Der Rechtsrutsch bremst die Energiewende aus und bugsiert uns ins vorige Jahrhundert

Die bürgerlichen Wahlsieger haben in der Energiefrage keine Antworten. Anstatt zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln, landen wir so im vorigen Jahrhundert.

Mit dem Resultat der eidgenössischen Wahlen bekommen diejenigen recht, die der Atomkraft huldigen und erneuerbare Energien totreden.

(Bild: ALESSANDRO DELLA BELLA)

Die bürgerlichen Wahlsieger haben in der Energiefrage keine Antworten. Anstatt zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln, landen wir so im vorigen Jahrhundert.

Die Energiewende lässt sich nicht aufhalten, wir verpassen jedoch die Chance, sie zu gestalten. Die Wählerinnen und Wähler stärkten am Sonntag jene Parteien, die seit Jahrzehnten der Atomkraft huldigen, die Erneuerbaren totreden und jeden Ansatz einer zukunftstauglichen Lösung bekämpfen. Dabei sollten Politiker vielmehr den Weg ebnen für die Zeit nach dem AKW-Zeitalter.

Denn: Energiewende heisst, den Weg von der Atomenergie zu den Erneuerbaren zu organisieren. Diesen Weg hat die Schweiz längst eingeschlagen. Die Atomenergie ist unrentabel und unsicher. Niemand, der vollen Verstandes ist, würde ein neues AKW bauen, darin stimmen selbst Bürgerliche überein. Der Ausstieg aus der Atomkraft kommt also, ob wir es wollen oder nicht. Die Frage ist nur: Wie ersetzen wir sie?

Bei dieser Frage stellen sich SVP und FDP seit Jahren taub. AKW laufen lassen, so lange es geht, ist ihre Devise. Die Energiestrategie 2050 von Bundesrätin Doris Leuthard, die einen möglichen Weg aufzeigt, dämmen SVP und FDP wo immer möglich ein. Gerade hat der Ständerat die Energiestrategie weiter verwässert. Eine Laufzeitbeschränkung und ein Langzeitbetriebskonzept für AKW soll es nicht geben. Die Fördermittel für Energieeffizienz (kostendeckende Einspeisevergütung) hat der Ständerat auf sechs Jahre beschränkt – der Anreiz beispielsweise für Betreiber von Solaranlagen ist damit begrenzt.

Die ewigen Verhinderer und Atomkraft-Freunde leben weiterhin im Glauben, die Probleme der Energieversorgung würden sich von alleine lösen, der Markt richte es schon.

In der Wintersession entscheidet der neu zusammengesetzte Nationalrat darüber, ob das so bleibt – für SVP und FDP wird es mit 14 zusätzlichen Sitzen ein leichtes Spiel, das verwässerte Gesetz so zu belassen. Die FDP kündigt bereits an, weitere Punkte der Vorlage zu attackieren. 2016 folgt dann das zweite Paket der Energiestrategie. Dort wird es noch schwieriger, eine zukunftstaugliche Energiepolitik zu gestalten.

Das Kernstück des zweiten Pakets stellt die Lenkungsabgabe dar, die den Verbrauch von schmutziger Energie drosseln soll. Die an und für sich zukunftsfähige Idee wurde von links bis rechts bekämpft, nach dem Rechtsrutsch bestehen kaum Chancen, das Projekt zu retten. Am Ende bleibt die Energiestrategie ein Stapel Papier, der keine Wende bringt.

Die ewigen Nein-Sager und Atomkraft-Freunde leben weiterhin im Glauben, die Probleme der Energieversorgung würden sich von alleine lösen, der Markt richte es schon. Und gleichzeitig profitieren AKW-Betreiber davon, dass der Staat die Risiken und Folgekosten des Atomstroms grösstenteils übernimmt. Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz beim Aufbau der erneuerbaren Energien im Hintertreffen. Statt in die Zukunft zu führen, bugsieren uns die bürgerlichen Wahlsieger zurück ins vergangene Jahrhundert.

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Eine andere Sicht aufs Thema hat Hanspeter Guggenbühl, er schreibt: Drei Gründe, warum es noch Hoffnung gibt für die Energiewende

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