Energie-Experte Hanspeter Guggenbühl erklärt in seinem Kommentar, warum er den Gerichtsbeschluss zum Atomkraftwerk Mühleberg für richtig hält.
Als das KKW Mühleberg 1972 den Betrieb aufnahm, rechnete man für Atomkraftwerke gemeinhin mit einer Lebenszeit von 30, später von 40 Jahren. 1990 beschloss das Schweizer Volk ein zehnjähriges Bauverbot (Moratorium) für neue AKW.
Darauf rüsteten die Stromunternehmen ihre alten Anlagen nach und erhöhten die potenzielle Lebensdauer auf 50 bis 60 Jahre. Die Schweizer AKW gehören heute zu den Ältesten auf der Welt.
Noch weiter gingen die Behörden: Sie erteilten für alle inländischen Kernkraftwerke unbefristete Betriebsbewilligungen. Zuletzt, 2009, verlängerte das Energiedepartement unter Moritz Leuenberger die Bewilligung für das KKW Mühleberg von 40 Jahren auf «unbefristet». Diese Bewilligung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVG) jetzt rückgängig gemacht und begrenzt auf die nächsten 15 Monate.
Ob und wie sicher der Atommeiler in Mühleberg ist, lässt sich vom journalistischen Schreibtisch aus nicht beurteilen. Selbst Experten streiten sich. Sicherheit ist auch eine Glaubens- und Interessenfrage. Trotzdem lässt sich sagen: Das Urteil des BVG ist richtig und logisch. Denn es entbehrt jeder Logik, für Anlagen, die ständig überwacht und kontrolliert werden müssen, unbefristete Betriebsbewilligungen zu erteilen. Der Bundesrat selber hätte die unbefristete Bewilligung aufheben müssen; dies spätestens nach der Atomkatastrophe von Fukushima, als seine Aufsichtsbehörde neue Sicherheitsmängel in Mühleberg erkannte und ein Konzept zur Behebung verlangte.
Trotz Lichterlöschen: Die Lichter gehen nicht aus
Das Gericht verlangt jetzt ein «umfassendes Instandhaltungskonzept» für das KKW Mühleberg. Ob die BKW diese Aufgabe bis Juni 2013 auf befriedigende Art lösen kann, ist ungewiss. Noch fraglicher ist, ob sich die notwendige Nachrüstung für das 40 Jahre alten AKW wirtschaftlich überhaupt noch lohnt. Denn eine Sanierung des von Rissen durchsetzen Kernmantels dürfte Hunderte von Millionen Franken verschlingen und die heute tiefen Produktionskosten wesentlich erhöhen.
Selbst wenn «Mühleberg» sofort abgestellt wird, gehen die Lichter nicht aus. Denn in Mitteleuropa gibt es seit 2009 Strom im Überfluss. Bis mindestens 2014 dürften die Kapazitäten der Kraftwerke den Strombedarf um 10 bis 20 Prozent überschreiten. Entsprechend tief sind die Preise auf dem europäischen Strommarkt. Darum empfiehlt sich eine vorzeitige Stilllegung des KKW Mühleberg nicht nur aus Gründen der Sicherheit, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht.