Der Grüne Stadtpräsident Guy Morin ist unfähig, weil sein Mitarbeiter Thomas Kessler in der «Arena» des Schweizer Fernsehens auftrat. So jedenfalls stellt es die «Basler Zeitung» dar. Umso besser weg kommt neuerdings dafür Baschi Dürr (FDP), der bis vor Kurzem ebenfalls noch als untauglich galt.
Man kann sich über die politische Haltung der «Basler Zeitung» wundern und sich über einzelne Kommentare sogar empören. Man kann über die BaZ überhaupt denken, was man will. Etwas muss man ihr aber lassen: Vor dem ersten Wahlgang bei den Regierungs- und Grossratswahlen hat sie das Thema gesetzt – die Sicherheit.
Interessant darum, wie die BaZ in den zweiten Wahlgang und die Entscheidung im Kampf ums Regierungspräsidium einzugreifen versucht. Spätestens seit ihrem heutigen Freitagsblatt ist die Stossrichtung klar: Der Grüne Regierungspräsident Guy Morin soll mit dem Vorwurf geschwächt werden, er habe seinen Laden nicht im Griff.
Kessler ist schuld, egal was er gesagt hat
Gestützt wird diese Behauptung mit einem Auftritt von Morins Mitarbeiter Thomas Kessler in der Arena des Schweizer Fernsehens. Die Sendung war offenbar so empörend, dass die BaZ erst einmal eine Woche brauchte, bis sie sich wieder gefasst hatte und den Auftritt des Basler Stadtentwicklers in einem Frontaufhänger, einem Tageskommentar und einem weiteren Artikel im Regionalteil aufarbeiten konnte.
Um Kesslers Aussagen geht es dabei auf keiner Zeile. Eine Frechheit ist nach Ansicht der BaZ allein schon der Umstand, dass Kessler die Einladung des Schweizers Fernsehens annahm, als «Sicherheitsexperte» Auskunft zu geben.
Für die BaZ der endgültige Beweis, dass er ein «publicitysüchtiger Chefbeamter» ist, ein «grosser Guru». Und damit eine «Hypothek für Morin», dem er mit seinem «ungeschickten Fernsehauftritt in den Rücken gefallen» sei. Der Grüne stehe nun als «zaghaftes Exekutivmitglied» da, das sich von der Verwaltung auf der Nase herumtanzen lasse – und das kurz vor der entscheidendenden Wahl. «Ein gefundenes Fressen für die Herausforderer», folgert die BaZ.
Die BaZ bevorzugt ihre eigenen Sicherheitsexperten
Selbstverständlich gelingt es Kommentator Raphael Suter auch, eine ganze Reihe von Politikern zu zitieren, die sich nun ebenfalls «befremdet» oder zumindest «überrascht» geben. Es sind die gleichen Politiker, die immer befragt werden. SVP-Vertreter und – fast noch wichtiger – Christoph Haller, den die BaZ vor dem ersten Wahlgang mit einer ganzen Serie von Interviews, Leitartikeln und Gastbeiträgen zum Sicherheitsexperten zu befördern versuchte. Zu dem Mann also, den das angeblich so unsichere Basel dringend gebraucht hätte. Gewählt wurde Haller dennoch nicht.
Dafür ist ein anderer Freisinniger noch im Rennen: Baschi Dürr, der sich auch im Kampf ums Regierungspräsidium noch Chancen ausrechnet. Dumm nur, dass die BaZ ihn vor einigen Tagen noch als «verbissen und staubtrocken» dargestellt hat, als «völlig verkrampft», ohne «jeglichen Humor» oder kurz: nicht als «den Stapi, den sich Basel wünscht».
Damals war Dürr aber auch noch ein Konkurrent von Christoph Haller, der «das Terrain mit seinem Sicherheits-Wahlkampf geschickt für sich besetzt» habe, wie die BaZ vor dem ersten Wahlgang noch glaubte.
Ein Irrtum, wie sich herausgestellt hat. Nun scheint Dürr wieder recht, auch als Stapi. In der BaZ vom Freitag durfte er jedenfalls wieder einmal ausführlich Kritik an Morin anbringen und sich als die bessere Alternative präsentieren. Wie vorher schon bei unzähligen Podiumsdiskussionen und in Interviews dozierte er einmal mehr über die «fehlende Führung» im Regierungspräsidium und sein eigenes «Führungsverständnis».
Gass gibt es noch!
Schon überraschender ist da, dass sich neben Haller, Dürr und den SVP-Männern auch der abtretende Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP) noch einmal vernehmen liess. Er, der monatelang gar nichts gesagt hatte zur überbordenden Sicherheitsdebatte. «Kessler ist in unserem Kanton für das Thema Sicherheit nicht zuständig», sagte er nun der BaZ. Darum habe er bei Morin interveniert.
Nach dem langen Schweigen ist es beruhigend zu hören, dass Gass immer noch da ist.
Doch ist der ganze Ärger überhaupt berechtigt?
Nun, wenn man sich die Mühe nimmt, sich auch noch anzuhören, was in der «Arena» gesagt wurde, merkt man, dass Kessler einiges zum Besten gab, das auch dem Militärverweigerer Dürr («mache lieber was Sinnvolles») gefallen könnte. Dass die Schweizer Sicherheitspolitik von einem völlig veralteten Denken ausgehe, dass darum Milliarden von Franken für Kampfflugzeuge und Panzer verschleudert würden, dass das Geld in der Grenzwache und der Polizei sehr viel besser investiert wäre. Dort fehle das Personal und vor allem die Ausrüstung.
Des Weiteren erzählte Kessler das eine oder andere, das auch sein Chef Guy Morin gesagt haben könnte, einfach nicht so geschliffen wie sein Untergebener. Dass Prävention viel wichtiger und viel günstiger sei als Repression zum Beispiel. Oder wie wichtig darum die Integration und die Förderung schwieriger Jugendlicher sei.
Und, ach ja, auch das hat Kessler noch gesagt: Die ganze Sicherheitsdebatte werde sehr oberflächlich geführt. Es dominierten die Schlagworte und reisserischen Schlagzeilen.
Klar, dass das nicht allen passt.