Die entwurzelte Ökopartei

Der Rauswurf des streitbaren Landrats Jürg Wiedemann kommt zum richtigen Zeitpunkt. Doch die Probleme der Baselbieter Grünen sind damit nicht gelöst.

Der Rauswurf des streitbaren Landrats Jürg Wiedemann kommt zum richtigen Zeitpunkt. Doch die Probleme der Baselbieter Grünen sind damit nicht gelöst.

Seine E-Mails hat er bereits auf seine private Adresse umgeleitet. Der grüne Landrat Jürg Wiedemann scheint den Liebesentzug seiner Partei bereits verarbeitet zu haben. Er könne den Entscheid nachvollziehen, sagte er dem Regionaljournal vom SRF, eine Anfrage der TagesWoche liess er unbeantwortet.

Die Abwicklung des Störfalls Wiedemann gelingt den Grünen bislang erstaunlich reibungslos. Protest ist ausgeblieben, seit die Geschäftsleitung einstimmig die Einleitung eines Ausschlussverfahrens angekündigt hat. Offenbar hat man den richtigen Zeitpunkt für den Rauswurf erwischt. Nicht zu früh, um sich das Abwürgen einer kritischen Stimme vorwerfen zu lassen. Aber auch nicht zu spät, um zerrüttet in die Wahlen im Herbst zu gehen.

Es ist die einzige Mut machende Entwicklung für die schwer angeschlagene Partei. Bei den letzten Landratswahlen verlor sie ein Drittel ihrer Sitze im Baselbieter Landrat. Ist das Problem Wiedemann aus der Welt geschafft, so hofft man nun, lässt sich in grüner Eintracht die Nationalratswahl im Herbst angehen.

Die Grünen spielten Volkspartei.

Die Probleme der Partei haben mit dem Irrläufer Wiedemann allerdings nur am Rande zu tun. Die Grünen haben sich selber die Wurzeln gezogen. Vordenker Klaus Kirchmayr wollte die Grünen aus der linken Ecke holen. Zur SP ging man auf Distanz, Regierungsrat Isaac Reber wurde eine Soloshow fernab der eigenen Bühne gewährt, damit dieser seine Wiederwahl sichern konnte.

Die Grünen spielten Volkspartei. Sie warben mit ihrer geballten Kompetenz von der Finanzpolitik bis zur Bildung. Dabei vernachlässigten sie – auch dem Stimmungswandel in der Schweiz geschuldet – ihre Kernthemen. Sie wollten das ganze Spektrum ansprechen, von Links bis FDP. Die Ansprache ernst genommen hat nicht mal die eigene Klientel.

Wer Grün einwirft, will nur ein bisschen moralische Überlegenheit – und keinen Masterplan.

Grüne Wähler brauchen eine Utopie. Wer Grün einwirft, will der Zeit einen Schritt voraus sein, er erwartet als Gegenleistung für seine Stimme nur ein bisschen moralische Überlegenheit – und keinen Masterplan, an dem der Kanton gesundet.

Die geschrumpfte Partei kann sich den weitläufigen Diskurs nicht mehr leisten. Ebenso wenig einen eigenen Regierungsrat, der vor allem um die eigene Popularität besorgt ist. Sonst könnte es im Herbst selbst für die beliebte Nationalrätin Maya Graf eng werden. 

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