Die Fasnacht braucht Abweichler

An der traditionsreichen Basler Fasnacht gibt es eine Unmenge an Regeln zu befolgen. Zum ihrem eigenen Glück gibt es aber auch immer wieder Aktive, die darauf pfeifen.

Klar ist die Basler Fasnacht anderscht. Anders als alle anderen Fasnachtsbräuche in der Schweiz und auf der Welt. So einzigartig, dass sie von der Unesco als schützenswertes immaterielles Kulturerbe taxiert wurde.
Im Inneren präsentieren sich die drey scheenschte Dääg im Joor jedoch ziemlich gleichgeschaltet. Natürlich unterscheiden sich die Sujets und deren Umsetzung von Formation zu Formation, marschiert wird aber diszipliniert in Dreier- oder Viererreihe.

Urknall der Subversion: Tinguelys «Bumm» gegen das Comité 1974.

Me drait e Larve. Getrommelt und gepfiffen werden mit wenigen Ausnahmen die gleichen Märsche – vom «Morgestraich» über «Die Alte» bis zum «Nunnefirzli».

Die Guggenmusiken spielen dieselben Gassenhauer (und legen bei ihren Platzkonzerten noch immer die Larve ab, was – auch das ist eine fixe Regel – me aigentlig gar nit macht). Die Schnitzelbänggler kredenzen ihre Verse in einem Alt-Baseldytsch, das mit der lebendigen, weil gesprochenen Sprache wenig zu tun hat.

«Wer nicht trommeln kann, schadet der Fasnacht», verkündete die Clique Alti Richtig einst. So ironisch dies auch gemeint sein mochte, ganz unwahr ist dieser Ausspruch nicht.

Aber es gibt sie immer wieder, die Ausscherer aus der strengen Form. Einst waren es die Kuttlebutzer, die mit subversiven Auftritten gegen die (Comité-)Regeln protestierten. Und es gibt Stammcliquen, die auf dem Cortège auf das Trommeln und Pfeifen verzichten und mit anderen Auftritten zur Höchstform auflaufen. Der laut scheppernde, chaotische Greisenzug der Alte Stainlemer («Kusch oder Päng») von 2004 blieb als Meilenstein der Fasnachtsgeschichte in Erinnerung. Ebenso die Basler Bebbi, die 2013 mit einer lauten Punkband hinter Gittern («Zämme uff d Barrikade – Free Willy Riot») nicht nur Chaisen-Pferde aufschreckten.

Diese Beispiele zeigen, dass es das Andere auch innerhalb der strengen Regeln sehr gut verträgt. Mehr noch, dass diese Abweichler dringend nötig sind, damit die Basler Fasnacht ihre einzigartige Anderschthaftigkeit erhalten kann.

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https://tageswoche.ch/kultur/eine-fasnachtsclique-als-kunstperformance/

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