Nach den letzten Abstimmungen ist klar geworden: Basel soll nicht wachsen. Auch, weil die Planer es verpassen, die Einwohner mit guten Argumenten zu überzeugen.
Die Stadt ist fertig gebaut. Basel bleibt auch in Zukunft eine Provinzstadt mit 196’133 Einwohnerinnen und Einwohnern (34,8 Prozent davon sind Ausländerinnen und Ausländer).
Es wird unmittelbar keine weiteren Stadtentwicklungsprojekte mehr geben. Die restlichen Bauoptionen sind Retuschen beim verdichteten Bauen, bei Bauten auf bisherigen Baugrundstücken und Büro-Umnutzungen. Nach der Abstimmung über die beiden Stadtrand-Entwicklungsprojekte Ost und Süd scheint das Verdikt klar: An der Urne haben ähnliche Projekte künftig wohl wenig Chancen.
Die Allianzen, welche die Projekte verhindern, sind je nach Sichtweise unheilig, aber äusserst erfolgreich. Sie sind in der Kumulation der Argumente in jedem Fall praktisch wasserdicht. Allen voran profilieren sich dabei die Grünen. Neuerdings im Schlepptau mit BastA!, gefolgt von den Familiengärtnern und den Einfamilienhausbesitzerinnen aus Riehen.
Alternativ- und kompromisslos wird Nein gesagt, so werden die Projekte schonungslos versenkt.
Weitere Partikularinteressen werden je nach Betroffenheit aufsummiert (betroffene Nachbarn, Sportvereine usw.). Argumentativ sind die Stadtentwicklungsprojekte, respektive die vorgeschlagenen Bau-Perimeter, dabei zu grün, oder sie richten sich an die falsche Klientel. Hochhausbauten sollen neuerdings auch unmenschlich und für Familien ungeeignet sein. Alternativ- und kompromisslos wird Nein gesagt, so werden die Projekte schonungslos versenkt.
Offensichtlich herrscht die deutliche Meinung (zumindest bei jenen 50 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die sich an entsprechenden Abstimmungen beteiligen), dass sich Basel-Stadt nicht mehr weiterentwickeln und auf dem Stand von 196’133 Einwohnerinnen und Einwohnern eingefroren werden soll.
Für mehr Menschen gibt es in dieser kleinen Stadt offensichtlich keinen Platz mehr. Es gilt die Parole: «Basel ist fertig gebaut!» Kommende Generationen und potentielle Zuzüger müssen sich eine andere Stadt aussuchen oder aufs Land ausweichen.
Neue Zahlen zeigen übrigens, dass die Immobilienbranche fast 20 Prozent der schweizerischen Wirtschaftsleistung erbringt. Die Bauwirtschaft abzuwürgen und Projekte zu verhindern, ist also auch ein volkswirtschaftlicher Entscheid mit entsprechenden Folgen.
Die Immobilienwirtschaft bot 2011 insgesamt 530’000 Vollzeitstellen an und erwirtschaftete eine Bruttowertschöpfung von 99 Milliarden Franken.
Wir reden also nicht von Peanuts. Über die Qualität der abgelehnten Projekte ist damit natürlich noch nichts gesagt, aber verhinderte Bauprojekte verursachen auch einen volkswirtschaftlichen Schaden. Darüber wurde nie gesprochen.
Die Planer es versäumen es, die Stadtentwicklung in grösseren Zusammenhängen zu kommunizieren.
Was läuft bei der Planung und Projektierung schief? Warum haben Stadtentwicklungsprojekte solche Akzeptanzprobleme?
Widerstand gegenüber neuen Stadtentwicklungsgebieten entsteht unter anderem, weil die Planer es versäumen solche Entwicklungen in grösseren Zusammenhängen zu kommunizieren und die neuen Stadtteile nicht als Quartiere mit den nötigen Infrastrukturen präsentieren. Es kann der Bevölkerung meistens nicht plausibel erläutert werden, wie die neuen Wohngebiete funktionieren sollen.
Fragen zum öffentlichen Verkehr oder Fragen, welche zusätzlichen Kindergärten, Schulhäuser, Freizeitanlagen und Läden nötig sind und wie diese Stadtteile organisiert und an die Stadt angeschlossen werden sollen, werden nicht oder nur sehr allgemein beantwortet. Es werden Pläne mit rot gekennzeichneten Hoch- oder Mehrfamilienhäusern vorgelegt (Visualisierung mit Bauklötzli). Die meisten Projekte sind bei der Abstimmung in einem rudimentären Rohzustand.
Stadtentwicklungsprojekte sind nicht einfach Bauprojekte.
Stadtentwicklungsprojekte sind nicht einfach Bauprojekte. Stadtentwicklungsprojekte sind massive Eingriffe in den bestehenden Organismus. Daher müssen solche Vorhaben sorgfältig ausgearbeitet und in ihrer vollen Komplexität präsentiert werden. Die Planer haben die Pflicht, bereits im Vorfeld möglichst viele der potentiellen Fragen zu beantworten. Ein paar animierte Bilder sind dabei wenig hilfreich. Stadtentwicklungsprojekte sind zunächst kommunikative Projekte.
Werden Schrebergärten durch Stadtentwicklungsprojekte tangiert oder gar zur Disposition gestellt, wird der Widerstand heftig. Trotzdem ist es bis anhin versäumt worden, eine langfristige Strategie im Umgang mit solchen Freiräumen zu definieren. Die Planer haben sich auch nie die Mühe gemacht, Alternativen zu entwickeln.
Es wäre vermutlich sinnvoll, Projekte zu entwickeln, die einen neuen Umgang aufzeigen und Möglichkeiten ausloten, welche etwa im Bereich «Urban Gardening» anzusiedeln wären und mit Gärten auf Dächern oder überdachten Bahnarealen experimentieren. Die Familiengärten haben auch in der Region Basel eine lange Tradition und können nicht als Opfer von Stadtentwicklungen abgetan werden. Es gilt hier aktiv Alternativen zu finden.
Die Stadtplanung wird von den Parteien massiv instrumentalisiert.
Es stellt sich daher die grundsätzliche Frage, wie eine Stadt weitergeplant werden kann – und wie dieser Diskurs geführt werden muss. Offensichtlich ist, dass Einzelprojekte kaum eine Chance haben. Es sind dabei nicht die Originalität oder Genialität des Projektes, welche die Bevölkerung umstimmen können, sondern die einsehbare und nachvollziehbare Notwendigkeit. Die Leute wollen keine Katze im Sack kaufen.
Dummerweise ist die Stadtplanung stark im politischen Fokus und wird von den Parteien immer wieder massiv instrumentalisiert. Es hat sich auch gezeigt, dass die Parteien sich kaum zu einer städtischen Gesamtplanung verhalten und hier konkrete Positionen meiden. Abstimmungskämpfe werden nur punktuell und anhand einzelner Projekte geführt. Es gibt kaum Aussagen, welche eine Stadtentwicklung quantifizieren oder qualifizieren. Das wird eine zukünftige Stadt- und Kantonsentwicklung extrem anspruchsvoll machen.