Vom liberalen Gewissen übermannt hat Kollege Michael Rockenbach eine Verteidigungsschrift zuhanden Baschi Dürrs vorgelegt. Gegen den «grossen Wahlsieger» würden ungerechte Anwürfe gemacht. Eine Replik, wieso bei Dürr Vorsicht geboten ist.
Es gibt triftige Gründe, Baschi Dürr nicht über den Weg zu trauen. Doch zunächst zu den Äusserlichkeiten: Wahlsieger sehen so aus wie Sarah Wyss, sie legen ein Tänzchen hin, jauchzen und glucksen und schmusen unstatthaft die Kollegen ab. Sehen sie so aus wie Baschi Dürr, nachdenklich durchs Wahlzentrum streifend, bierernst, aber ganz ohne Bier, fühlen sie sich vermutlich nicht als Sieger. Wofür eines spricht: Dürr hatte seinen ganzen Wahlkampf aufs Regierungspräsidium ausgerichtet und wurde dort von Amtsinhaber Guy Morin locker abgehängt.
Es stimmt, Baschi Dürr wurde über Gebühr an seiner Erscheinung und seinem Auftreten gemessen. Dass es so gekommen ist, liegt an Dürr selbst. Kaum hatte der Wahlkampf begonnen, verschwand der staatskritische, scharfzüngige Neoliberale unter einer Tarnkappe, aus der nur sein Kopf und hin und wieder eine Stange Bier hervorragten. Also sprach man über seinen Kopf und übers Bier. Farner hätte es nicht besser hinbekommen.
So blieb Dürr für linksliberale Wählergruppen interessant. Lieber als mit wem er Saufen geht, hätte man von Dürr aber erfahren, wo er als Regierungsrat die Verwaltung ausdünnen will. Als Präsident der grossrätlichen Finanzkommission müsste er in der Lage sein zu verorten, wo der Speck in der Verwaltung liegt, wo die Steuerfranken keinem vernünftigen Zweck zugeführt werden. Wer gegen die übergewichtige Verwaltung redet, muss einen Diätplan mitbringen.
Unverständliche Kulturpolitik
Ins dornige Feld der Sachpolitik hat sich Dürr nur einmal begeben. Er will die Kulturpolitik in ein neues System zwängen. Der Staat soll Funktionen definieren, und für die Erfüllung dieser Funktionen Subventionen sprechen. Dafür müssen sich die Institutionen und Künstler in einer Ausschreibung bewerben. Verstanden hat das Konzept kaum einer, das Thema ging unter.
Dabei lohnt es sich, Dürrs Überlegungen nachzuvollziehen. Wer der Kultur Funktionen auferlegt, und ihre Finanzierung damit verknüpft, operiert mit einem Kulturbegriff, wie ihn totalitäre (oder totalitär marktwirtschaftliche) Systeme kennen. Bis zur Zensur der Inhalte ist es da nicht weit: Eine unliebsame Ausstellung, ein verqueres Projekt und bei der nächsten Ausschreibung kann die Finanzierung mit dem Argument der ungenügenden Funktionswahrnehmung gestrichen werden. Der Mechanismus dazu wäre jedenfalls angelegt, gerade in den Köpfen der Kulturschaffenden. Morin hat recht, wenn er von Instrumentalisierung spricht.
Sicherheitsdebatte ohne Dürr
Kein Interesse zeigte Dürr an der Basler Sicherheitsdebatte. Da waren selbst von den Linken mehr Beiträge zu hören. Das spricht einerseits für seinen politischen Instinkt, dass ihm der grobschlächtige Populismus eines Christophe Hallers an der Urne nichts nützen wird. Andererseits spricht es gegen Dürr, denn er wird aller Voraussicht nach in gut einem Monat zum Sicherheitsdirektor gewählt. Wir hätten gerne seine Vorschläge diskutiert, wie Basel sicherer wird und wie viel das kosten darf – oder seinen Kommentar zur Kenntnis genommen, dass die Sicherheitsdebatte überflüssig ist.
Wer sich aus der Sachpolitik ausklinkt, sobald es in den Wahlkampf geht, weckt Misstrauen. Der geht davon aus, dass seine Ansichten eine Mehrheit abschrecken. Dürr hat sich allein in der Kulturpolitik zu verbindlichen Aussagen bewegen lassen, sonst hielt er sich bedeckt. Das macht ihn unberechenbar – und damit im Grunde nicht wählbar.