Das Exekutiv-Komitee der Fifa hat sich durchgerungen, den Kampf gegen die Korruption aufzunehmen – mit einer Ethikkommission. Die Reform ist der perfekte Steilpass für den Rücktritt des Fifa-Präsidenten Sepp Blatter. Ein Kommentar.
Die Dame und die Herren, das muss jetzt auch mal gesagt sein, haben sie gut hinbekommen, diese Reform im Saustall der Fifa. Ja, tatsächlich, zum ersten Mal sass am Dienstag in Zürich eine Frau im Exekutivkomitee, Lydia Nsekera aus Burundi. 108 Jahre nach der Gründung des Weltfussballverbandes in Paris hat es gedauert, bis in den Kreis der greisen Männer eine Frau vordringen durfte.
Frau Nsekera hat mit den Umwälzungen in der Fifa natürlich nicht wirklich etwas zu tun. Josef Blatter und seine Gremien sind Getriebene gewesen, sie haben sich, weil der Druck immer grösser wurde, mit dem Basler Rechtsprofessor Mark Pieth einen Zuchtmeister ins Haus geholt. Was am Dienstag hinter der Kulisse der Fifa-Festung auf dem Zürichberg beschlossen wurde, folgt den dringenden Ratschlägen des Experten für Korruptionsbekämpfung.
Zwei Kammern mit unabhängigen Vorsitzenden, die aufdecken und sanktionieren können – das ist viel im Geiste einer Fussballinstitution, die sich bisher um fundamentale Kritik an ihren Strukturen nach Gutsherrenart futiert hat. Am wichtigsten dürfte sein, dass es für die Verfolgung eines Korruptionsverdachtes keine Verjährungsfrist gibt. Damit hat Pieth mehr erreicht, als ihm zu Beginn seiner Arbeit zugetraut worden war.
Noch muss erst einmal belegt werden, dass die neuen Instrumente der Fifa keine zahnlosen Papiertiger sind. Aber der Präsident sollte seine Chance erkennen: Nie wieder wird der Zeitpunkt für einen Rückzug günstiger sein. Es sei gar nicht so einfach, wie man sich das vorstelle, so ein Rücktritt, hat der Blatter Sepp in seinem arg bestellt daherkommenden Interview mit dem «Sonntagsblick» weismachen wollen.
Nachdem ihm aus Deutschland angesichts der Unterstellung, die WM-Vergabe 2006 sei manipuliert gewesen, ein Entrüstungssturm entgegenschlug samt Rücktrittsforderung, versteckt sich Blatter nun dahinter, dass er nur vor dem alle zwei Jahre stattfindenden Kongress aller 209 Mitgliedsstaaten zum Rücktritt aufgefordert werden könne.
Es geht jedoch auch ganz anders: Morgens früh um sechs aufstehen, in den Spiegel schauen, feststellen, dass man nach vier Jahrzehnten an der Spitze dieses zum Milliardenunternehmen mutierten Fussballvereins Teil der Lösung des Imageproblems ist, ein kurzes Schreiben aufsetzen, abschicken und fertig. Schwer natürlich für einen, der glaubt, ohne ihn geht es nicht. Aber das geht. Und einen grösseren Gefallen könnte er, der so gerne und so schwer erträglich salbadert, seiner grossen Fussballfamilie gar nicht tun. Jetzt, wo ein zartes Pflänzchen der Erneuerung gesetzt wurde.
Denn ein kleiner Nebensatz in besagtem Interview hat den schlauen Fuchs aus den Walliser Bergen nämlich einmal mehr entlarvt. Hat er nicht 2011 bei seiner dritten Wiederwahl gegen heftigste Anwürfe von Innen und Aussen gesagt, es sei seine letzte Amtsperiode? Und jetzt erzählt er, dass sein Arzt ihm beste Gesundheit attestiert hat und er sich vielleicht, womöglich, unter Umständen doch vorstellen könne noch einmal anzutreten. Dann geht Blatter auf die 80 zu. Keine schöne Vorstellung.
Und eines sei auch noch dahingestellt: Den Friedensnobelpreis, den der Schweizer so gerne daheim in Visp aufstellen würde, den wird er sich in diesem von Skandalen gesäumten Funktionärsleben nicht mehr unter den Nagel reissen können. Es sei denn, das Komitee in Oslo ist von allen guten Geistern verlassen.