Daniel Vasellas Verzicht auf die 72 Millionen Franken Abgangsentschädigung kommt zu spät und genügt nicht mehr. Das Image der Novartis ist ebenso beschädigt wie die Kampagne der Wirtschaft gegen die Abzocker-Initiative.
Na endlich! Daniel Vasella, der abtretende VR-Präsident der Novartis, verzichtet auf die 72 Millionen Franken, die ihm als Entschädigung für ein Konkurrenzverbot über sechs Jahre zugesprochen worden waren. Dies aber erst nach einem Sturm der Entrüstung in den Medien und der Öffentlichkeit, bei etlichen Aktionären und in weiten Kreisen der Wirtschaft – von der bereits eingereichten Strafanzeige ganz zu schweigen.
Der Verzicht kann nicht als Zeichen der Selbsterkenntnis bewertet werden, auch wenn Vasella und die Novartis uns das jetzt weismachen wollen. Dazu kommt der Entscheid zu spät.
Im Grund genommen hätte dieser Entscheid gar nicht erst nötig werden dürfen. Denn das Entgelt für das Konkurrenzverbot war eigentlich nichts anderes als eine Abgangsentschädigung, einer jener mittlerweile verpönten und in der geplanten Grössenordnung geradezu unsittlichen «goldenen Fallschirme». Ein Unternehmen mit einer guten Corporate Governance hätte mithin gar nicht auf die Idee eines solchen Schweigegeldes kommen dürfen.
Der Verzicht kann nicht als Zeichen der Selbsterkenntnis bewertet werden.
Den Verantwortlichen, also dem Vergütungsausschuss des Verwaltungsrates und Daniel Vasella selber, war die Fragwürdigkeit der geplanten Zahlung offenkundig bewusst. Sonst hätte man nicht so lange auf strikter Geheimhaltung beharrt – sogar gegenüber den Aktionären.
Als die Geheimhaltung fiel, geschah dies nicht freiwillig. Der Onlinedienst «Inside Paradeplatz» präsentierte die obszöne Zahl ziemlich präzise und nannte die beteiligten Personen und Banken. Erst dann informierte Daniel Vasella via «Tagesschau» und glaubte, er könne sich mit dem Versprechen, er werde die ganze Summe für gemeinnützige Zwecke spenden, aus dem Schussfeld nehmen.
Da irrte er sich. Jetzt ging der Sturm erst richtig los. Und auch sein jetziger vollständiger Verzicht wird ihn kaum abklingen lassen. Denn er erfolgt nicht aus der Einsicht, dass derart vergoldete Abgänge vollkommen unangemessen sind, sondern lediglich aus der Einsicht, dass die Entrüstung in der Öffentlichkeit für das Unternehmen schädlich zu werden droht. Auch der Verzicht ist also ziemlich eigennützig.
Beruhigend könnte allenfalls wirken, wenn die Generalversammlung der Aktionäre vom kommenden Freitag ein paar klare Zeichen setzen würde. Zum Beispiel, indem sie dem Verwaltungsrat die Décharge verweigert. Oder indem sie sich weigert, den bisherigen Vizepräsidenten des Verwaltungsrats zum Interimspräsidenten bis in den Herbst zu wählen. Denn schliesslich war Ulrich Lehner als Mitglied des Vergütungsausschusses direkt am Zustandekommen des 72-Millionen-Franken-Deals mit Daniel Vasella beteiligt.