofft.

In der Tat kann man sich von den neuen Quartierbewohnern einiges versprechen, wenn die 170 Wohnungen erst mal vermietet sind. Ihre Zahlkräftigkeit haben sie ja schon mit der Unterschrift auf dem Mietvertrag verbrieft. Die Designboutiquen werden nur so aus dem Boden poppen. Dass dazu eher trendige Szenebars passen als heruntergekommene Quartierspelunken, versteht sich von selbst.

Freuen wir uns also mit den Kleinbaslern auf die neue Zeit. Jene, die sich um den täglichen Schwank gebracht sehen, mögen sich trösten: Die nächste Posse wird nicht lang auf sich warten lassen.

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